Kiss and kill: Thriller (German Edition)

ziemlich stark sein, um eine Leiche hier hochzuhieven.«
    Nic stieg ebenfalls über das Absperrband und kam zu ihm. »Wahrscheinlich hat er sie auf die Erde gelegt, ihre Füße zusammengebunden, ist dann auf die Leiter und hat sie über den Ast noch oben gezogen.«
    »Der Kerl ist schlau«, sagte Griff. »Und vorsichtig. In den fünf Jahren der Beauty-Queen-Morde hat er nie einen Hinweis hinterlassen, der uns zu ihm führen konnte. Es war ja noch nicht mal richtig klar, dass sie zwei Täter waren, verdammt!«
    »Nicht bis zum Schluss. Bis einer von ihnen seinen Partner umbrachte.«
    Griff drehte sich abrupt zu ihr um und starrte sie an. »Was nicht mal nötig gewesen wäre, denn an dem Tag hätte ihn die Kugel meines Scharfschützen sowieso getötet. Nein, er brachte Maygarden um, weil es Teil des Spiels war. Was uns verrät, dass er sich an die Regeln hält, selbst wenn es seine eigenen sind. Er ist strukturiert, methodisch und …«
    »Böse«, sprang Nic ein. »Er ist zu so gut wie allem fähig.«
    »Er hat Kendall entführt und sie drei Wochen irgendwo festgehalten. Dann brachte er sie her in den Park. Wo hielt er sie gefangen? Und warum ließ er sie drei Wochen lang am Leben, ehe er sie tötete?«
    »Wir müssen wissen, ob sie gefoltert wurde.«
    »Glauben Sie, er ließ sie deshalb am Leben, um sie zu foltern?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Bei den Beauty-Queen-Morden war keine längere Folter im Spiel. Er ging ziemlich schnell vor, brachte seine Opfer um und ließ die Leichen liegen, wo er sie tötete. Ein vollkommen anderes Szenario.«
    »Ein neues Spiel«, sagte Nic.
    »Ein Solospiel, eines ohne Gegenspieler.«
    »Diesmal gibt’s keine Punkteskala, niemanden, mit dem er im Wettstreit …« Nic hielt die Luft an. »Ja, genau deshalb hat er uns angerufen!«
    »Um uns zu erzählen, dass dieses Spiel anders läuft, die Regeln neu sind und alles völlig anders …«
    »Ja, das auch«, fiel sie ihm ungeduldig ins Wort. »Aber er will, dass wir mitspielen. Hat er nicht genau das gesagt? Er gab uns sogar erste Hinweise. Er fordert uns heraus, um zu sehen, ob wir ihn austricksen, vielleicht sogar schnappen können.«
    »Wir sind seine Gegenspieler.« Griff schnaubte verächtlich. »Dieser Schweinehund.«
    »Wir müssen sein Spiel nicht mitmachen.«
    »Doch, das müssen wir, und das weiß er.«
    »Warum wir? Wie konnte er wissen, dass wir beide die Einzigen sind, die an seine Existenz glauben, die überzeugt sind, dass Cary Maygarden einen Partner hatte?«
    »Es hat entweder gut geraten, oder es ist ein logischer Schluss. Aber das ist wohl unerheblich, oder? Wir sind zwei Ermittler, die über Jahre an den Beauty-Queen-Mordfällen dran waren. Wir sind die zwei Leute, die alles wissen, was es zu den Morden und dem Mörder zu wissen gibt. Und ihm musste klar sein, dass die Ballistik zwei unterschiedliche tödliche Kugeln in Maygarden finden würde, so dass irgendwer misstrauisch werden würde.«
    »Er muss ziemlich sicher gewesen sein, dass das FBI nicht versucht, nach einem möglichen zweiten Killer zu suchen, solange wir keine handfesten Beweise haben. Außerdem wurden nach Cary Maygardens Tod keine Beauty Queens mehr getötet.«
    Griff ging einmal um den Baumstamm herum, und Nic folgte ihm. Als er unvermittelt stehen blieb, wäre sie fast in seinen breiten Rücken hineingelaufen. Sie fing sich gerade noch rechtzeitig ab. Fünf Zentimeter weiter, und sie wäre direkt gegen ihn geprallt.
    »Das ist zwecklos. Wir haben einen Fehler gemacht, zuerst nach Ballinger zu kommen«, sagte Griff, als er sich zu Nic umdrehte. »Wir hätten mit dem ersten Mord anfangen sollen, der fast einen Monat zurückliegt. Der Sheriff in Stillwater hat die Informationen, die wir brauchen.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass die Frau in Stillwater das erste Opfer war?«
    Nachdenklich kniff er die Augen zusammen, bis sie nur noch schmale Schlitze waren. »Gute Frage. Ich hoffe, dass sie es war, aber es ist durchaus möglich, dass es noch mehr gab.«
    »Das sollten wir genau wissen, oder?«
    »Glauben Sie, dass Sie das für uns rausfinden können?«
    »Bitten Sie mich, meine Position als Federal Agent zu nutzen, um an Informationen zu gelangen?«
    »Würden Sie denn?«
    Nic ballte die linke Hand in die rechte und drückte sie mehrmals, während sie sich dafür verfluchte, diese Situation heraufbeschworen zu haben. »Ich wusste, dass es auf das hier hinausläuft, wenn ich mich mit Ihnen zusammentue. Aber ich hatte offen gesagt nicht erwartet, dass es so