Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
angesichts solcher ausgesuchten Gemeinheiten gute Chancen für dort oben ausrechne, aber ich entschied mich für den klügeren Kurs. Ich warf den Brief weg.)
Einige Leute schickten mir Informationen über Selbsthilfegruppen und Berater bei Haustierverlust, was ich ebenfalls zu schätzen wusste, aber nicht in Anspruch nahm. Ich konnte mir nicht vorstellen, mich vor einer Gruppe weinender Tierliebhaber zu erheben und zu sagen: »Hi, ich bin Peter. Ich bin katzenlos.«
Jemand schickte mir die Kopie einer Seite aus dem Gesundheitsnewsletter der Mayo-Klinik, in dem es um Haustierverlust und Trauer ging. Darin gab es hilfreiche kleine Tipps, was man zu einem Freund sagen sollte, dem ein Tier gestorben war. Ich erfuhr, dass man, wenn man jemanden trösten will, sagt: »Es tut mir leid, von deinem Verlust zu hören.« Man sagt nicht: »Du kannst dir doch jederzeit ein anderes Tier anschaffen.« Guter Tipp.
Dieser Flyer der Mayo-Klinik belehrte mich außerdem, dass ich überrascht sein würde über die Tiefe meiner Trauer (da trafen sie den Nagel voll auf den Kopf, das muss ich ihnen lassen), dass es Hotlines und Websites für Tierhinterbliebene gab und Bücher und Videos, die mir alle helfen könnten, damit fertig zu werden.
Ich hatte keine Ahnung, dass tote Tiere so ein großes Geschäft waren. Ich war überrascht, so viele spirituelle Botschaften zu bekommen, die aus fertig vorgedruckten Beileidskarten zu genau diesem Anlass bestanden. In den meisten davon ging es nicht nur um Tod und Sterben, sie waren speziell auf den Tod eines Haustieres zugeschnitten. Ich erhielt tonnenweise schicke Karten, auf die in sehr verschnörkelter Schrift Sachen gedruckt waren wie: »Wir kondolieren zum Tod einer ganz besonderen Katze.« Viele davon stammten offensichtlich von einer Firma mit dem Namen Pet Love (in deren Logo das O in »love« ein Herz ist). Es gab eine Menge Fotos von Katzen, die vor einem Fenster sitzen und von der Sonne in himmlischen Glanz getaucht sind. Außerdem gab es etliche friedliche Katzen, die sich auf flauschigen Kissen lümmelten. Die Gedichte, die zu den Karten gehörten, handelten fast immer davon, wie wir den Fressnapf des Lebens wieder auffüllen und die miauende Seele streicheln sollten, die weiterleben würde, und dass Katzenpfötchen auf ewig leise auf unserem Herzen tanzen würden.
Ich erhielt viele, viele Kopien eines inspirierenden Gedichts oder Essays – ich bin mir nicht ganz sicher, was es sein soll – mit dem Titel Rainbow Bridge . Ich meine, ich hatte bestimmt fünfzig davon in der Post. Die Absicht weiß ich zu schätzen, aber immer wenn ich zu der Stelle mit den Wiesen und Hügeln komme, auf denen unsere speziellen Freunde spielen, wird mir ein bisschen schwummrig. Mir wird immer schwummrig, wenn ich die Formulierung »unsere speziellen Freunde« lese. Obwohl ich nicht daran glaubte, dass Norton über die Regenbogenbrücke in den Himmel gelangt war, war ich doch froh, dieses Gedicht gesehen zu haben. Es brachte mich dazu, mich meinen eigenen Gefühlen zu stellen und meine eigene Perspektive zu definieren. Es brachte mich dazu, die Tatsache zu akzeptieren, dass ich wirklich daran glaubte, dass wir leben und sterben und dass alles dazwischen nicht immer perfekt ist, aber dass es alles ist, was wir haben, und wir es wertschätzen sollten. Ende der Geschichte. Manche Menschen sind vielleicht anderer Meinung, mich aber tröstete diese Erkenntnis tatsächlich. Ich musste nicht wehmütig vom freudigen Wiedersehen auf grünen Wiesen irgendwo da oben im Himmel träumen.
Ich trauerte um meinen Kater und trauere immer noch um ihn. Meinen Trost beziehe ich daraus zu wissen und zu akzeptieren, dass meine Traurigkeit echt ist. Und von Herzen kommt. Ich trauere um das, was ich verloren habe, während ich gleichzeitig feiere, was ich hatte. Ich will mich nicht besser fühlen, indem ich in meine Beziehung zu Norton mehr hineindichte, als sie tatsächlich ausmachte. Oder mir vormachen, dass noch mehr kommt.
Das brauche ich nicht.
Was uns verband, war stark genug, um ewig zu halten.
Ungefähr eine Woche nach dem Tod meines Katers musste ich die Asche in der Tierklinik abholen. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich darauf freute, aber als sie anriefen und sagten, es sei an der Zeit, ging ich hin und holte »ihn«. Die Dame am Empfang händigte mir eine kleine graue Pappschachtel aus, die so gut wie nichts wog und mit einer roten Schleife zugebunden war, als handele es sich um ein Weihnachtsgeschenk.
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