Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
Vom Netzwerk:
nach oben.
    Nach zehn Minuten, in denen ich Violet dabei zugesehen hatte, wie sie eine Zigarette nach der anderen rauchte, kam McGlade mit einem Stapel CDs wieder.
    »Wo haben Sie die her?«, fragte er Violet.
    »Was sind das für welche?«, sagte sie.
    »Raubkopien von Rolling-Stones-Konzerten.«
    »Weiß ich nicht. Hab mich früher sehr für Musik interessiert.«
    »Kann ich mir die ausleihen?«
    »Wie bitte?«
    »Einige von denen suche ich schon seit Jahren. Ich verspreche Ihnen, dass ich sie in gutem Zustand zurückbringe.«
    Ich verdrehte die Augen.
    »Von mir aus können Sie die behalten«, sagte Violet. »Ich hab sie bereits auf meinen Computer kopiert.«
    »Echt? Danke!«
    »Ist das alles, was du gefunden hast?«, fragte ich ungläubig.
    »Du machst wohl Witze. Das ist ein Fund epischen Ausmaßes. Weißt du überhaupt, wie selten diese hier ist? Von siebenundneunzig, live aufgenommen.«
    »Ein tolles Konzert«, sagte Violet strahlend. »Ich war dort, in der ersten Reihe. Hab sogar ein paar Schweißtropfen von Jagger abgekriegt.«
    »Klingt echt gut. Wo ist eigentlich Ihr Baby?«
    Violets Gesicht nahm einen schmerzlichen Ausdruck an.
    »Dort oben ist ein Kinderzimmer«, fuhr McGlade fort. »Das sauberste Zimmer im ganzen Haus. Aber im Kühlschrank hab ich nirgendwo Babynahrung gesehen und auch keine Babyfläschchen in den Schränken. In diesem Haus riecht es ja nach allerhand, aber nicht nach Windeln. Also, wo ist das Kind?«
    Violet sagte nichts, bekam aber einen glasigen Blick.
    »Ist es tot?«, fragte McGlade.
    Ich warf ihm einen wütenden Blick zu. Er ging mit dem Guter-Bulle-böser-Bulle-Spiel eindeutig zu weit. Von Violet ging keinerlei Bedrohung aus. Das einzige Gefühl, das sie in mir auslöste, war Mitleid.
    »Jetzt wird es aber wirklich Zeit, dass Sie hier verschwinden.«
    »War das Baby von dem Schriftsteller?«, drängte McGlade.»Handelt es sich bei den Tantiemen in Wirklichkeit um Unterhaltszahlungen?«
    »Das Jugendamt hat mir mein Kind genommen, Mr McGlade. Irgendein Nachbar hat mich angezeigt und dabei falsche Angaben gemacht. Ich hab fast eine Million Dollar für Anwälte hingeblättert, um ihn wiederzubekommen.« Ihre Stimme wurde brüchig. »Ich darf ihn nicht einmal besuchen.«
    »Wie alt ist er jetzt?«, fragte ich behutsam.
    »Fast sieben.«
    »Und wie heißt er?«
    »Max, genau wie sein Vater, mein Mann, den Luther Kite und seine Familie auf dem Gewissen haben.« Violet sah mich flehend an. »Wenn ich Informationen hätte, mit denen ich Luther schaden könnte, würde ich es Ihnen sagen, das schwöre ich. Er hat mein Leben ruiniert. Aber ich kann Ihnen nichts sagen, was meine Situation verbessern würde. Rein gar nichts.«
    »Vielleicht kann das, was Sie wissen, jemand anderen retten«, gab ich zu bedenken.
    Sie saß eine Weile schweigend da, bevor sie mir antwortete.
    »Den Menschen kann man nicht mehr helfen, Jack. Ich wundere mich, dass Sie das noch nicht begriffen haben.«
    Ich holte eine Visitenkarte aus meiner Handtasche und gab sie ihr. »Falls Sie es sich doch noch anders überlegen oder Ihnen irgendwas einfällt, können Sie mich jederzeit anrufen.«
    »Und danke noch mal für die CDs«, sagte McGlade. Er hielt sie hoch und lächelte. »Sie können auch die Nummer anrufen, falls Sie noch ein paar Raubkopien von den Stones finden.«
    Wir gingen zur Tür hinaus. Es hatte aufgehört zu regnen und es fühlte sich kälter an als zuvor.
    »Also, das war echt vergeudete Zeit«, sagte ich und hielt auf den Wagen zu.
    »Spinnst du? Wenn ich diese CDs auf eBay verhökere, mach ich ein paar hundert Dollar.«
    Ich ließ meinen Blick über die Reihe der parkenden Autos wandern, um zu sehen, ob der Monte Carlo sich darunter befand.
    Plötzlich summte mein iPhone.
    Eine SMS von Herb.
    Nur vier Worte, aber sie trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht.
    SCHON WIEDER EIN MORD.

Lucy
31. März, 17:45 Uhr
    Lucy nahm am Rande ihres Gesichtsfelds eine Bewegung wahr und wandte ihren Blick von dem Nissan Juke ab. Zwei dreizehnjährige Jungs standen in etwa drei Meter Entfernung und glotzten sie durch die Fensterscheibe an, die Münder sperrangelweit offen, die Blicke eine Mischung aus Spott und Abscheu.
    Sie kamen näher. Einer der beiden klopfte an die Scheibe.
    Lucy sah zu Donaldson hinüber, worauf dieser erwiderte: »Sag ihnen, sie sollen sich verpissen.«
    Sie drehte sich um und starrte den Jungen durch die Scheibe an. »Los, hau ab.«
    »Heilige Scheiße, die hat ja nur ein Auge!«
    »Und der Typ

Weitere Kostenlose Bücher