Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
gar nicht in Frage, dass ich zum Tierarzt gehe« besagt? Die Antwort ist Nein. Natürlich ist bei Katzen nicht nur die Körpersprache weniger gehemmt als bei uns, sie sprechen auch in Befehlen, was das Leben vereinfacht, zumindest für sie. Die einzige Frage, die mir einfällt, die eine Katze vielleicht stellen könnte, ist: »Bist du okay?« Und falls nicht, ist das darauffolgende Miau in der Regel eine weitere Anweisung: »Dann rutsch rüber, damit ich mich an dich kuscheln kann und du dich besser fühlst.« Katzen haben den Kommunikationsakt definitiv zur exakten Wissenschaft erhoben.
Machen aber Menschen den Mund auf, reiht sich Patzer an Patzer. Das im Englischen ständig falsch gebrauchte » I « statt » me « zum Beispiel. (Tipp: Wenn Sie nicht wollen, dass ich Sie in aller Öffentlichkeit bloßstelle, sagen Sie in meiner Gegenwart nie » Just between you and I « oder » Come with Freddy and I «). Und die Hinzufügung des Wörtchen » very «, also »sehr«, wenn man etwas als »einzigartig« beschreibt. Das ist dasselbe, als würde man »sehr das einzige seiner Art« sagen, was völlig unmöglich ist. Und dann die Tatsache, dass niemand zu wissen scheint, was das Wort »Ironie« bedeutet. Es heißt nicht witzig oder abfällig oder satirisch oder irgendetwas in der Art. Falls Sie mir nicht glauben, hier die Definition direkt aus dem Großen Fremdwörterbuch von Duden: »feiner, verdeckter Spott, mit dem man etwas dadurch zu treffen sucht, dass man es unter dem auffälligen Schein der eigenen Billigung lächerlich macht, indem man z. B. das Gegenteil dessen, was man meint, sagt.« Wenn es draußen regnet und Sie sagen: »Schöner Tag, nicht«, das ist Ironie. Und der Grund, warum mir das wichtig ist, ist der, dass der Originaltitel dieses Buches ( The Cat Who’ll Live Forever ) weitgehend ironisch gemeint ist, und es ist wichtig, das gleich von vornherein klarzustellen. Nichts und niemand lebt ewig. Keine Pflanzen, keine Menschen, und, was das Allerbedauerlichste überhaupt ist, keine Katzen. In gewisser Weise ist »Leben« selbst das ultimative ironische Wort, denn zu leben heißt, dass man am Ende sterben wird. Und um diese Erkenntnis, diese Erfahrung und dieses Begreifen geht es teilweise in diesem Buch.
Aber eben nur teilweise.
Ich versuche vor allem, das Gefühl und die Kraft zu übermitteln, die einem der Kontakt mit einer wirklich erstaunlichen Lebenskraft beschert.
Das alles ist aber nur eine langatmige Erklärung dafür, warum meine erste Wahl für den ersten Satz es nicht in die Endfassung geschafft hat. Das und die Tatsache, dass Ironie eine Einstellung ist, die Katzen nicht begreifen. Und obwohl dieses Buch für Menschen geschrieben ist, da Katzen nicht lesen können (Pech für mich, könnten sie es, bestünde durchaus die Chance, dass ich der reichste Mensch der Welt wäre), fand ich es unangemessen, mit etwas zu beginnen, das so sehr gegen ihr Wesen verstößt.
Eine zweite Möglichkeit war, sich fürs pure Drama zu entscheiden. Lange Zeit sollte mein erster Satz so lauten:
An dem Tag, als ich in meine Traumwohnung zog, erfuhr ich, dass meine Katze Krebs hatte.
Sie können sich der Wirkung dieses Satzes bestimmt nicht entziehen. Ich meine, es ist definitiv reißerisch. Und wie alles, was ich jemals über Norton geschrieben habe, ist es wahr. Aber letzten Endes entschied ich mich auch gegen diesen Satz. Zu traurig. Zu selbstmitleidig. Viel zu klebrig sentimental. Und definitiv nicht das, worum es in diesem Buch geht. Ganz bestimmt nicht das, worum es bei Norton geht. Was Sie zu lesen bekommen, ist, hoffe ich, alles andere als traurig. Es geht nicht um Krankheit, es geht um Gesundheit. Es geht weniger um das Trauma von Krankheit, vielmehr um die Befriedigung und die Bindungen, die entstehen, wenn wir älter werden und lernen, uns umeinander zu kümmern – und lernen, die Fürsorge anderer anzunehmen.
Jeder, der die früheren Geschichten aus meinem Leben mit Norton gelesen hat, wird Ihnen sagen, dass ich fast immer auf einen Gag hin schreibe – auf Papier wie im Leben – und auch, dass ich kein Fan falscher Gefühle bin (etliche Exfreundinnen würden sagen, dass ich auch kein Fan echter Gefühle bin). Ich bin aber ein Fan echter Emotionen, und zu meinem Glück schließt das ein Lachen nur selten aus. Deshalb ist dieses Buch keineswegs deprimierend. Es ist, hoffe ich, komisch und freudvoll und so lebensbejahend, wie es nur irgend geht, ohne zu einem Steven-Spielberg-Film zu werden.
In
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