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Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman

Titel: Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda Hilburn
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jedoch dagegen. Devereux würde gewiss ein Reißzahn platzen, weil ich ihm nichts von dem Traum erzählt hatte, in dem Hallow behauptete, ein Gott zu sein. Das alles aber war jetzt unerheblich. Wichtig war einzig, dass wir Victoria fanden – lebendig und wohlauf.
    Meine Lippen waren ausgetrocknet, so dass ich sie benetzen musste, ehe ich sprechen konnte. Devereux wäre mit keiner fadenscheinigen Erklärung zufrieden gewesen, also strengte ich mich gar nicht erst an. »Es erscheint logisch, denn als ich das lange Haar fand, erinnerte ich mich an einen Traum von ihm, nachdem du das Ritual für mich unten im Club abgehalten hast. In dem Traum wehte sein langes Haar im Wind, und ich halte es für keinen Zufall, ausgerechnet solch ein Haar auf Victorias Schreibtisch zu sehen, wenn sie vermisst wird.«
    Trügerisch ruhig, wie Devereux wirkte, hatte seine Energie doch scharfe Krallen. »Und warum hast du mir nicht von dem Traum erzählt? Wir haben letzte Nacht Stunden zusammen verbracht, da wäre weidlich Gelegenheit gewesen, mich darüber zu informieren.« Er überlegte kurz, und seine Gesichtszüge verfinsterten sich. »Ist es, weil du deine Begegnungen mit ihm genießt?«, fragte er streng, neigte seinen Kopf und sah mich prüfend an.
    Seine Frage traf ins Schwarze, so dass ich mich erschrocken räusperte, um Zeit zu gewinnen. »Nein! Natürlich nicht!« In seinen wundervollen türkisfarbenen Augen erkannte ich Schmerz – und Enttäuschung. »Ich wollte nur nicht mehr über Hallow reden, denn ich wusste, dass du dich dann aufregst, genau wie jetzt.«
    Der Fahrstuhl war längst auf meiner Etage angekommen, und die Türen standen weit offen. Devereux drehte sich um, stieg aus und reichte mir die Hand. »Komm! Dein Klient wartet in deinem Sprechzimmer. Ich kümmere mich um alles andere, und unsere Unterhaltung setzen wir später fort.«
    Ich öffnete den Mund, um ihn etwas zu fragen, aber er war schon fort.
    Langsam und mit einem flauen Gefühl im Magen lief ich zu meiner Praxistür. Ich hatte vergessen, ihm von Maxie zu erzählen, die sich mit der Generalschlüsselkarte Zugang zu meiner Praxis verschafft hatte, sowie von ihrer Theorie, er hätte einen »Profikiller« angeheuert. Devereux war so erbost gewesen, dass mir wohl einfach der Mut gefehlt hatte, noch mehr Probleme anzusprechen.
    Aber hatte er mit Hallow recht? Stimmte es – genoss ich die Begegnungen mit dem Wahnsinnigen? Ich konnte nicht leugnen, dass es faszinierend war, solch einen uralten Vampir zu studieren. Wann bot sich schon sonst so eine Gelegenheit? Aber war das alles? Waren meine Motive rein professioneller Natur? Aus unerfindlichen Gründen wurden meine Brüste allein bei dem Gedanken an Hallow schwer. Victoria hatte behauptet, uns im Haus gesehen zu haben, in einer intimen Situation. Hatte ich mit Hallow geschlafen und erinnerte mich nicht daran? Pochte deshalb mein Herz, sowie ich an ihn dachte? Hatte ich gar keine Kontrolle über meine Reaktion? Devereux hatte gesagt, Hallow brächte Frauen dazu, ihn zu begehren wie Süchtige ihren Stoff. Manipulierte der Irre mich immer noch? Dass er imstande sein könnte, mich erneut zu kontrollieren, jagte mir eine scheußliche Angst ein. Hatte er mir Gedanken an ihn in die Psyche gepflanzt? Wie viel Wahlfreiheit blieb mir tatsächlich? Wer bestimmte über mich? Ich vertrieb diese befremdlichen Fragen mit einem Kopfschütteln.
     
    Ich schritt durch mein Wartezimmer und ins Sprechzimmer, wobei ich mir ein freundliches Lächeln aufs Gesicht zauberte. Drinnen brannten sämtliche Lampen. Ein kleiner, dürrer Mann saß zusammengekrümmt in der Sofaecke. Er hatte denselben Haarschnitt wie bei seiner Einschulung in den 1940er-Jahren – Seitenscheitel und das Haar mit Pomade glatt gestrichen –, und obgleich er aussah, als wäre er in den Dreißigern, hatte er sich sozial und psychisch nie über die Spätpubertät hinausentwickelt. Er fürchtete sich vor allem. Oder zumindest glaubte er, dass er es täte. Mich erinnerte er an den todesfixierten jungen Protagonisten aus
Harold and Maude
, einem verrückten alten Film.
    »Entschuldigen Sie, dass Sie warten mussten, Jerome! Ich bin froh, dass Sie es sich schon bequem gemacht haben.« Ich schloss die Tür hinter mir und setzte mich in meinen Sessel. Dann wischte ich meine Privatprobleme kurzerhand von meinem mentalen Tisch und wandte mich meinem Klienten zu. Die Uniprofessoren, die uns beibrachten, Klienten gegenüber eine ruhige, gelassene Miene zu kultivieren,

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