KISSED
Aber ich sage: »Erst brauche ich ein paar Informationen, und zwar schnell. Norina kann jeden Moment zurückkommen.«
»Gut. Der Frosch hat Key Largo verlassen. Er wusste, dass er verfolgt wird, deshalb ist er in einen Wohnwagen gestiegen, auf dem Familie McDougal stand.«
»Und wie bitteschön soll ich den finden? Sie könnten überall sein.«
»Auf die Fenster hat jemand mit Schuhcreme Big Pine Key, Nationales Key-Weißwedelhirsch-Wildreservat und Touristenfalle geschrieben.«
»Du machst wohl Witze!«
»Schön wär’s. Jedenfalls war das vor ein paar Tagen, deshalb sollten sie inzwischen dort angekommen sein. Der Parkaufseher da heißt Wendell. Vielleicht kann er dir weitere Informationen geben.«
»Bist du sicher? Es klingt zu einfach.«
»Ich weiß nicht, wie einfach es ist, einen bestimmten Frosch in einem riesigen Naturreservat zu finden, aber dasist die Information, die du gebraucht hast. Jetzt gib mir den Vogel.«
Es bleibt mir nichts anderes übrig, als den Vogel vor ihn hinzustellen. Ich frage mich, was er damit vorhat. Ihn fressen vielleicht. Aber er öffnet nur mit der Pfote die Käfigtür und rupft eine einzige Feder aus dem Schwanz des Vogels. Dann macht er das Türchen wieder zu. »Jetzt kannst du ihn wieder zurückbringen.«
»Das war’s?« Nur mit Mühe unterdrücke ich ein Wutgeheul. »Du brauchtest eine Feder? Warum konnte ich nicht einfach die Feder holen, anstatt zwei Nächte an diesem Ort zu verbringen und beim Stehlen erwischt zu werden?«
Der Fuchs zuckt mit seinen pelzigen roten Schultern. »Es ging darum, dass du und ich unseren Wert unter Beweis stellen. Wenn du eine Prinzessin willst, musst du dich beweisen. Jetzt gibt es noch eine letzte Sache, die du tun kannst, um deine Dankbarkeit zu zeigen.«
»Und das wäre?« Ich bin nicht besonders dankbar.
»Du könntest mich töten.«
Ich höre das Brummen eines Autos auf dem U.S. Highway 1, aber als es vorbeigefahren ist, herrscht Stille.
»Was?« Ich muss ihn wohl falsch verstanden haben.
Aber er wiederholt es. »Töte mich. Ich habe im Müllcontainer ein Messer liegen lassen. Wenn du mir damit die Kehle durchschneidest, würdest du mir meinen sehnlichsten Wunsch erfüllen. Ich habe mein Bestes getan, um dir zu helfen. Nun gewähre mir den Wunsch zu sterben.«
»Aber warum?« Meine Hand zittert so sehr, dass sie gegen den Vogelkäfig schlägt.
»Ich bin ein Mensch, der als Fuchs lebt. Brauchst du einen anderen Grund?«
»Aber vielleicht wirst du zurückverwandelt.« Es ergibt keinen Sinn. Warum braucht er die Vogelfeder, wenn er sterben will? Nichts davon ergibt einen Sinn.
»Es ist schon so lange her. Ich habe die Hoffnung verloren.«
Ich kann mir nicht vorstellen, einen Fuchs zu töten. Ich jage nicht. Niemand in South Beach jagt. Und selbst als wir im Biologieunterricht eine virtuelle Katze sezieren mussten, wurde mir furchtbar übel. Außerdem ist das hier auch nicht irgendein Fuchs. Es ist ein Fuchs, der eigentlich ein Mensch ist, deshalb wäre es Mord, wenn ich ihn töten würde. Ich kann das nicht. »Es tut mir leid.«
»Schon gut.« Der Fuchs wendet mir den Rücken zu.
»Ich bin mir sicher, es kommt alles in Ordnung.«
»Du hast bekommen, was du wolltest. Geh jetzt.«
»Aber ich wollte nicht …«
»Geh!«
Also gehe ich. Ich nehme nicht mal den Vogel mit. Sam wird ihn schon selbst finden. Ich schnappe mir meinen Umhang und eile davon.
Als ich seitlich am Gebäude vorbeilaufe, stoße ich auf Norina, die dort wartet, nahe genug, um alles gehört zu haben. Den Fuchs hat sie natürlich nicht verstehen können. Sie hat ja keine magischen Ohrstöpsel.
»Bereit?«, frage ich fröhlich.
»Allzeit!« Sie grinst und mustert den Umhang. »Wie funktioniert dieses Dings eigentlich genau?«
Mir fällt ein, dass ich nicht zu naiv sein sollte. »Na ja, zuerst gibst du mir meinen Rucksack.«
Als sie meiner Aufforderung folgt, kontrolliere ich ihn. Alles noch da. »Okay.« Ich ziehe den Umhang um meine Schulter, dann um ihre. Während ich uns beide darin einwickle, sage ich: »Du musst dir wünschen, wohin du möchtest. Aber du musst es ganz genau sagen, denn sonst …«
Und bevor ich den Satz zu Ende sprechen kann, sind wir woanders.
23
Wie er entschlafen war, da band es ihm den Mantel von den Schultern und hing ihn sich selbst um und wünschte sich damit nach Haus.
~~~ Der Krautesel ~~~
Ich war noch nie zuvor in South Carolina. Vielleicht fällt es mir deshalb so schwer, etwas zu erkennen. Aber irgendwie war ich
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