Kiss and kill: Thriller (German Edition)
und blieb dann bis zum Schluss. Um nichts in der Welt wollte Dru darauf verzichten, abends mit Brian und Brianna zusammen zu essen. Beim abendlichen Baden und Vorlesen wechselten Brian und Dru sich ab, wie sie sich überhaupt die Erziehung und den Haushalt teilten. Das fand Dru ausgesprochen schön.
Sie hatte bereits fünf Blocks ohne einen einzigen Stopp geschafft, als die Ampel ein Stück weiter vorn auf Gelb sprang. Dru drückte den Gasfuß durch und rauschte an der Ampel vorbei, die gerade von Gelb auf Rot wechselte. Wenn sie Glück hatte, war noch kein Streifenwagen auf der Lauer nach Rasern.
Um exakt fünf Minuten nach sechs bog sie auf den reservierten Platz ein, hielt mit quietschenden Reifen, stellte den Motor ab und stieg aus. Eilig lief sie zur Hintertür des Studios. Sie war so in Eile, dass sie zuerst weder den anderen Wagen auf dem Parkplatz bemerkte noch den Mann, der unter der weinroten Markise neben der Tür stand. Wenige Meter vor ihm blieb sie stehen und musterte ihn. Die Kunden benutzten den Vordereingang, also war er wohl keiner. Zumindest erkannte sie ihn nicht. Er war mittelgroß, untersetzt und hatte lockiges schwarzes Haar. Zu einer weiten braunen Hose trug er ein hellblaues Polohemd. Er war kein Kunde und ganz gewiss kein Lieferant. Also wer war er, und was wollte er?
Dru wurde ein bisschen skeptisch. Der Mann war ihr nicht unheimlich, wirkte nicht besonders finster, aber irgendwas war nicht ganz so, wie es sein sollte.
»Guten Morgen«, rief sie. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Sind Sie Dru Tanner?«, fragte er lächelnd.
Er schien harmlos, ja beinahe freundlich.
»Ja, das bin ich. Und Sie sind …?«
Als er unter der Markise vortrat, bemerkte sie, dass er einen dunkelblauen Rucksack auf dem Rücken trug.
»Ich bin neu in der Stadt und wohne ein paar Blocks weiter. Mir wurde gesagt, dass das hier das beste Fitnesscenter in der Gegend ist.«
Dru atmete erleichtert auf. »Ja, das stimmt. Entschuldigen Sie, wenn ich unhöflich war, aber gewöhnlich benutzen die Kunden den Vordereingang.«
»Ah, gut zu wissen. Ich denke nächstes Mal dran.«
Als Dru mit dem Schlüssel in der Hand zur Tür ging, kam er auf sie zu. Ihr fiel auf, dass er beide Hände zu Fäusten geballt hatte.
Seltsam.
»Ich schätze, ich bin ein bisschen früh, was?«, fragte er, und sein Arm streifte ihren.
Und er war ein bisschen zu nahe, weshalb Dru einen Schritt zur anderen Seite machte, um auf Abstand zu gehen. Kaum war sie an der Tür, wurde ihr klar, dass sie einen fatalen Fehler gemacht hatte, den Mann nicht zu fürchten. Ehe sie sich’s versah, rammte er ihr eine Nadel in den Oberarm. Dru schrie auf und drehte sich zu ihm, wild entschlossen, sich zu wehren. Doch es war schon zu spät, denn was immer er ihr injiziert hatte, machte sie schwindlig und trübte ihre Sicht.
»Sträub dich nicht«, sagte er zu ihr. »Entspann dich und schlaf ein. Ich fange dich, wenn du fällst.«
Sie öffnete den Mund, um zu schreien, aber es kam kein Ton heraus. Im Geiste schrie sie, so laut sie konnte, leider nur im Geiste. In Wahrheit fühlte sie, wie sie schwankte und ihre Knie nachgaben. Dann wurde alles schwarz.
Nic und Griff trafen sich mit der FBI-Leiterin von Charlotte, Betty Schonrock, zum Frühstück und besprachen den Skalpiererfall mit ihr bei Bacon, Eiern und Toast. Schonrock bedeutete Griff gleich zu Anfang, dass er nur deshalb bei den Ermittlungen dabei sein durfte, weil der Mörder ihn zusammen mit Nic ausgewählt hatte, sein krankes Spiel mitzumachen. Bis das Frühstück endete und sie alle bei ihrer zweiten oder dritten Tasse Kaffee waren, bot sie Griff an, sie beim Vornamen zu nennen. Betty war in den Fünfzigern, hatte braunes, leicht ergrautes Haar und wache braune Augen. Sie war nur ungefähr eins sechzig und, um es freundlich zu formulieren, angenehm rundlich. Wie die meisten Frauen, die Griffin Powell begegneten, erlag sie seinem Charme binnen Minuten.
»Ich habe mit der Polizei, dem Sheriffbüro und der Highway Patrol gesprochen«, hatte Betty erklärt. »Mehr können wir leider nicht tun, solange wir keinen Namen haben. Wir wissen ja noch nicht einmal, in welcher Gegend wir suchen sollen, und Charlotte ist keine Kleinstadt. Wissen Sie, wie viele Frauen in den Zwanzigern hier beruflich irgendwas mit Fitness zu tun haben?«
»Uns ist klar, dass wir nur wenige Anhaltspunkte haben«, gestand Griff. »Aber mehr gibt es bisher nicht.«
»Er spielt mit Ihnen beiden.« Betty sah von Griff zu Nic. »Doch
Weitere Kostenlose Bücher