Klappe, Liebling!: Roman (German Edition)
Schließlich war es ihr Leben. Aber ich schwöre, ich hätte nie gedacht, dass Connor irgendetwas tun würde, was sie verletzt. Connor liegt etwas an ihr und Pepper; Daisy war für ihn immer wie eine kleine Schwester, und ich hätte schwören mögen, dass er ihnen nie wehtäte.«
Wilder blickte noch immer verwirrt drein. »Ich dachte, Sie leben in New York.«
Lucy schrak aus ihren Überlegungen auf. »Das stimmt auch, aber das ist ja nicht auf einem anderen Planeten. Ich habe mich für New York entschieden, aber ich hätte auch mit ihnen nach L. A. gehen können …«
»Gefällt Ihnen L. A.?«
»Ich hasse L. A.«
Wilder nickte verstehend. »Hat Daisy Sie um Hilfe gebeten?«
»Nein«, erwiderte Lucy leicht verärgert. »Aber sie ist meine kleine Schwester …«
»Wann haben Sie denn gemerkt, dass sie in Schwierigkeiten steckt?«
Na, wir werden ja plötzlich richtig gesprächig , dachte Lucy. »Sie rief mich Samstag an, vor drei Tagen, und bat mich, hier runterzukommen und bei dieser Katastrophe hier Regie zu führen. Sie meinte, es wäre eine gute Gelegenheit.«
»Und Sie haben Ja gesagt.«
»Nein«, widersprach Lucy. »Ich sagte Nein. Ich arbeite nicht gern an Spielfilmen. Aber dann kam Pepper ans Telefon und weinte, dabei ist sie keine Heulsuse. Also habe ich Ja gesagt.«
»Also sind Sie gekommen, sobald Sie ahnten, dass da etwas nicht stimmt«, stellte Wilder fest und nickte wieder.
Lucy suchte sich in ihrem Sessel eine andere Stellung. »Wissen Sie, mir war klar, dass Connor großen Einfluss auf sie hat. Ich habe sie nie von ihm weggekriegt.«
»Wie alt ist Daisy?«, fragte er.
»Dreißig.« Lucy schüttelte den Kopf. »Ja, ich weiß, sie ist erwachsen. Aber das heißt nicht, dass ich sie nicht trotzdem im Stich gelassen habe. Ich hätte ihr schon vorher vorschlagen sollen, bei mir zu wohnen, für Pepper eine ordentliche Schule zu finden, ihr dabei helfen, mit allem zurechtzukommen, und das habe ich versäumt. Ich war zu egoistisch.« Sie lehnte sich zurück, fühlte sich plötzlich müde. »Wir haben eine etwas bewegte Geschichte hinter uns. Als sie achtzehn war, sagte sie mir, ich sollte mich verpissen. Tja, ich hatte mich von Connor scheiden lassen, und sie entschied sich für ihn anstatt für mich. Ein großer Bruder war ihr wichtiger als eine große Schwester.« Sie überlegte. »Na ja, das ist nicht ganz fair. Sie entschied sich, zu bleiben und an ihrer eigenen Karriere bei den Spielfilmen zu arbeiten und nicht mit nach New York zu kommen und sich meiner Karriere in der Werbung unterzuordnen. Das macht schon Sinn. Sie hatte einen Job, und warum sollte sie ihrer großen Schwester nachlaufen, vor allem, wenn die vor die Hunde geht.« Lucy versuchte zu lächeln. »Alter Familienscherz. Meine Spezialität ist die Arbeit mit Tieren. Ich mag Hunde.«
Wilder nickte, entspannte sich in seinem Sessel.
»Tut mir leid«, unterbrach sich Lucy. »Ich schwätze und schwätze, aber der Punkt ist, dass Daisy jetzt in Schwierigkeiten steckt, und ich fühle mich verantwortlich dafür, sie und die Kleine in Sicherheit zu bringen. Und wenn man bedenkt, dass hinter allem, was hier vor sich geht, Finnegan steckt und dass er Sie von den Dreharbeiten weghaben wollte und dass man, direkt nachdem ich das abgelehnt hatte, mit einem Messer auf Sie losgegangen ist …« Lucy schluckte und versuchte, etwas munterer zu klingen. »Na ja, das heißt wohl, dass ich jetzt auch Sie in Sicherheit bringen muss.«
Wilder blickte mit einem Ruck auf.
»Na ja, ich führe die Regie«, erklärte Lucy. »Sie fallen jetzt auch unter meine Verantwortlichkeit.«
»Nein, tue ich nicht«, entgegnete Wilder. »Diese Schlägerei in der Bar, das könnten auch einfach normale, dumme Arschlöcher gewesen sein. Nichts, worüber man sich noch Gedanken machen müsste. Über mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Das mit Ihrer Schwester ist etwas anderes. Was stimmt denn mit dem Film nicht?«
»Oh Gott, wo soll ich da anfangen?« Lucy goss sich noch einen Drink ein und bot auch Wilder einen an. Als er den Kopf schüttelte, stellte sie die Flasche hin und sprach weiter. »Tja, jeder, der etwas Verantwortungsgefühl besaß, kündigte, als der alte Regisseur starb, und ich glaube, sie wollten alle weit weg sein, wenn die Bombe hochgeht, welche auch immer. Was wohl bald passieren wird.«
»High Noon« , sinnierte Wilder. »Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.«
»Nein, nicht Sie auch noch«, stöhnte Lucy. »Hat denn jeder diesen
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