Kiss and kill: Thriller (German Edition)
Klarsichthüllen, befestigte sie mit Klebeband und verpackte dann den Leichnam.
Die Frau. Die Leiche. Das Opfer. Nic versuchte, in diesen Begriffen zu denken, konnte jedoch nicht vergessen, dass das Dru Tanner war, Ehefrau, Mutter und Tochter von jemandem. Sie war erst dreißig Jahre alt. Sie hätte noch an die fünfzig Jahre vor sich haben sollen.
Aber Nic musste alles tun, um sich auf ihren Job zu konzentrieren, nicht auf die persönliche Geschichte dieses einen Opfers. Sie verdrängte ihre Gefühle und tat, was getan werden musste. Nicht dass sie jemals ein besonders emotionaler Typ gewesen wäre. Sie war nicht die Art von Frau, die bei jeder Gelegenheit Sturzbäche weinte. Das letzte Mal, dass Nic einen Weinkrampf bekommen hatte, war etwa einen Monat nach Gregs Beerdigung gewesen. Eines Nachts, als sie das Abendessen zubereitete, war sie zusammengebrochen und hatte stundenlang geweint.
Auf dem Weg zurück nach Charlotte dachte Nic darüber nach, was sie bei der nächsten Pressekonferenz sagen sollte. Sie brauchte Zeit, aber sie konnte die Presse höchstens noch ein paar Stunden hinhalten.
»Wir sollten heute Nachmittag eine Pressekonferenz abhalten«, sagte Nic zu Betty. »Drei Uhr. Aber zuerst müssen wir mit Drus Mann sprechen.«
Und ich muss Griff erreichen.
Die Presse hatte gewiss schon Wind davon bekommen, dass eine Leiche gefunden wurde, bei der es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Dru Tanner handelte. Der Sheriff hatte bereits zwei seiner Leute zu Brian Tanner geschickt, um ihn zu bitten, die Leiche zu identifizieren. Nic wollte da sein, wenn Mr. Tanner eintraf. Sie musste ihn vor den Reportern schützen.
Griff war auf dem Weg zum Flughafen, als am Nachmittag Nic anrief. Seit drei Wochen hatte er sie weder gesehen noch mit ihr gesprochen.
»Hallo, Nic.«
»Ich schätze, Sie wissen es schon.«
»Ja.«
»Ich konnte Sie nicht früher anrufen.«
»Klar.«
»Ich halte in einer Stunde eine Pressekonferenz ab. Ich wollte, dass Sie es vorher wissen.«
»Ich komme noch heute nach Charlotte.«
»Dachte ich mir.«
»Ich bemühe mich, mich zurückzuhalten«, sagte er.
»Das weiß ich zu schätzen.«
»Essen Sie heute Abend mit mir!«
»Griff, ich … ähm … ich bin nicht …«
»Früher oder später müssen wir reden. Und wir beide müssen heute Abend was essen. Außerdem wird er uns wieder anrufen. Wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen.«
»Okay. Essen heute Abend. Halb acht. Irgendwo außerhalb.«
»Wollen Sie nicht mit mir gesehen werden, Special Agent Baxter?«
»Ich will nicht von Reportern belästigt werden, die es auf eine Exklusivmeldung abgesehen haben.«
»Wir können in meiner Hotelsuite zu Abend essen«, sagte er. »Vorausgesetzt, Sie vertrauen mir, dass ich Sie nicht verführe.«
»Das könnten Sie ja mal versuchen!«
»Nur wenn Sie wollen.«
»Will ich nicht.«
»Dann versuche ich es auch nicht.«
»Wo wohnen Sie?«, fragte Nic.
»Im Westin in der South College Street.«
»Dann bis heute Abend.«
»Ja.«
Nachdem Nic das Gespräch beendet hatte, indem sie einfach auflegte, rief Griff bei Sanders an und gab ihm durch, was für ein Abendessen er für heute Abend in der Suite buchen sollte. Weil er wusste, dass sie Steak mochte, entschied Griff sich für Shrimps, Steak und alle passenden Beilagen. Bei Sanders brauchte er nicht detaillierter zu werden. Der Mann machte sowieso alles, was er tat, perfekt.
Griff vermutete, dass Nic dringender einen freien Abend brauchte, als sie selbst glaubte. Wahrscheinlich hatte sie diverse Mahlzeiten ausfallen lassen, Junkfood gegessen und sich auf einige wenige Stunden Schlaf pro Nacht beschränkt. Er zweifelte nicht daran, dass sie sich strapaziert hatte, wie es irgend menschenmöglich war, und wahrscheinlich gab sie sich dennoch die Schuld, dass Dru Tanner nicht gerettet werden konnte.
Die Dame brauchte eindeutig jemanden, der sich ihrer annahm.
Griff lächelte versonnen vor sich hin. Falls er das ihr gegenüber auch nur andeuten sollte, würde sie ihm das Fell über die Ohren ziehen. In ihren eigenen Augen konnte Nic nur als stark und hart bestehen, als eine Frau, die niemanden brauchte, um sich anlehnen zu können.
Aber es gibt Zeiten im Leben, dachte er, da brauchen wir alle jemanden. Ganz gleich wie stark, wie kompetent oder wie selbstbeherrscht wir sind, keiner von uns ist unverwundbar.
Warum hatte er sich zu Nics vorübergehender Anlehnschulter erkoren? Er wusste es nicht. Womöglich war er nicht der einzige
Weitere Kostenlose Bücher