Klappe, Liebling!: Roman (German Edition)
scharf Luft. »Okay, okay, keine Panik. Was sollen wir tun?«
Wilder hätte gerne gesagt: Sie gehen zurück ins Lager, und ich gehe in den Wald , aber er wusste, dass sie ihm nicht gehorchen würde. »Wenn Sie mit mir kommen wollen, dann als Mitglied meines Teams, nicht als durchgedrehte Tante, verstanden?«
»Ja«, kam es von Armstrong, und als er ihr in die Augen blickte, sah er unverhüllte und nur mühsam gebändigte Angst in ihnen und verstärkte seinen Griff um ihre Schultern.
»Sie bleiben hinter mir«, befahl er mit ruhiger Stimme.
»Sie beobachten, was hinter meinem Rücken vorgeht, und falls Sie Pepper entdecken, dann rennen Sie nicht zu ihr hin, solange ich es Ihnen nicht erlaube.«
Sie schluckte und nickte. »Ja, in Ordnung.«
Ihre Stimme klang jetzt ruhiger und nicht mehr eine Oktave zu hoch, und er ließ sie los und wandte sich wieder dem Weg zu. Er gab sich eine Chance von fünfzig Prozent, dass sie seinen Anweisungen folgen würde.
Okay, Pepper war auf der Suche nach einem Maulwurf, und sie wollte im Wald suchen, wahrscheinlich auf dem Boden und in den Büschen …
Gebückt bewegte er sich in den Wald hinein, um zu sehen, was sie wohl gesehen hatte. Dabei umkreiste er das Lager im Uhrzeigersinn und spähte im Dämmerlicht nach verräterischen Anzeichen. Er fühlte, dass Armstrong ihm dichtauf folgte, und das war gut. Er stieß auf einen alten Trampelpfad, der tiefer in den Wald hineinführte, und blieb stehen. Todeszone – so würde man einen solchen Pfad in der Ranger-Schule nennen. Aber als was würde eine Fünfjährige diesen moosbewachsenen Pfad unter den riesigen Eichenbäumen ansehen?
Als eine Einladung zur Maulwurfsjagd.
Wilder ließ sich auf die Knie nieder und kroch ein Stück weit den Pfad entlang, wobei er sowohl mit den Händen als auch mit den Augen im Widerschein der Lagerlampen den Boden absuchte. Er fand Peppers Spur, eine schwache Vertiefung. Sachte fuhr er mit der Fingerspitze darüber und befühlte sie. Dann die nächste. Die Spur wies den Pfad hinunter, fort vom Lager.
Wilder erhob sich wieder. »Sie ist hier entlanggegangen.«
»Ich hole eine Taschenlampe«, schlug Armstrong vor.
»Nein. Verdirbt die Nachtsicht. Ich kenne diese alte Stra ße. Ich habe meinen Jeep da hinten im Gebüsch ein Stück weit vom Sumpf entfernt geparkt. Wenn wir Glück haben, ist sie dorthin gegangen, nach links, in den Wald hinein.«
»Wieso …«, begann Lucy, brach dann ab und überlegte. »Sie schlafen hier draußen anstatt im Hotel«, stellte sie fest.
Wilder nickte und begann den Pfad entlangzugehen, wobei sein Blick ständig nach links und rechts schweifte. Er versuchte zu erkennen, ob es eine Stelle gab, an der das kleine Mädchen die alte Straße verlassen haben könnte. Er hoffte sehr, dass sie nicht nach rechts abgebogen war, denn dort war der Sumpf und – Kreaturen wie »Müßig«. Nach links wäre es besser. Sicherer. Dort war der Wald.
Maulwurfsjagd, Himmel noch mal . Wilder überlegte, dass Kinder in Peppers Alter wohl alles wortwörtlich nahmen. Er würde das in Zukunft berücksichtigen müssen.
»Lassen Sie mich nach ihr rufen«, flüsterte Armstrong hinter ihm. »Sie wird kommen, wenn ich sie rufe.«
»Nein. Ich lausche lieber. Hören ist in der Nacht wichtiger als Sehen.« Und man weiß nie, was da draußen sonst noch lauert .
Er bewegte sich wieder vorwärts, machte kleine Schritte, ließ den Blick schweifen und konzentrierte sich auf alles, was er seitlich indirekt aus den Augenwinkeln wahrnahm, denn auf diese Weise war die Nachtsicht besser. Ein kleiner orangefarbener Fleck erregte seine Aufmerksamkeit, und er trat näher heran. An einem Palmenzweig hing eine Chips-Tüte. Natürlich rechts vom Pfad. »Wie hieß dieses Märchen, in dem jemand eine Spur von Brotkrumen hinterließ?«
»Hänsel und Gretel.«
Wilder deutete auf die Tüte. »Ich nehme an, Pepper kennt es.«
Armstrong wollte nach der Tüte greifen, aber Wilder packte ihre Hand und hinderte sie daran. »Lassen wir sie hängen, falls Pepper sie hinterlassen hat.«
Wilder konzentrierte sich wieder auf das, was vor ihnen lag. Er drang ins Unterholz ein, dann hörte er plötzlich ein leises Plopp-Geräusch, das weder für den Wald noch für den Sumpf typisch war. »Bleiben Sie zehn Meter hinter mir«, flüsterte er Armstrong zu und schlich voran, und sobald er für sie außer Sicht war, zog er die Glock . Der Boden senkte sich leicht, und bald war er sowohl von Bäumen als auch von Sumpf umgeben –
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