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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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hatte, Hunger, Kälte und furchtbare Schmerzen zu erleiden.

Jack
1. April, 7:30 Uhr
    Dieses Mal hatte ich nachts keine Anfälle, weil ich nicht schlief.
    Ich hatte einfach zu viel um die Ohren.
    Und die Schlaflosigkeit und ich waren sowieso alte Bekannte.
    Phin war zwar immer noch sauer auf mich, hatte aber darauf bestanden, bei mir im Zimmer zu bleiben. Eine Stunde bevor es hell wurde, schlief er endlich ein. Jetzt, wo die Sonne aufging, schlief er immer noch im Polstersessel. Duffy lag zu seinen Füßen.
    Ich hatte bis in die frühen Morgenstunden Andrew Z. Thomas gelesen.
    Der Feuerteufel
aber zu meiner Verwunderung gefiel mir das Buch, obwohl es darin keinen sympathischen Helden gab. Aber jetzt, wo ich es gelesen hatte, wusste ich nicht so recht, was der Autor damit sagen wollte. Als Nächstes nahm ich mir
Die Göttliche Komödie
vor und gewann daraus nur eine einzige Erkenntnis: Dieser Dante war vollkommen durchgeknallt. Sich Folterqualen für Sünder auszudenken und dann ein Epos darüber zu schreiben, war für mich der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Ich bekam einen Schrecken, wenn ich daran dachte, dass so viele Religionen und Menschen Dantes Vorstellung von der Hölle für bare Münze nahmen.
    Nach meinem Lesemarathon ließ ich Duffy in den Garten. Als er endlich einen Haufen setzte, starrte ich darauf und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Da mir keine zündendeIdee kam, wie man das Problem auf angenehme Weise lösen konnte, streifte ich mir einen Gummihandschuh über und stocherte buchstäblich in der Scheiße herum, was genauso ekelhaft war, wie es klang. Der Gestank war so schlimm, dass ich meinen BH auszog und ihn mir um Mund und Nase band. Nach gründlicher Suche musste ich feststellen, dass der Ring nicht da war. Ich hatte umsonst im Dreck gewühlt.
    Aber die Sache hatte auch etwas Gutes, denn jetzt wusste ich, dass Windeln wechseln noch vergleichsweise harmlos war.
    Als ich ins Haus zurückging, war Phin inzwischen wach.
    »Wir sollten deinen Blutdruck messen«, sagte er schläfrig.
    »Später.«
    »Nein, jetzt.«
    Ich war zu müde, um mit ihm zu streiten, also setzte ich mich hin und ließ ihn gewähren. Er blies die Druckmanschette auf und sah sich die Messwerte an.
    »Hundertfünfundsechzig zu hundertzehn. Schlimmer als beim letzten Mal.«
    »Mir geht’s gut.«
    »Wir müssen in die Notaufnahme, Jack. Das ist eine ernste …«
    »Fass mal an.«
    »Was?«
    Ich nahm seine Hand und legte sie auf meinen Bauch. »Fühl mal. Sie hört deine Stimme und sagt Guten Morgen.«
    Phin ließ die Hand auf meinem Bauch ruhen, während die winzigen Füße unseres Kindes dagegen traten. In diesem glasklaren Augenblick konnte ich mir vorstellen, diesen Mann zu heiraten. Meine Fantasie ging mit mir durch und ich sah mich als Hausfrau und Mutter in einem Haus mit weißem Gartenzaun. Ich würde keine Waffen mehr tragen und keine Mörder mehr jagen, sondern ein spießiges Familienleben führen.
    Phin zog die Hand weg. »Ich ruf den Arzt an und frag ihn, was wir mit deinem Blutdruck machen sollen.«
    »Kannst du dich nicht erst ein bisschen zu mir setzen?«
    Er verließ das Zimmer. Sofort plagten mich Schuldgefühle, und ich fragte mich zum wiederholten Male, warum ich nicht zu seinem Heiratsantrag Ja gesagt hatte.
    Ich watschelte in mein Arbeitszimmer zurück, ließ mich hinter meinen Schreibtisch plumpsen und starrte den Computer an. Ich wollte schon Notepad öffnen und mir ein paar Notizen machen, aber dann entschied ich mich für die altmodische Methode und nahm Zettel und Stift zur Hand. Dann schrieb ich mir zu dem ersten Mord ein paar Stichpunkte auf.
          
Name des Opfers: Jessica Shedd
               
Leichenfundort: Hing von der Kinzie-Street-Eisenbahnbrücke über dem Wasser
               
Todeszeitpunkt: 31. März ungefähr zwischen 1:30 Uhr und 2:30 Uhr morgens
               
Todesursache: Blutverlust als Folge extremer Gewalteinwirkung und Verstümmelung
               
Entdeckt um 6:40 Uhr von einem Jogger
               
Buch in Plastikbeutel, mit Draht an Brustkorb befestigt
               
Aufschrift auf Plastikbeutel: Für Jack D – Wir werden das Kind schon schaukeln – LK
               
Buchtitel: Der Feuerteufel, von Andrew Z. Thomas
               
Eine Seite mit Eselsohr markiert: Seite 102
               
Erster Buchstabe »n« auf der Seite mit Kringel versehen
               

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