Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
»Nicht dass ich es verhexen will«, sagte Steve, »aber es sieht so aus, als hätten wir es mit einem Bestseller zu tun.«
Der nächste Tag war 9/11 – und viele Monate lang hörte die Welt, wie wir sie kannten, erst einmal auf zu existieren. Schließlich brachte ich den Mut auf, Steve zu sagen, dass er nicht nur mein Buch, sondern die gesamten Vereinigten Staaten verhext hatte.
Also, wenn ich all das erzähle, dann nicht, um zu jammern und zu wehklagen, dass die Terroristen meinen Buchverkäufen geschadet haben. Es gibt da so eine kleine Sache, die ich »das rechte Maß« nenne. Ich lebe in Downtown Manhattan, ziemlich nahe an der Stelle, wo einst das World Trade Center stand, und, glauben Sie mir, so selbstsüchtig oder egozentrisch bin ich dann doch nicht. Am 12. September lag ich nicht unter Tonnen von Schutt begraben, ich habe bei dieser Tragödie keinen meiner engsten und liebsten Angehörigen verloren und wusste daher, dass ich keinen Grund hatte (und habe), mich über irgendetwas zu beklagen. Was ich aber machen musste, ich musste auf eine Werbetour gehen. Und das tat ich auch zwei oder drei Wochen später.
Zunächst wollte ich darum bitten, die Tour abzusagen. Vergessen Sie, dass die Medien sowieso nur über biologische Kriegsführung, Bomben- und Anthrax-Anschläge reden wollten und darüber, wie wir es den Übeltätern heimzahlen würden. (Oder vielmehr, lassen Sie es uns einen Moment lang nicht vergessen. Wenn wir schon beim Thema sind: Was ist eigentlich aus den Ermittlungen zu den mit Anthrax-Erregern verseuchten Briefen geworden? Wie kommt es, dass nie jemand davon spricht, dass wir nicht die geringste Ahnung haben, wer für das alles verantwortlich war und nicht einmal ansatzweise ahnen, wer das Zeug mit der Post verschickte? Und wie kommt es, dass nie jemand zur Sprache bringt, dass der einzige Grund, warum wir in Afghanistan einmarschiert sind, der war, Bin Laden zu finden? Der einzige Grund. Und dann haben wir ihn nicht gefunden. Und dann erzählte man uns, dass es keine Rolle spielte, ob wir ihn fanden oder nicht, er sei nicht mehr wichtig. Und, okay, okay, das wird jetzt keine politische Abhandlung – es gibt sehr viel qualifiziertere Beobachter als mich, die sich zu diesen Sachen äußern können –, aber ich neige dazu, ins Meckern zu kommen. Also wüsste ich doch zu gern, warum wir zuerst beschlossen haben, dass alle Terroristen böse sind und man entweder für uns oder gegen uns ist im Kampf gegen den Terrorismus, natürlich darf man gegen uns sein, wenn man uns finanziell nützlich ist, oder in irgendeiner Form, die womöglich mit Öl oder mit Wählerstimmen zu tun hat. Dann ist es nur ein bisschen schlimm, dass man Terroristen unterstützt oder selbst Terrorist ist , wir werden es einfach ignorieren und wegschauen. Ich frage ja nur, verstehen Sie?)
Jedenfalls …
Wegen der Unbeständigkeit der Weltlage wusste ich, dass ich auf meiner Tour von den Medien ignoriert werden würde, aber ich hatte mich verpflichtet, in Buchhandlungen in vielen Teilen des Landes aufzutreten, und ich fand es nicht sonderlich fair, sie hängen zu lassen, besonders da eine Menge andere Leute sie hängen ließen, weil alle Angst vorm Fliegen hatten (oder, um nicht allzu zynisch von Autoren auf Lesereise zu reden, Angst, zwei Stunden am Check-in auf dem Flughafen anzustehen und es furchtbar unbequem zu haben). Trotzdem war ich in dieser Sache hin- und hergerissen. Ich wollte die Leute in den Buchhandlungen weder kränken noch enttäuschen, aber ich wusste einfach nicht, ob das, worüber ich reden sollte – meine zutiefst kranke Beziehung und Liebe zu meiner verstorbenen Katze –, jetzt überhaupt irgendjemanden interessierte. Es erschien mir so … trivial.
Also startete ich einen Probelauf.
Ich las in einer Buchhandlung in Sag Harbor.
Ich war wegen dieses öffentlichen Auftritts extrem nervös, bis ich etwa eine Stunde, bevor ich mich auf den Weg machte, mit meiner Freundin Adrienne Harris sprach (Nachbarin, Psychologin, Gärtnerin, Baseballfan – was gibt es Besseres?). Ich erzählte Adrienne, dass es mir besondere Sorgen machte, dass, von allem anderen einmal abgesehen, meine vorbereitete Rede – selbst wenn es dabei letzten Endes um Nortons Tod ging – eigentlich wirklich witzig sein sollte. Ich sagte zu ihr: »Ich weiß nicht, ob im Moment irgendjemand in der Stimmung für Witze ist.«
Und sie sagte: »Soll das ein Scherz sein? Wir sehnen uns danach zu lachen.«
Wie sich herausstellte, hatte
Weitere Kostenlose Bücher