Kismet Knight
ich anfangs auch nicht alles geglaubt habe. Sie und ich haben sogar eine ganze Menge gemeinsam, ich habe nämlich auch einen Ph. D. in Psychologie.«
Meine Augenbrauen schoben sich nach oben, und meine Lippen formten ein »O«.
Er sah die Überraschung in meinem Gesicht. »Ja, Doktor Stevens, zu Ihren Diensten! Aber ich wollte nie unter die Therapeutengehen. Ich interessiere mich eher für kriminelle Hirne. Als sie mich für die Abteilung Verhaltenspsychologie beim FBI rekrutierten – so à la
Schweigen der Lämmer
, Sie wissen schon –, stürzte ich mich auf die Chance, Profiler zu werden. Ich bin auf Fälle spezialisiert, bei denen es einen paranormalen Aspekt gibt. Oh, und an dem Funkeln in Ihren Augen sehe ich, dass Sie die Parallelen zwischen meiner Arbeit und einer gewissen Fernsehserie bemerkt haben. Vollkommen richtig. Der eine oder andere Witzbold unter meinen Kollegen hängt mir dauernd
Akte-X
-Poster an die Tür, und mein offizieller Spitzname ist Mulder.«
Ah, Special Agent Stevens ist also kein gewöhnlicher FBI-Agent. Wie interessant!
Ich musste lachen. Ich hatte die Serie und Agent Mulders trockenen, sarkastischen Humor gemocht. Aber natürlich hätte ich selbst mich eher als Scully beschrieben.
Ich nahm einen Schluck Kaffee. »Ich bin beeindruckt. Und wie kommt es also, dass ein Profiler wie Sie in meiner Küche sitzt und mich über Vampire aufklären will?« Ich musste zugeben, ihn als einen Kollegen statt einfach einen Ermittler zu sehen machte ihn in meinen Augen noch attraktiver. Ich hatte immer eine Schwäche für attraktiv verpackte Intelligenz.
Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und streckte sich wie eine Katze. Der Stoff des weißen T-Shirts zeichnete die Muskeln seiner Brust und die Umrisse seiner Brustwarzen nach. Ausgesprochen ablenkend.
Er sah meinen Blick und lächelte.
»Vor etwa einem Jahr wurde ich zum ersten Mal auf gewisse Gemeinsamkeiten aufmerksam: blutleere Leichen mit Einstichlöchern im Hals. Ich habe zunächst genau das getan, was Sie tun – es auf eine besonders kreative Form von Geisteskrankheit geschoben. Ich ging davon aus, dass ich nach einem einzelnenVerbrecher suche, der nie lang an ein und demselben Ort bleibt, oder vielleicht auch nach einem Nachahmungstäter, der auf das Vampirthema angesprungen ist. Und ich recherchierte alles, was mit Bluttrinken zu tun hat – genau so, wie Sie es vermutlich getan haben.«
Er schüttete den letzten Kaffee hinunter, ging mit seinem Becher zur Kaffeemaschine, füllte nach und kehrte zum Tisch zurück.
Aber ja, danke, ich nehme auch gern noch einen!
Er trommelte mit den Fingern an die Becherwand. »Ich bin am Schauplatz aufgetaucht und habe nach Übereinstimmungen gesucht, und die Fälle sind immer merkwürdiger geworden. Manche von den Leichen hatten mehrere Bisswunden, von denen sich im Labor herausgestellt hat, dass sie von mehreren scharfen Gebissen stammten. Keine menschliche oder tierische DNA nachweisbar. Aber es gab auch nie Anzeichen für einen Kampf – oder Einstichstellen von Nadeln für Betäubungsmittel. Es war, als hätten die Opfer sich einfach hingelegt und leer saugen lassen – fast wie eine Art Hypnose oder Gehirnwäsche.«
Er unterbrach sich, sah sich in der Küche um und zeigte auf eine Tüte mit Keksen, die auf der Anrichte stand.
»Darf ich? Ich habe nicht gefrühstückt.«
Ohne meine Antwort abzuwarten, stand er auf, holte die Tüte und kehrte zu seinem Stuhl zurück.
»Nur zu!« Ich fragte mich, ob er Fremden gegenüber immer so ungezwungen war oder ob er einfach keine Ahnung hatte, wie er wirkte.
Nein – ahnungslos, da bin ich mir sicher.
»Und dann ist etwas passiert, das mich bekehrt hat«, fuhr er fort. »Ich war in Los Angeles und sah mir ein paar Spuren imZusammenhang mit dem jüngsten Mord an, und dabei hat mich ein Vampir angegriffen.«
Er sah, wie meine Lippen schmaler wurden und meine Augenbrauen sich hoben, und bat: »Lassen Sie mich zu Ende erzählen! Ich weiß schon, dass bei Ihnen jetzt sämtliche ›Der Typ braucht eine Therapie‹-Lämpchen blinken, aber haben Sie noch eine Weile Geduld!« Er öffnete die Tüte, suchte sich einen Keks aus und biss hinein.
Dann rutschte er nach vorn bis auf die Stuhlkante, zeigte mit dem Finger nach oben und zeichnete eine schnelle senkrechte Linie in die Luft. »Ich sah diesen Typen herunterspringen – kein Scherz! – vom Dach eines zwölfstöckigen Gebäudes. Er ist vor mir aufgekommen, als wäre er gerade eine Vortreppe
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