Kissed by Darkness
man besser zuhörte, wenn einem Cordelia einen Hinweis gab, rüstete ich mich aus. Zusätzlich zu meinem üblichen Messer im Stiefel und meinem Lieblingsstilett im BH schob ich noch ein kleines Schwert in die Scheide, die ich quer über den Rücken geschnallt über der Lederjacke trug, darüber hinaus hatte ich Klingenarmreife an beiden Handgelenken und ein paar Metallpflöcke mit Silberspitze im Gürtel.
Außerdem hatte ich noch ein neues Spielzeug, das ich unbedingt mal ausprobieren wollte. Meine Waffen bekomme ich von Tessalah, sie ist einfach die Beste in diesem Geschäft.
Tessalah ist Freiberuflerin mit einer etwas ungenauen und zwielichtigen Vergangenheit. Tatsächlich gibt es Gerüchte, dass sie nicht einmal aus unserer Welt stammt, sondern aus einem Paralleluniversum, in dem die Gesetze der Physik etwas dehnbarer sind. Aber wenn man einen Dämon töten, einen Drachen abschlachten oder einen Vampir in Staub verwandeln will, sollte man sich an Tessalah wenden. Wenn sie keine passende Waffe hat, erfindet sie eine. Und wenn sie keine erfinden kann, dann steckt man so richtig in Schwierigkeiten.
Mein neues Spielzeug sah ein bisschen aus wie ein Aspirator für Babys. Die Kugel war aus Glas, das man mit Magie so behandelt hatte, dass es flexibel wie Gummi war. Ich weiß nicht, wie man Tessalahs Magie wissenschaftlich beschreiben kann, das alles ist mir ein bisschen zu hoch, aber auf jeden Fall verströmte das Glas einen schwachen violetten Schein. Die Kugel war in schmale Bänder aus Sterlingsilber gefasst, die wiederum zu einer ebenfalls mit Sterlingsilber überzogenen nadelähnlichen Spitze zusammenliefen.
Aber anstatt Babynasen freizupusten, kann dieser Aspirator Vampire erledigen. Die Silberspitze dringt in die Haut ein und die Kugel zieht sich zusammen, woraufhin dem Vampir Salzwasser direkt in den Körper injiziert wird. Salzwasser hat auf Vampire ungefähr dieselbe Wirkung wie Weihwasser auf Dämonen. Es wirkt wie Säure und der Vampir beginnt, von innen heraus zu schmelzen. Tessalah hat wirklich ein Händchen für magische Waffen.
Allerdings hatte ich dieses Ding noch nie ausprobiert. Irgendwie zögerte ich noch. Ich war mir zwar sicher, dass es bestens funktionieren würde, aber es ist eine wirklich gemeine Art, jemanden zu töten. Sogar einen Vampir. Es war eher so was wie eine allerletzte Rettung.
Die Lichter der Stadt glitzerten auf dem Wasser und verwandelten den Fluss in ein Monet-Gemälde. Ich habe bereits zahllose Fotografien und Bilder mit diesem Motiv gesehen, aber keine Abbildung wird der Wirklichkeit gerecht.
Ich sog die Nachtluft tief ein und genoss die herrliche Dunkelheit. Manchmal mache ich mir Sorgen, dass ich jenen Kreaturen, die ich jage, ein bisschen zu ähnlich bin, weil auch ich die Nacht so sehr liebe. Abgesehen von jener Zeit kurz nach dem Angriff habe ich mich nie vor ihr gefürchtet, auch als Kind nicht. In den meisten Nächten hüllt mich die Dunkelheit ein wie eine Lieblingsdecke und lädt mich ein, doch noch etwas zu verweilen. Heute war es nicht anders.
Während ich am Flussufer entlangging, legte sich die Dunkelheit wie ein Umhang über mich und schickte meine Seele, meinen Geist, hinaus in die Schwärze.
Wie angewurzelt blieb ich stehen. Okay, vielleicht war es heute doch anders. Meine Seele hinausschicken? Was sollte das überhaupt heißen?
Also tat ich, was jeder vernünftige Mensch getan hätte, und machte es gleich noch mal. Meine Sinne jagten durch die Dunkelheit und ich spürte sie, die Leben, die Seelen im Park. Ein Mann, menschlich, der versuchte, auf einer Parkbank zu schlafen. Drei Jungs, die bei der riesigen Ankerstatue Marihuana rauchten und sich Beschimpfungen an den Kopf warfen. Zwei davon waren Menschen, aber der dritte … Er war etwas anderes, etwas Fremdes. Nicht böse, kein Vampir, nur ein Junge, der versuchte, normal zu sein. Menschlich zu sein.
Ein Stück weiter waren noch zwei Wesen. Ein Mann und eine Frau. Ich runzelte die Stirn. Die Menschenfrau strahlte hell, von Lust überwältigt. Sie wollte Sex, und zwar sofort. Der Mann war dunkel und getrieben von … Hunger. Ich fühlte seinen Hunger in meinen Adern brennen und jener träge pochende Schmerz am Schädelansatz erwachte. Hunger nach frischem Fleisch und Blut. Aber es war nicht mein Hunger, sondern seiner. Und ich musste ihn aufhalten, bevor es zu spät war.
Plötzlich befand ich mich wieder in meinem Körper und rannte. Die Nacht flößte mir Kraft ein und meine Füße trugen mich immer
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