Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
KISSED

KISSED

Titel: KISSED Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ALEX FLINN
Vom Netzwerk:
Minute später höre ich, wie die Falltür zuschlägt.
    Ich bin allein im Dunkeln, aber jetzt ist es noch viel schlimmer, weil Meg hier war und jetzt nicht mehr da ist. Es gibt nichts zu tun, als über das Sterben nachzudenken. Normalerweise denkt man nicht darüber nach. Ich meine, jeder weiß, dass er irgendwann sterben wird. Aber doch nicht so bald. Der bislang größte Käfer krabbelt mir über die Hand. Ich unternehme nichts. Was macht das jetzt noch aus?

25
    Wir hätten uns keine Sorgen zu machen brauchen, dass Sieglinde uns schnappt. Sie lässt sich Zeit, lange genug, dass ich mich im Dunkeln auf den Boden setzen und über all die Dinge nachdenken kann, die ich nie getan habe: Ich war in der Schule nie in einer Mannschaft. Ich habe nie ein anderes Land bereist, nicht einmal Kanada. Ich war noch nie verliebt.
    Ich denke an Meg, die jetzt irgendwo in einer dunklen,unbekannten Landschaft umherirrt. Alles, was ich weiß, ist, dass es dort Kiefern gibt, viele Kiefern. Wahrscheinlich auch viele Kiefernnadeln auf dem Boden. Hat sie überhaupt Schuhe an? Erstaunlicherweise habe ich nicht darauf geachtet. Ich hoffe, sie hat Turnschuhe an, aber ich wette, sie trägt Flipflops. Die Schuhe können manchmal zwischen Leben und Tod entscheiden.
    Warum habe ich Meg nicht meine Schuhe geliehen?
    Ich will nicht, dass Meg stirbt. Ich will, dass sie meiner Mutter erzählt, was passiert ist, damit meine Mutter nicht für den Rest ihres Lebens nach mir sucht.
    Das wird sie trotzdem tun.
    Auf einmal höre ich Stimmen.
    »Dunkel hierr drrin«, sagt eine Männerstimme. »Chast du eine Kärrze dabei?«
    »Nein.« Sieglindes Stimme. »Aberr er wirrd nicht schwer zu finden sein.«
    »Wirr könnten zurrückgehen und eine cholen.«
    »Nein! Willst du das niemals zu Ende brringen? Ich fange an zu glauben, du chast ihn absichtlich verloren!«
    »Nein, Mama. Err …«
    »Genug Ausrreden!«
    Ihre Stimmen kommen näher. Ich habe mich in der Ecke aufgerichtet und trete leise einen Schritt vor. Ich habe noch immer Megs Taschenlampe in der Hand.
    »Wo ist err?« Siegfrieds Stimme ist nur ein Flüstern.
    In dem Moment spüre ich ein Stück Stoff an meinem Bein. Es ist weich, flauschig, wie Samt. Der Umhang!
    Ich wende mich ein wenig von den Stimmen ab, kauere mich hin und versuche, den Stoff zu fassen zu kriegen.
    »Da ist err!«, kreischt Sieglinde.
    Ich ziehe an dem Umhang, aber er bewegt sich nicht. Jemand hält ihn am anderen Ende fest oder steht darauf. Ich lasse trotzdem nicht los. Er ist mein einziger Rettungsanker, meine letzte Hoffnung.
    Ein Arm schlingt sich um meinen Hals. Er ist stark, und ich weiß, dass es Siegfried sein muss, aber der Arm ist dünner, als ich ihn mir vorgestellt habe. Trotzdem lasse ich den Umhang nicht los. Ich denke darüber nach, was Sieglinde gesagt hat, dass Siegfried mich absichtlich verloren hätte. Vielleicht lässt er mich los, wenn ich mich wehre. Ich fange an, mich zu winden, wobei ich gleichzeitig am Umhang ziehe, doch der Arm umklammert meine Kehle nur noch fester.
    »Ich darrf dich dieses Mal nicht entkommen lassen!«, flüstert Siegfried.
    Plötzlich habe ich eine Idee. Ich entspanne mich, höre auf, mich zu wehren, behalte aber den Zipfel des Umhangs in einer Hand. In der anderen halte ich Megs Taschenlampe.
    Als ich aufhöre zu kämpfen, entspannt sich Siegfried ebenfalls.
    »Wirrst du dich ergäben?«, flüstert er.
    »Niemals!« Ich leuchte ihm mit der Taschenlampe in die Augen. Von dem Licht geblendet lockert er seinen Griff. Doch nur eine Sekunde lang. Ich gehe auf Sieglindelos, die das andere Ende des Umhangs festhält. Es endet damit, dass ich auf dem Boden liege und ein hochhackiger Schuh auf meiner Brust steht.
    »Stopp! Wir chaben beschlossen, dass wir dich nicht töten wärrden.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Glaub, was du willst. Aberr wenn du uns gibst, was wirr wollen, lassen wirr dich gehen. Wenn wirr dich umbringen, wirrd sie nur einen anderren dummen, liebeskrranken Jungen finden, der nach ihrer Pfeife tanzt. Du musst ihr sagen, dass du den Frroschkönig gesehen chast, dass wirr ihn chaben.«
    »Was? Ihr habt ihn?«
    »Das spielt keine Rrolle. Errzähl ihr, dass err ist in grroßer Gefahrr und dass sie muss cheiraten Prinz Wolfgang, wenn sie je will wiederr sähen ihren Bruder. Das ist alles, was du musst tun.«
    »Das kann ich nicht.«
    Mit einem gewaltigen Ruck reiße ich am Umhang. Ich spüre wieder Siegfrieds Griff um meine Kehle. Er wird enger, und ich merke, wie ich

Weitere Kostenlose Bücher