Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
sagte, ihm gefiele das Spiel. Zuerst dachte ich, dass er die Auseinandersetzungen vor Gericht meinte, aber er korrigierte mich, indem er erklärte, es ginge ihm darum, den Fall zu gewinnen. Sobald sein Mandant frei war, nahm er sich seiner an und saugte ihn aus.
Das war Gerechtigkeit nach Vampirart.
So viel zu Instant-Karma.
Er war zur Therapie gekommen, nachdem er es nicht über sich gebracht hatte, einen seiner ekligeren Mandanten auszusaugen, denn er fürchtete, dass er einen ungesunden Präzedenzfall geschaffen hatte. Mit diesem Problem befassten wir uns.
Ich hatte mich gewundert, wie er tagsüber am Gericht auftreten konnte, und da erwähnte er einen menschlichen Kollegen. Wie er erläuterte, wäre es zwar unbequem, dass er zu den üblichen Geschäftszeiten nicht verfügbar war, aber keineswegs ein unlösbares Problem. Anscheinend gab es in Denver ein recht geschäftiges nächtliches Gerichtsleben.
Ich nahm meinen Block und Stift zur Hand, ehe ich mich in meinen Sessel setzte.
Mr. Roth hob seinen Zeigefinger. »Ehe wir anfangen, muss ich mich entschuldigen, Doctor.« Er machte eine dramatische Pause. Die Kombination von bannender Vampirstimme und einer vor Geschworenen perfektionierten Sprache war eindrucksvoll. Ich musste meine gesamten Selbstermahnungstechniken aufwenden, um ungerührt zu bleiben. Meine Vermutung war, dass kein menschlicher Geschworener seinen Argumenten widerstehen könnte. Mr. Roth besaß die fesselndste Stimme, die ich jemals gehört hatte, und heute Abend wirkte sie besonders hypnotisch.
Holla! Ich habe eben eine Gänsehaut bekommen. Entschuldigt er sich für etwas, das er getan hat, oder für etwas, das er tun wird? Manchmal wünschte ich, religiöse Symbole hätten tatsächlich eine Wirkung auf Vampire. Es wäre nämlich richtig schön, könnte ich mich ab und zu mal hinter einem Kreuz oder einer Buddhafigur verkriechen!
»Entschuldigen, Mr. Roth?« Ich verbarg meine Reaktion auf das plötzliche Kribbeln in meinem Bauch hinter einem Lächeln. Er hatte sich noch nie zu Ungewöhnlichem verstiegen, aber er war ein Vampir, und ich wäre eine Idiotin, würde ich das vergessen.
Kopfschüttelnd faltete er die Hände in seinem Schoß. »Ach, jetzt muss ich mich zweifach entschuldigen! Einmal dafür, dass ich unsere Sitzung heute Abend wegen einer Häufung ungeklärter Todesfälle abkürzen muss, und dann auch noch, weil ich bedaure, dass ich wegen dieser unglückseligen Todesfälle offenbar eine solch intensive Energie ausstrahle, dass ich Ihnen Angst einjagte. Bitte vergeben Sie mir!«
Mein Deo sagt gerade: »Das war nicht der Deal!«
Ich würde nicht einmal versuchen, zu behaupten, ich hätte keine Angst gehabt. Wozu auch? Offensichtlich konnte er meine Angst fühlen – oder riechen? Und mein Herz schlug sicher laut genug, dass er dazu hätte tanzen können. Auch wenn er telepathisch nicht so geschult war wie Devereux, hatte er versprochen, seine Fähigkeiten im Gedankenlesen zu zähmen, solange wir eine Sitzung abhielten. Und bis heute Abend hatte er stets Wort gehalten, also musste ihm etwas ernstlich Sorge bereiten.
»Es gibt nichts zu entschuldigen«, versicherte ich lächelnd. Was immer ich vorher von ihm gefühlt hatte, war verflogen. Mein Radar schwieg. »Erzählen Sie mir von den Todesfällen!«
Er nickte kurz, überkreuzte seine Beine und die Brauen fast gleich mit. »Das ist alles sehr seltsam. Wie Sie wissen, haben die meisten Vampire, insbesondere schwache, junge, wenig Kontrolle über ihren Appetit und ihre Impulse. Ihre Welt ist brutal, gnadenlos und finster. Erst wenn wir die ersten Jahre überlebt haben, dringt unsere wahre Persönlichkeit wieder durch, und wir haben Wahlmöglichkeiten. Die meisten von uns können über Jahrhunderte nicht einmal den Herzschlag, die Atmung oder die Körpertemperatur steuern. Deshalb tauchen gelegentlich neue Blutsauger auf, die aus dem einen oder anderen Grunde endgültig tot sind. Normalerweise sind es nur ein paar pro Woche, höchstens.« Er stellte seine Beine nebeneinander und beugte sich vor. »Im Laufe des letzten Monats waren es unzählige, überall in der Stadt. Vampire, die wie die Fliegen sterben. Und auch einige Menschen.«
O-oh. Déjà-vu!
»Wie sind sie gestorben?« Grassierte eine Art Vampirvirus? Chemische Kriegsführung? Eine marodierende Vampirhorde? Noch ein blutsaugender Serienmörder, der frei herumlief?
»Das ist ja das Komische. Es gibt keine Todesursache. Keines der Opfer wurde ausgesaugt. Keine
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