KISSED
Victoriana ansiehst?«
»Nein! Das ist es nicht. Du bist hübsch. Ich meine, Meg ist hübsch. Ich meine …« Ich weiß nicht, was ich meine. Ich bin verwirrt von der Enge, dem Sauerstoffmangel in meinem Gehirn, den Wänden, die auf mich zukommen. »Kannst du mich bitte einfach in Ruhe lassen? Reicht es nicht, dass du mich hierhergelockt hast, dass du auf einen Typen namens Siegfried wartest, der mir den Schädel einschlagen will; musst du auch noch so tun, als wärst du Meg, meine beste Freundin auf der ganzen Welt?«
»Ich bin Meg.«
»Na schön. Beweise es. Erzähl mir etwas, das nur Meg wissen kann.«
»Okay.« Die Stimme klingt leise in der Dunkelheit.
»Und es darf nichts aus den letzten beiden Wochen sein, seit Victoriana eingecheckt hat.«
»Also gut.« Pause. Sie denkt nach, und einen Moment lang schöpfe ich Hoffnung. Was, wenn es tatsächlich Meg ist? Was, wenn sie hier ist? Wenn sie mir hier heraushelfen kann? Meg weiß immer, was zu tun ist.
»Mir ist etwas eingefallen«, sagt Megs Stimme.
»Was?«
»Imelda Marcos wurde folgendermaßen zitiert: ›Ich habe keine dreitausend Paar Schuhe. Ich hatte eintausendundsechzig.‹«
Imelda Marcos. Sie war die Frau von Ferdinand Marcos, dem früheren Diktator der Philippinen, lange bevor ich geboren wurde. Der Grund, weshalb ich überhaupt von ihr gehört habe, ist, dass sie über tausend Paar Schuhe besaß.
Meg fand dieses Zitat, als wir gerade anfingen, Schuhzitate zu sammeln. Sie entdeckte es auf einer Website. Niemand sonst, den ich kenne, hätte eine Ahnung, wer Imelda Marcos überhaupt ist.
»Meg!«
»Ja, du Dummkopf. Ich bin’s.«
»Aber wie bist du hierhergekommen?« Noch während ich die Frage stelle, überwältigt mich Erleichterung.
»Der Ring, den ich dir gegeben habe, der Opalring. Er ist magisch.«
»Magisch?« Früher hätte mich das überrascht. Jetzt nicht mehr.
»Meine Großmutter von der Murphy-Seite war eine Hexe. Sie hat mir den Ring gegeben. Sie zwang mich, ihn zu tragen, als ich noch klein war. Sie sagte: ›Wenn du verlorengehst, Meggie, mein Mädchen, dann steck ihn dir auf den Finger.‹ Sein Zauber besteht darin, dass die Person, die ihn dir gegeben hat, zu dir kommt, egal, wo du gerade bist.«
»Aber du verfügst nicht über irgendwelche Zauberkräfte? Ich hatte gehofft, du könntest mich vielleicht hier rausholen, oder zumindest ein bisschen Licht machen, damit ich entkommen kann. Irgendein Typ namens Siegfried ist auf dem Weg hierher, um mich umzubringen.«
»Das hast du schon gesagt.« Ich höre, wie sie sich bewegt, wie sie in ihrer Tasche nach etwas kramt. »Ich kann dich nicht durch Magie rausholen, aber ich habe das hier.« Ihr Gesicht wird von einer dieser winzigen Taschenlampen beleuchtet, die man am Schlüsselbund trägt. »Zum Glück hatte ich gerade meine Tasche in der Hand, als du den Ring übergestreift hast.«
»Glück ist gut. Du steckst hier mit mir fest, weil ich den Ring aufgesetzt habe, als ich in der Falle saß.«
Sie zuckt mit den Achseln. »Er hat wohl ein paar Mängel. Aber wir sollten unsere Zeit nicht damit verschwenden, das zu besprechen. Wir müssen einen Ausweg finden. Wo sind wir überhaupt?«
»Zalkenbourg. Das ist in Europa, nehme ich an. EineHexe hat mich mit List und Tücke dazu gebracht, sie mit meinem magischen Umhang hierherzubringen.«
»Sorry, dass ich gefragt habe.« Sie leuchtet mit der Taschenlampe umher. Ihr Strahl reicht kaum aus, um einige Zentimeter Wand zu beleuchten, aber das genügt schon. Der Fußboden besteht aus Erde, die Wände aus Beton. Glänzende schwarze Käfer krabbeln davon. Keine Tür. Meg lässt das Licht an die Decke gleiten.
Jackpot.
Eine Falltür. Ich eile hinüber zu ihr, aber selbst wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle, ist es noch zu hoch, fast einen halben Meter über meinem Kopf.
»Wenn du auf meinen Rücken steigst, kannst du sie vielleicht erreichen«, sage ich.
»Aber wie kommst du dann hoch?«
»Du könntest Hilfe holen.« Schon als ich es ausspreche, weiß ich, dass ich das nicht ernst meine. Wir sind in einem Land, dessen Namen ich noch nicht einmal aussprechen kann, ganz zu schweigen von der Sprache. Aber ich weiß, dass sie nicht nach Meg suchen. Sie war nicht diejenige, die beschlossen hat, ihr Leben für diese blöde Froschsuche aufs Spiel zu setzen. Sie war auch nicht diejenige, die zugelassen hat, dass die Hexe den Umhang benutzt. Sie darf nicht wegen meiner Fehler von Siegfried umgebracht werden.
Ich kauere mich hin, damit
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