Kissed by Darkness
ich es noch nie erlebt hatte. Dann verwandelte sich der Kuss.
Jack schlang die Arme um mich und zog mich an seinen harten Körper. Seine Lippen, weich und süß, schienen meine zu kosten. In seinem Kuss lag ein Hunger, der meinem in nichts nachstand.
Ich legte die Hände um seinen Hals, strich ihm durch die Haare und verflocht die Finger mit den seidigen Strähnen. Ein heiseres Stöhnen entrang sich meiner Kehle, er erwiderte den Laut mit einem leisen Grollen und der Kuss wurde noch intensiver. Ich fühlte mich, als würde ich brennen.
Dann ertönte die Türglocke.
»Verdammt«, knurrte Jack. »Du musst jetzt wirklich gehen.«
Ich war ein wenig aus der Fassung. »Ähm … okay.«
»Aber, Morgan …«
»Ja?« Ein wenig benommen blickte ich in seine Meeraugen, in denen die Goldsprenkel funkelten.
Wieder beugte er sich vor und küsste mich fordernd. »Das hier ist noch nicht zu Ende.«
Verwirrt und mit finsterer Miene machte ich mich auf den Weg zurück zum Auto. Meine Knie waren nur ein ganz klein bisschen weich.
Ich umklammerte das Lenkrad so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten. Das alles kam mir irgendwie ein wenig surreal vor. Die Träume allein waren schon schlimm genug gewesen. Aber die Tatsache, dass es gar keine Träume waren, sondern eher so etwas wie Erinnerungen, machte es irgendwie noch schlimmer.
»Scheiße!« Mit beiden Händen schlug ich aufs Lenkrad ein, woraufhin mich die alte Dame in dem Auto neben mir erschrocken ansah und links abbog, sobald die Ampel grün wurde. Fast hätte ich gelacht. Fast.
Ich hatte das Gefühl, dass Jack etwas vor mir verheimlichte, etwas Wichtiges. Er wusste mehr, als er mir sagte, da war ich mir sicher. Er würde es nur nicht zugeben.
Zornig blickte ich durch die Windschutzscheibe. Ich kann es nicht ausstehen, wenn mir etwas vorenthalten wird, besonders dann nicht, wenn es etwas Wichtiges ist, das mir helfen könnte, meinen Job zu erledigen. Und das hier fühlte sich so richtig wichtig an. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass der Priester der Schlüssel zu allem war. Ich wusste nur nicht, warum.
Dann wanderten meine Gedanken zu dem Kuss. Es war zugegebenermaßen ein erstaunlicher Kuss gewesen, aber trotzdem war meine Reaktion darauf etwas überzogen. Das war doch lächerlich. Wie lang stand ich jetzt schon auf Inigo? Und dann kam so ein Wildfremder daher und brachte alles durcheinander.
Scheiße. Inigo.
Ich rieb mir die Stirn. Über diese ganze komplizierte Jack-und-Inigo-Geschichte nachzudenken heiterte mich nicht gerade auf, also schob ich eine CD in den Player, drehte die Lautstärke hoch und kurbelte das Fenster herunter. Tom Pettys I Won’t Back Down erklang. Ich mag Tom Petty. Irgendwie macht er richtig gute Automusik.
Der Fahrtwind strich mir durchs Haar und rote Strähnen tanzten mir um die Wangen. Ich liebe den Wind. Plötzlich musste ich an jenen Abend unten am Fluss denken, daran, wie ich die Nacht aufgesogen hatte …
Mein Hirn legte eine Vollbremsung hin. Ich hatte noch immer keine Ahnung, was da eigentlich geschehen war, und ich wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Ich drehte Tom Petty noch etwas lauter, um meine Gedanken zu übertönen.
Verdrängungsmechanismen? Ich?
Manchmal ist Nachdenken gut. Aber manchmal macht es mir das Nachdenken auch nur noch schwerer, mit der Realität klarzukommen, denn ehrlich gesagt ist die ab und an einfach zu bizarr. Seit nun schon drei Jahren war mein Leben eine einzige Freakshow, und wenn ich zu viel grübelte, machte ich mir nur alles unnötig schwer.
Ich zwang mich dazu, mich zu konzentrieren. Darroch. Ich musste mit Darroch reden. Ich musste herausfinden, warum er vorgab, das Amulett nicht zu haben, und warum er Jack tot sehen wollte. Er verbarg etwas, da war ich mir sicher. Ich musste nur noch herausfinden, was das war.
Und ich musste herausfinden, warum unser Regierungskontakt darauf bestand, dass wir unseren Job erledigten, ohne Fragen zu stellen. Denn ob es Kabita nun zugab oder nicht, die Regierung hatte mit all dem hier etwas zu tun. Ja, es gab eine ganze Menge Dinge, die ich erfahren wollte. Viele Leute um mich herum hatten dieser Tage Geheimnisse, und Brent Darroch war ein guter Anfang. Außerdem war es höchste Zeit, meinem Klienten Bericht zu erstatten.
Es roch nach Holzkohle und gegrilltem Fleisch, als ich vor Darrochs Haus vorfuhr. Ich liebe Barbecue, aber Darroch würde mich bestimmt nicht zum Essen einladen. Nicht, nachdem ich ihm erst mal erklärt hätte, warum ich da war.
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