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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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anderer Gedanke. Ich hatte vergessen, ein Bild von dem Plastikbeutel zu machen, auf den Luther mit schwarzem Filzstift JACK D – WIR WERDEN DAS KIND SCHON SCHAUKELN – LK geschrieben hatte. Da ich eine Probe von Thomas’ Handschrift besaß – aus dem Brief, den er an seine Literaturagentin geschrieben hatte –, konnte ich die beiden vergleichen und sehen, ob sie übereinstimmten. Wenn ja, war das ein ziemlich solider Beweis dafür, dass Andrew Z. Thomas noch lebte.
    Ich schrieb eine SMS an Herb und bat ihn, mir Bilder von den beiden Beuteln zu schicken.
    Dann las ich noch mal die Passage aus
Der Feuerteufel
. Meine Augen blieben an der letzten Zeile hängen.
    »
Aus kleinem Funken lodert große Flamme.«
    Irgendwie kam mir dieses Zitat bekannt vor.
    Ich suchte bei Google danach.
    Hm.
    Es stammte von Dante Alighieri, dem Verfasser der
Göttlichen Komödie
. Aus Neugier ging ich die gesamte Passage durch und gab jeden Satz bei Google ein, fand dabei aber nur Auszüge aus Raubkopien der E-Book-Ausgabe von
Der Feuerteufel
. Als ich diesen Vorgang mit dem zweiten Buch wiederholte, erhielt ich ähnliche Ergebnisse. Doch dann suchte ich nach dem Satz:
Behalte diese Nacht im Gedächtnis … denn sie ist der Beginn der Ewigkeit
, und wurde fündig.
    Schon wieder Dante.
    Ich glaubte nicht an einen Zufall. Während ich den Wikipedia-Artikel über Dante las, fragte ich mich, welchen Zusammenhang es zwischen einem mittelalterlichen Dichter und diesen Morden geben könnte. Dann ging ich zu Amazon.com und fand dort eine kostenlose E-Book-Ausgabe der
Göttlichen Komödie
. Dann suchte ich nach
Der Feuerteufel
und stellte fest, dass es zwölf Dollar neunundneunzig kostete – ein unverschämter Preis für ein E-Book, noch dazu eines, das schon so alt war. Ich kaufte es trotzdem, auch wenn mir klar war, dass ich damit Violets Bier- und Zigarettenkonsum finanzierte. Die nächsten zehn Minuten verbrachte ich damit, die mehreren hundert Kundenrezensionen zu überfliegen.
    Der Feuerteufel
wurde im Schnitt mit drei Sternen bewertet. Zwar gab es viele Fünf-Sterne-Rezensionen, die das Buch lobten, aber mindestens genauso viele Ein-Stern-Bewertungen. Diese kamen überwiegend von Leuten, die sich darüber aufregten, dass ein Thriller über einen Serienmörder, der seine Opfer lebendig verbrannte, Szenen mit unverblümter Gewalt enthielt.
    Auf der vierten Seite der Rezensionen stieß ich in der Mitte auf eine, die mich stutzig machte.
           Thomas schrieb dieses Buch als eine Ode an den siebten Kreis der Hölle in Dantes Inferno, in der der Antiheld sich von Gott abwendet und auf diesen inneren Kreis zusteuert. Indem er sich der Gewalt verschreibt, führt er seinen eigenen Untergang herbei.
    Abgesehen davon, dass diese Rezension intelligenter klang als die meisten anderen, fiel mir vor allem der Name des Rezensenten ins Auge.
    ALONEAGAIN.
    Der User, der im Andrew-Z.-Thomas-Forum Nachrichten an mich gepostet hatte, verwendete denselben Namen.
    Als ich den Namen anklickte, erhielt ich folgende Meldung: »Dieser Kunde hat noch kein Profil eingerichtet.« Meine Suche nach weiteren Rezensionen dieses Users ergab, dass er mehrere verfasst hatte – alle zu Romanen von Andrew Z. Thomas.
    Ich sah mir die Rezension zu
Die Waffe des Mörders
an.
           Thomas setzt in diesem Werk seine Dante-Alighieri-Allegorie (grins) fort und konzentriert sich auf den fünften Kreis der Hölle, wo die Jähzornigen landen. Wie gehst du eigentlich mit deinem Zorn um, Jack?
    Ich blickte mich unwillkürlich nach allen Seiten um. Mir kam es auf einmal vor, als ob mich jemand beobachtete. Ich stand kurz davor, Phin zu rufen, schaffte es jedoch, meine Angst im Zaum zu halten.
    Die Rezension war vor fünf Monaten erschienen.
    Ich sah mir die anderen an, aber sie waren älter und keine davon war an mich gerichtet.
    Ich schlang die Decke fest um meine Schultern, lud mir für dreizehn Dollar
Die Waffe des Mörders
herunter und fing an zu lesen.

Literaturagentin Cynthia Mathis
31. März, 21:50 Uhr
    Cynthia schlürfte ihre Tasse Espresso leer, den sie sich mit ihrer siebenhundert Dollar teuren Kaffeemaschine zubereitet hatte. Das Ding füllte fast den gesamten Küchentresen aus. Dann ließ sie wieder ihre Finger über die Tasten huschen und schrieb den wöchentlichen Eintrag für ihren äußerst beliebten Blog
Literaturagenten wissen es besser
fertig.
           Ein so langweiliges und nichtssagendes Anschreiben habe ich noch nie gelesen.

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