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Klappohrkatze auf Reisen

Klappohrkatze auf Reisen

Titel: Klappohrkatze auf Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Gethers
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anderes zu tun als in der Manege im Kreis zu traben.
    »Hoch, JoJo!«, rief der Direktor mit Donnerstimme, und JoJo trabte ein bisschen weiter.
    »JoJo! Wie viel ist zwei plus zwei?«, fragte der Direktor. Entweder habe ich mich doch verzählt, und JoJo ist tatsächlich viermal im Kreis getrabt, oder aber, und das ist wahrscheinlicher, JoJo hatte keine Ahnung, wie viel zwei plus zwei ist. Das hielt den Zirkusdirektor nicht davon ab, allen dafür zu danken, dass sie JoJo, dem genialen Pferd, zugeschaut hatten ( »Mes amis, messieurs, mesdames, les enfants, JoJo le cheval génie!« ) und dann die intelligentesten Affen der Welt anzukündigen. Deren ganze Nummer bestand daraus, ihr Futter vor der hingerissenen Menge so schnell und unappetitlich wie nur möglich zu verschlingen.
    Während der Affennummer begann Norton sich ein wenig zu langweilen. Ihm dämmerte wohl langsam, dass er es, falls diese Tiere einigermaßen von ihrem Job leben konnten, zum Millionär bringen konnte, wenn er von Zuhause weglief und sich einem französischen Zirkus anschloss.
    Und das war der Moment, als er seinen Augenblick im Rampenlicht bekam.
    Das Publikum war nicht besonders groß. Ich würde sagen, vielleicht zwanzig kleine Kinder, zwei oder drei Mütter und wir. Aber als ich den Zirkusdirektor ins Mikrofon sagen hörte: »Monsieur! Monsieur, s’il vous plaît« , dachte ich mir zunächst nichts dabei. Jedenfalls nicht, bis Janis mich darauf hinwies, dass er mit mir redete, da ich der einzige erwachsene monsieur im Saale war.
    »Monsieur« , wiederholte er, als er meine Aufmerksamkeit hatte.
    »Kommen Sie«, sagte er. »Venez.«
    Hätte ich gewusst, was mir bevorstand, hätte ich Norton bestimmt nicht mit in die Manege genommen, aber ich erwartete wirklich nichts anderes als ein halbwegs komisches Geblödel. Ich dachte mir, selbst wenn ich irgendeine körperliche Tätigkeit ausüben musste, könnte ich einfach schnell etwas herunterschlingen oder zweimal um die Manege joggen, wenn sie mich fragten, wie viel eins plus eins ist. Selbst als sie das Kamel in die Manege holten, begriff ich immer noch nicht, was von mir erwartet wurde. Erst als das Kamel sich hinkniete und einer der Clowns mich zu ihm führte, wurde mir klar, dass ich auf das Tier steigen und ums Zelt reiten sollte.
    Norton benahm sich wie ein alter Hase, das muss man ihm lassen. Er blieb auf meinem Arm, als der Clown uns auf den Kamelrücken hievte. Ich hielt mit einer Hand die Katze und mit der anderen den Kamelhöcker fest. Als das dromadaire immer schneller in der Manege umherrannte und Norton immer entspannter wurde, gerieten die Kinder im Publikum immer mehr außer Rand und Band. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich aus dem Augenwinkel Janis unkontrolliert lachen sah, obwohl sie mir später schwor, sie sei beeindruckt gewesen, wie gut ich meine Würde bewahrt hatte.
    Ich aber erinnere mich hauptsächlich an den Zirkusdirektor, dem klar wurde, dass ihm trotz all seiner dressierten Elefanten, Affen, Pferde und Hunde eine Amateurkatze die Show stahl. Aber eins muss man ihm lassen, er bewahrte Haltung. Er trat zur Seite und begann ins Mikrofon zu brüllen, während wir vorbeiritten und die Beifallsrufe lauter und lauter wurden und Norton immer gerader auf dem Kamelrücken saß.
    »Meine Damen und Herren, Jungen und Mädchen«, sagte er. »Messieurs et mesdames, les enfants, mes amis! Je vous présente le monsieur et son chat extraordinaire!«

6. Kapitel
Eine Katze an der Riviera

    D as Seltsamste am Leben im Ausland ist, dass man während der Feiertage nicht zu Hause ist.
    Ich hänge sehr an Traditionen. Jeden Heiligabend gehe ich zum Dinner zu meinen Freunden Glen und Sharon. Am ersten Dezemberwochenende schmeiße ich eine Waffeln-und-Champagner-Party und zwinge alle, die ich kenne, dazu, sich Ist das Leben nicht schön? anzugucken. Thanksgiving ist mir der liebste Feiertag von allen, und schon seit zehn Jahren besuche ich dann meine Freunde Kathleen und Dominick (die vom traumatischen Norton-Such-Tag), wir verspeisen ein großes Festmahl, trinken viele Flaschen köstlichen Portwein und spielen wilde Scharaden. Im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass Thanksgiving für mich der schönste Tag des Jahres ist.
    In Frankreich gibt es kein Thanksgiving. Ich hatte das schon einmal erlebt, als ich an der Universität von London studierte. Ich versammelte ein paar amerikanische Studenten in meiner Bude, dazu ein paar neu gewonnene britische Freunde. Wie sich herausstellte,

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