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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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könnte Herb ihm später noch nützlich sein.
    »In Ordnung«, sagt Luther. »Es wird ein paar Minuten dauern, bis ich bei Ihnen bin.«
    Er geht zu dem Schränkchen, wo er die Schlüssel aufbewahrt, und sucht den passenden heraus. Dann prüft er, ob die Glock geladen ist, macht sich auf den Weg und durchquert die Lagerhalle, vorbei an den Zellen mit den Leichen derer, die es nicht geschafft haben.
    Hier wird es ihm nie langweilig werden. Er mag den Geruch nach Rost, Schimmel und Verlassenheit.
    Vielleicht wird der Tag kommen, an dem er zusammen mit Jack in diesen Lagerhallen auf die Jagd geht.
    Fünf Minuten im Laufschritt und er kommt an der Tür zum dritten Kreis der Hölle an.
    Er schließt sie auf, die Pistole schussbereit.
    Jack hält Herb immer noch fest umklammert. Luther überlegt, ob er die beiden mit Gewalt auseinanderbringen soll. Aber dann müsste er nah an sie herantreten. Beide sind geübte Kämpfer.
    Natürlich könnte er Herb einfach eine Kugel in den Kopf jagen, und die Sache wäre erledigt. Aber er muss sich Jack für den nächsten Teil ihrer Reise gefügig machen, und mit der bloßen Drohung, den Fettwanst zu töten, bewirkt er mehr, als wenn er es jetzt gleich tut.
    Aber wenn alle Stricke reißen, hat er immer noch Harry und Phin. Die kann er ebenfalls als Druckmittel einsetzen.
    Luther betritt den Raum und nähert sich den beiden bis auf drei Meter.
    »Hier ist der Schlüssel«, sagt er und hält ihn hoch. »Ich werde ihn Ihnen zuwerfen. Lassen Sie ihn nicht in den Schlamm fallen.«
    Er wirft ihn und sieht zu, wie er einen Bogen beschreibt und wie Jack ihn auffängt.
    Sie braucht ein paar Sekunden, bis sie das Halsband aufgeschlossen hat.
    »Okay, gehen Sie jetzt von ihm weg«, befiehlt Luther ihr.
    Jack schüttelt den Kopf. »Dann werden Sie ihn töten.«
    »Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ihm nichts passiert, wenn Sie meinen Anweisungen Folge leisten. Gehen Sie jetzt weg oder ich töte ihn wirklich.«
    Jack zögert einen Augenblick, tritt dann aber zur Seite.
    Luther zielt auf den Dicken und drückt ab.

Jack
    »Nein!«
    Herb kippte vornüber und fiel in den Schlamm. Ich eilte zu ihm und kniete mich in eine eiskalte, schmutzige Pfütze.
    »Verdammt noch mal, Luther!«
    »Er atmet noch«, sagte Luther. »Ich hab ihn nicht getötet, werde es aber tun, wenn Sie sich nicht an meine Anweisungen halten. Stehen Sie jetzt auf und kommen Sie mit.«
    »Er braucht einen Arzt!«
    »Wenn Sie nicht auf mich hören, wird er ein Fall für den Rechtsmediziner. Kommen Sie jetzt endlich, Jack.«
    »Ich hab dich lieb, Herb.«
    »Ich weiß«, stöhnte er. »Ich dich auch.«
    Ich richtete mich schwerfällig auf. Meine Füße waren taub, entweder von der Kälte oder meiner Eklampsie oder beidem. Luther hielt die Pistole weiterhin auf Herb gerichtet.
    »Gehen Sie voraus und bleiben Sie nicht stehen.«
    Ich stolperte durch den eiskalten Schlamm und sah mich alle paar Sekunden nach Herb um. Er lag immer noch reglos auf der Seite.
    »Durch die Tür.«
    Ich trat über die Schwelle und warf einen letzten Blick auf meinen Freund, bevor Luther die Tür hinter uns zuschlug.
    Ich befand mich in einem kleinen, sterilen Raum. Er hatte weiße Betonwände und einen gefliesten Boden mit einem großen Metallabfluss. Ich hatte gedacht, dass mich nach all den schrecklichen Erlebnissen der vergangenen Stunden so schnellnichts mehr erschüttern konnte, aber ich hatte mich geirrt. In der Mitte des Raums stand ein blau gepolsterter Tisch mit Halterungen für Arme und Beine.
    Ein Entbindungstisch.
    »Legen Sie sich da drauf«, befahl Luther.
    Ich blieb wie gelähmt stehen.
    »Legen Sie sich auf den Tisch und schnallen Sie sich fest. Ich kümmere mich um Ihr freies Handgelenk.
    Die Riemen für Knie und Handgelenke waren mir gar nicht aufgefallen.
    Nein. Das konnte ich nicht tun.
    Aber dann dachte ich an Herb, der draußen im Schlamm verblutete.
    Ich ging durch den Raum und tat, was ich schon so oft während meiner Schwangerschaft getan hatte – hievte meinen fetten Arsch auf die gepolsterte Liege und zwängte die Beine in die Halterungen. Der zweite Schritt fiel mir schon bedeutend schwerer, nämlich das Zuschnallen der Riemen für Hand- und Fußgelenke.
    »Verdammt, Jack«, sagte Luther, als er den Riemen um mein rechtes Handgelenk befestigte. »Ich hatte schon gedacht, ich müsste Sie mit Gas betäuben, um Sie auf diesen Tisch zu bekommen.«
    »Meine Freunde bedeuten mir sehr viel, Luther. Aber das können Sie wohl kaum

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