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Klappohrkatze auf Reisen

Klappohrkatze auf Reisen

Titel: Klappohrkatze auf Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Gethers
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leben und zu wissen, wie einfach und stressfrei man in die tollste Stadt der Welt kommt.
    Norton war ein großer TGV -Fan. Menschen müssen Sitzplätze reservieren, Haustiere dagegen nicht. Und da der Zug nicht nur auf Tempo, sondern auch auf Komfort ausgerichtet ist, gibt es breite, weich gepolsterte Armlehnen, die heruntergeklappt die perfekte Sitzgelegenheit für Scottish Folds bieten. Norton konnte sich auf der Armlehne ausstrecken und seiner absoluten Lieblingsbeschäftigung frönen: aus dem Fenster in die Landschaft zu gucken, während der Zug mit hundertsechzig Kilometer pro Stunde dahinraste. Da die Fahrt nur drei Stunden dauerte, brauchte er nicht einmal ein Katzenklo.
    Dies war unser erstes Wochenende in der Großstadt, seit wir nach Goult gezogen waren, und wir beschlossen es zu genießen. Wir übernachteten im L’Hôtel, einem wunderschönen Hotel am linken Seineufer in der Rue des Beaux-Arts, berühmt als das Haus, in dem Oscar Wilde starb. Es ist sogar möglich, im selben Raum – und Bett – zu schlafen, in dem Oscar Wilde starb. Ich bin mir aber nicht ganz sicher, warum irgendjemand das tun sollte. Die Zimmer sind winzig (es sei denn, man nimmt die Suite im obersten Geschoss, die riesig ist und aussieht wie ein sehr stilvolles Bordell des 19. Jahrhunderts; leider ist der Preis eher wie in einem modernen Bordell), aber voller Antiquitäten und mit Unmengen von leuchtend rotem und grünem Samt ausgestattet. Irgendwie funktionieren die Farben, obwohl sie einen Hauch überwältigend wirken. Als der Portier die Tür zu unserem Zimmer aufmachte, sagte er leise:
    »J’espère que vous aimez la couleur rouge« – »Ich hoffe, Sie mögen Rot.«
    Es war eine berechtigte Frage, denn alles in unserem kleinen Zimmer war leuchtend schockrot. Die Tapete, die Tagesdecke, die Stühle, die Handtücher. Wir gewöhnten uns sehr schnell daran, ich muss allerdings zugeben, dass noch mehrere Tage nach unserer Abreise alles, was wir sahen, ziemlich fade und farblos wirkte.
    Wie üblich war das Hotel total hingerissen von der Katze. Wenige Minuten nach dem Einchecken schickte der Concierge ein Schälchen Milch für Nortons Cocktailstunde nach oben. Nur sicherheitshalber sah ich nach, ob Janis oder ich irgendwelches Obst oder Schokolade bekommen hatten, aber wie immer war le chat der einzige, der Kalorien aufs Haus geschenkt bekam.
    Am ersten Tag unseres Aufenthalts machten wir eine Menge Weihnachtseinkäufe in den Antiquitätenläden auf der benachbarten Rue Jacob und der weiter entfernten Rue St. Paul im Marais. Dort gab es einen Laden, der mich besonders beeindruckte. Sie erinnerten sich von früheren Einkaufstouren – die ich machte, um Janis etwas mitzubringen, wenn ich ein besonders schlechtes Gewissen hatte, dass ich ohne sie dort war – an mich und sogar noch an die meisten Dinge, die ich im Lauf der Jahre dort gekauft hatte, wodurch ich mich zugegebenermaßen so weltmännisch wie nur irgend möglich fühlte. Sie hatten eindeutig keine Ahnung, wie ich hieß, aber sie erinnerten sich an meinen Einkaufsgenossen. Als ich mit einer Stofftasche über der Schulter eintrat und eine graue Katze ihren Kopf aus der Tasche steckte, begrüßte man uns mit den warmen Worten:
    »Bonjour, monsieur! Et bonjour, monsieur Norton! Ça va?«
    Es funktioniert immer.
    Am Abend vor Thanksgiving traf sich Norton mit seiner französischen attachée de presse . Klappohrkatze sollte bald in Frankreich herauskommen, und die Lektorin, eine Amerikanerin namens Nina Salter, die beim Pariser Verlagshaus Albin Michel arbeitete, fand es angezeigt, dass Norton die Frau kennenlernte, die die Werbung für sein Buch machen würde.
    Janis, Norton und ich gingen in ein Restaurant namens Le Square Trousseau, ein verrauchtes Bistro nahe der Bastille, voll von Showbusiness- und Verlagstypen. Nina und Kathy, die Presseagentin, waren dort Stammgäste, aber das Lokal war rappelvoll, und selbst um halb zehn abends mussten wir an der Bar einen Drink nehmen, bevor wir einen Tisch bekamen. Für Norton kein Problem. Er setzte sich auf einen Hocker am Ende der Bar, und sein kleiner Kopf guckte gerade über die Messingstange. Kathy saß neben ihm, streichelte ihn und war ganz eindeutig verliebt. Wie denn auch nicht. Mit Norton auszugehen ist ein Vergnügen.
    Das Dinner verlief reibungslos, denn die Beziehung zwischen Norton und seiner Presseagentin erwies sich als wahre Liebe. Norton saß auf einem eigenen Stuhl und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen –

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