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Klammroth: Roman (German Edition)

Klammroth: Roman (German Edition)

Titel: Klammroth: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isa Grimm
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noch mehr geben, Menschen die von weit her dem tadellosen Ruf des Avila-Instituts gefolgt waren.
    Er drehte sich wie in Trance einmal um sich selbst, betrachtete die weißen Kacheln, den Abfluss im Boden, das Gitter der Lüftung. Dann blickte er wieder in den Gang.
    Mit einem Zischen öffnete sich die vordere Tür.
    Das dunkelrote Rechteck stand wie ein blutüberströmter Monolith in all dem Weiß, so, als könnte das Licht aus der vermeintlichen Schleuse nicht nach außen dringen. Als gäbe es da eine unsichtbare Membran zwischen zwei unvereinbaren Welten.
    Auf seiner Seite befand sich das Reich des wahren Schmerzes, das dämmerte Erik jetzt. Er wusste nicht, was hier geschah, doch er war sicher, dass er ins Herz des Avila-Instituts vorgestoßen war. In seine weiß gekachelte Herzkammer.
    Er machte einen Schritt auf die innere Tür zu. Noch lagen fünf Meter Korridor zwischen ihm und dem Ausgang.
    Da draußen war jemand und trat endlich ins Licht.
    Er war alt und vernarbt und trug einen transparenten Regenmantel. Darunter war er nackt. Sein Körper war dürr und sehnig, die Waden unter dem Kunststoff mit wulstigen Narben bedeckt.
    Erik war nicht schockiert, nur überrascht.
    Der alte Mann betrat den Gang und zog einen rotglühenden Schweif aus Licht mit herein. Hinter ihm glitt die Schiebetür zu.
    » Sie sind das«, flüsterte Erik.
    Die vernarbten Lippen des Alten verzogen sich zu einem Lächeln.
    Erik setzte sich in Bewegung.

31
    In der Dunkelheit der Küche sah Anais die Oberfläche des Regenmantels schimmern. Die Schatten des Zimmers entzogen der Gestalt alle Farben. Die Kapuze war nach hinten geschlagen und entblößte einen kahlen Schädel voller Narben.
    »Sie haben die Schlüsselkarten gefunden«, sagte von Stille zufrieden.
    Sie hielt das Messer vor ihren Körper, ohne ihn unmittelbar zu bedrohen. Sie wollte nur, dass er es bemerkte. Sogar in dieser Finsternis brach sich ein Glimmen auf der Klinge.
    »Haben Sie Sternberg deshalb aus dem Büro geholt?«
    »Was dachten Sie? Glauben Sie allen Ernstes, dass ich mit diesem Kretin noch irgendetwas zu besprechen hätte? Er war immer nur der Handlanger Ihrer Stiefmutter. Ein Mann ohne Vision und Initiative.«
    »Er hofft, dass Sie ihm das Stille Haus überlassen.« Sie redete nur, um ihn abzulenken. Langsam machte sie einen Schritt zur Seite, um so rasch wie möglich an ihm vorbei zur Tür zu gelangen. Ihr Rücken schmerzte höllisch, und sie war nicht sicher, wie schnell sie noch sein würde.
    »In der Tat«, sagte er.
    »Werden Sie es ihm geben?«
    Von Stille schüttelte den Kopf. »Dieses Haus ist nicht für ihn bestimmt.«
    »Ich bin dort gewesen. Es ist nur noch eine Ruine.«
    »Es hat Sie angezogen, nicht wahr? Es ist ein Mahlstrom.«
    Sie erinnerte sich nur zu gut an den seltsamen Zwang, den sie im Inneren des Gemäuers gespürt hatte. »Nein«, log sie. »Es ist einfach nur ein altes Haus.«
    Sein Lachen klang wie das Knarren einer Tür, die sich langsam vor ihr öffnete. »Theodora hatte es sich verdient. Das Haus und jede andere Unterstützung, die ich ihr geben konnte. Aber Sternberg wird die Klinik zugrunde richten, all das, was Ihre Stiefmutter aufgebaut hat.«
    »Sie scheinen sich da sehr sicher zu sein.«
    »Allein wird er es nicht wagen, zu tun, was sie getan hat. Sternberg befindet sich in einem Dilemma: Er hat Theodoras Methoden niemals gutgeheißen, weiß aber, dass er ohne sie nicht weit kommen wird. Das Institut wäre dann wieder eines von vielen, und so wird es wohl geschehen.« Er schien einen Augenblick zu überlegen. »Ich sollte nicht ungerecht sein. Eine seiner angenehmeren Charaktereigenschaften ist seine Verschwiegenheit. Heutzutage keine Selbstverständlichkeit, fürchte ich.«
    »Ich will mit alldem nichts zu tun haben, wirklich nicht«, sagte sie.
    Er machte keine Anstalten, ihr den Weg zur Küchentür zu versperren. Trotzdem war da etwas an ihm, das ihre Sinne elektrisierte. Ihr Blick huschte über den Regenmantel; er schien trocken zu sein, demnach kam er nicht von draußen. Warum trug er ihn dann? Es war zu dunkel in der Küche, um zu erkennen, was er darunter anhatte.
    Dass sie das Messer mitnahm, entging ihm gewiss nicht, auch wenn er es nicht ansah und nur in ihre Augen blickte. Er war uralt, aber ihr Bauchgefühl mahnte sie, wachsam zu bleiben.
    »Warum sind Sie dann hier?«, fragte er. Langsam drehte er sich mit ihr, während sie sich an ihm vorbei bewegte. Er hätte nur den Arm nach ihr ausstrecken müssen. Eine innere

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