Kissed by an Angel
sah auf die Uhr: Viertel vor zwölf. Sie fragte sich, wo Tristan wohl war und was er gerade machte. Sie fragte sich, ob er sie vermisste. Sie hätte in diesem Moment neben ihm sitzen und die laue Juninacht genießen können.
»Komm, Beth«, sagte sie und bedauerte, dass sie ihre Freundinnen in diese blöde Situation gebracht hatte. »Suzanne«, kommandierte sie.
»Ja, Mama«, gab Suzanne zurück.
Gregory lachte, was Ivy einen Stich versetzte. Sie sind beide betrunken, sagte sie sich.
Die sechs brauchten eine ganze Weile, bis sie Gregorys Auto fanden. Als sie davor standen, streckte Will die Hand nach Gregorys Schlüsseln aus. »Soll ich nicht besser fahren?«
»Ich schaff das schon«, erklärte Gregory ihm.
»Heute nicht.« Will klang locker, aber er griff entschlossen nach dem Autoschlüssel.
Gregory riss ihm den Schlüssel aus der Hand. »Diesen BMW fährt niemand außer mir.«
Will warf Ivy einen Blick zu.
»Komm, Gregory«, mischte sie sich ein. »Lass mich fahren, ich hab extra nichts getrunken.«
»Wenn jemand anderes fährt«, versuchte Will, Gregory zu überzeugen, »kannst du trinken, so viel du willst.«
»Ich trink so viel ich will und ich fahr so viel ich will«, grölte Gregory, »und wenn’s dir nicht passt, dann geh zu Fuß.«
Ivy überlegte, ob sie nach Hause laufen sollte - oder jemanden anrufen sollte, der sie abholen könnte. Aber sie wusste, dass Suzanne bei Gregory bleiben würde, und sie fühlte sich für die Sicherheit ihrer Freundin verantwortlich.
Will bat Ivy um ihren Pullover und stopfte ihn und seine Jacke zwischen die Vordersitze, damit dort jemand sitzen konnte. Er zog Eric neben sich auf den Vordersitz, sodass Gregory, er und Eric nebeneinandersaßen. Ivy kletterte auf der Rückbank in die Mitte, Beth und Suzanne setzten sich links und rechts von ihr.
»Was soll das, Will?«, murrte Gregory, als er sah, wie Will sich neben ihn quetschte. »Wusste gar nicht, dass ich dir so wichtig bin. - Suzanne, komm mit vor!«
Ivy hielt Suzanne zurück.
»Ich sagte, komm her. Lass Will hinten neben seiner Traumfrau sitzen.«
Ivy schüttelte nur den Kopf und seufzte.
»Wer vielleicht kotzen muss, setzt sich ans Fenster«, bestimmte Will, während nun Eric und Suzanne die Plätze lauschten. Ivy schloss Suzannes Sicherheitsgurt.
Gregory zuckte mit den Schultern, dann ließ er den Motor an.
Er fuhr schnell, zu schnell. Die Reifen quietschten in den Kurven, sie berührten kaum die Straße.
Beth schloss die Augen. Suzanne und Eric hielten die Köpfe aus dem Fenster, während der Wagen Übelkeit erregend hin- und herschlingerte. Ivy starrte geradeaus. Jedes Mal, wenn Gregory bremsen oder abbiegen musste, spannten sich ihre Muskeln an, als würde sie selbst fahren. Will half Gregory zu lenken. Erst da wurde Ivy klar, warum er sich auf den gefährlichen Platz ohne Sicherheitsgurt gesetzt hatte.
Sie schlängelten sich auf Seitenstraßen Richtung Süden, und als sie endlich über die Brücke in die Stadt fuhren, seufzte Ivy erleichtert auf. Doch dann bog Gregory wieder abrupt nach Norden ab und folgte der Straße, die unterhalb des Berges am Fluss entlangführte, am Bahnhof vorbei, aus der Stadt hinaus.
»Wo fahren wir hin?«, fragte Ivy, als sie die Bäume auf einer schmalen Straße im Vorüberfahren mit den Scheinwerfern streiften.
»Wirst schon sehen.«
Eric hielt den Kopf nicht länger aus dem Fenster.
»Wer ist cool genug?«, sang er vor sich hin. »Cool, cool, cool ...«
Rechts zeichnete sich bedrohlich der Berg ab, dunkel und steil, die Straße und die Bahngleise zur Linken rückten immer dichter aneinander. Ivy wusste, sie waren nicht mehr weit von der Stelle entfernt, an der die Gleise über den Fluss führten.
»Die Doppelbrücken«, flüsterte Beth ihr zu, als sie das Ende der Straße erreichten.
Gregory schaltete Motor und Scheinwerfer aus. Ivy konnte nichts mehr erkennen.
»Wer ist cool genug?«, fragte Eric und wippte mit dem Kopf hin und her. »Cool, cool, cool...«
Ivy war übel von den Abgasen und dem Alkoholgeruch. Sie und Beth stiegen auf einer Seite aus. Suzanne saß auf der anderen in der offenen Tür. Gregory öffnete den Kofferraum. Noch mehr Bier.
»Wo hast du das ganze Zeug her?«, wollte Ivy wissen.
Gregory grinste und legte ihr den Arm um die Schultern. »Noch was, wofür du dich bei Andrew bedanken kannst.«
»Andrew hat das gekauft?«, fragte sie ungläubig.
»Nein, seine Kreditkarte.«
Dann schnappten Eric und er sich jeweils ein Sixpack.
Obwohl
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