Kiss and kill: Thriller (German Edition)
Meeresrauschen und Dougs eigener Atem durchbrachen die unheimliche Stille.
»Schicken Sie zuerst Nic raus!«, befahl Doug. »Und wenn sie in Sicherheit ist, kommen Sie auf die Veranda, die Hände über dem Kopf.«
Herr im Himmel, lass Nic noch am Leben sein! Falls Everhart sie umgebracht hatte, würde Doug sich für den Rest seiner Tage die schlimmsten Vorwürfe machen. Vorausgesetzt, er kam lebend aus der Sache raus. Denn wenn Nic tot sein sollte, würde Griffin Powell kurzen Prozess mit ihm machen, weil er erlaubt hatte, dass sie ihr Leben riskierte.
»Wir warten nicht mehr lange«, rief Doug. »Niemand muss heute sterben. Es liegt bei Ihnen.«
Everharts Antwort erfolgte prompt und deutlich. Mehrere Schüsse kamen aus dem Haus. Eine Kugel verfehlte nur knapp Dougs Fuß, eine andere traf SA Murray in die Brust, wo sie in der Schutzweste stecken blieb. Von der Wucht des Aufpralls wurde der Agent umgeworfen.
Pudge hatte sie genau da, wo er sie wollte. Sie hatten Angst und baten ihn aufzugeben. Sie wollten Nic, und zwar lebend. Solange sie glaubten, dass sie bei ihm war, würden sie das Haus nicht stürmen. Vorerst war er also in Sicherheit. Schritt für Schritt näherte er sich der Kellertür.
Niemand muss heute sterben. Pudge lachte leise vor sich hin, als er die Worte im Geist wiederholte.
Ach, da irren Sie sich aber gewaltig. Selbst wenn es mir nicht gelingen sollte, einen von Ihnen zu töten, wird heute trotzdem jemand sterben. Nic stirbt. Und Sie können sie nicht retten.
Er klopfte auf seine Hemdtasche und lachte.
Sein Lachen hallte durchs Zimmer.
Wenn er fort war, sicher auf seinem Schnellboot und weit draußen auf dem Meer, unterwegs in die Freiheit, würden sie die Nachricht finden. Er legte sie ihnen hin, im Keller. Und keiner von ihnen, nicht einmal Griffin Powell, der gewiss jederzeit eintreffen würde, konnte den Hinweis auf Nics Aufenthaltsort entschlüsseln. Nicht bevor es zu spät war.
Sein Lachen verklang und wurde zu einem Lächeln, als er sich Griffins Reaktion ausmalte, wenn sie Nicole fanden. Nicoles Leiche.
Pudge schlich teils in der Hocke durchs Wohnzimmer, um nicht von draußen gesehen zu werden.
Irgendwas stimmte nicht!
Obwohl er nicht gehört hatte, dass die Hintertür aufging, spürte er es, fühlte den Luftzug im Haus und die Anwesenheit ungebetener Gäste.
Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie hereinkämen, solange sie davon ausgingen, dass er Nic als Geisel hatte. Bedeutete ihnen ihr Leben denn so wenig? Falls ja, hatte er seinen Feind fatal unterschätzt.
Er musste sich beeilen, schnellstens in den Keller.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er einen Schatten im Türrahmen. Pudge drückte sich an die Wand, hob sein Gewehr, zielte und feuerte. Der Agent erwiderte das Feuer sofort. Pudge ließ sich zu Boden fallen und kroch hinter der Couch in Deckung.
Kugeln zerfetzten das weiche Leder des Chesterfield-Sofas, während um ihn herum Schüsse knallten.
Lance Tillman gab seinem Kollegen Charlie Durham ein Zeichen, außenherum zu gehen und sich von hinten durchs Esszimmer an Everhart anzuschleichen. Charlie nickte und schlich durch den Flur. Derweil sicherte Lance die Tür vom Wohnzimmer zur Diele.
Jahrelanges Training hatte Charlie gelehrt, sich vollkommen lautlos zu bewegen. Er gelangte ins Esszimmer und näherte sich langsam der Tür zum Wohnzimmer, wo Rosswalt Everhart nun in der Falle saß.
Falls der Jäger Nic bei sich hatte und als Schutzschild benutzte, blieb Charlie nur ein einziger Schuss – eine Chance, Everhart zu töten, bevor er Nic umbrachte.
Er schaffte es bis zur Tür, ehe Everhart ihn sah und das Feuer eröffnete. Charlie ließ sich fallen und rollte ins Wohnzimmer hinein, hinter einen schweren Holzschreibtisch nahe dem Fenster.
Von dort aus feuerte er zurück, denn wie er inzwischen wusste, hatte Everhart Nic nicht bei sich.
Wie konnte das passieren? Wie war es möglich, dass diese Schwachköpfe ihn überlistet hatten und er tatsächlich in der Falle saß?
In Pudges Kopf überschlugen sich die Gedanken, die ein sinnloses Fluchtszenario nach dem nächsten entwarfen. Er konnte so nicht sterben. Aber er würde sich niemals ergeben, nie dem FBI stellen. Eher brachte er sich selbst um, bevor er sich lebend fangen ließ.
Sein einziger Trost war, dass er den letzten Mord in seinem Spiel noch genießen konnte. Nicole starb heute. Er hätte sie schnell töten können, mit einem Kopfschuss wie bei den anderen. Aber ein leichter Tod war viel zu gut für sie.
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