Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
selbst damit erbrach sich Norton zeitweise ein- oder zweimal, manchmal sogar dreimal am Tag. Das war für mich im Grunde das Herzzerreißendste überhaupt, ihn husten und würgen und spucken zu hören und zu wissen, dass ich nicht mehr für ihn tun konnte, als ihn festzuhalten und ihn zu streicheln und ihn zu trösten. Häufig hörte ich ihn mitten in der Nacht auf dem Boden diesen kleinen Huster loslassen, den ich bald so gut kennen sollte. Es bedeutete, dass er etwas loswerden wollte. Er machte das nie im Bett – er sprang immer auf den Boden und versuchte es so diskret wie möglich zu erledigen –, also strampelte ich mich von der Bettdecke frei, suchte ihn und verbrachte vor dem Morgengrauen fünf oder zehn Minuten damit, ihn zu streicheln und mit ihm zu reden, um ihn (und mich) bei Laune zu halten.
Das Schwerste von allem war, meinen sturen kleinen Freund zum Pillenschlucken zu bewegen. Die Tropfen waren kein Problem, er schluckte sie wie ein Held. Er war nicht besonders wild auf die diversen Pulver, die seinem Futter beigemischt wurden, aber irgendwann bekam er schließlich doch Hunger und musste fressen. Aber die Tabletten. Verdammt, war das schwer! Wenn ich versuchte, sie schlau unter sein Futter zu mischen, und später nachsah, wenn er fertig gefressen hatte und das ganze Futter verschwunden war – dann lagen die Pillen in der Mitte des Napfes, sauber abgeleckt, aber völlig unversehrt. Wenn ich versuchte, sie ihm in den Hals zu stopfen – und darin war ich ganz schlecht; es ist das Einzige, bei dem ich nicht einmal annähernd Tierarztniveau erreichte –, war ich mir ganz sicher, dass er sie geschluckt hatte, ging zufrieden weg und sah eine Stunde später genau diese Pille auf dem Küchenfußboden liegen; er hatte es geschafft, sie nicht nur auszuspucken, sondern sie auch an einer gut sichtbaren Stelle zu deponieren, damit ich auf jeden Fall merkte, dass er mich ausgetrickst hatte. Schließlich fand ich eine Methode, sie ihm mit neunzigprozentiger Sicherheit zu verabreichen. Letzten Endes war doch ich derjenige mit dem größeren Gehirn (und falls Sie mir das glauben: Ich besitze eine Uranmine in Asbury Park, die ich Ihnen gern verkaufen würde). Mein Trick war, die Pillen in einem winzigen Klecks Erdnussbutter zu verpacken, denn die liebte Norton. Außerdem war es ziemlich lustig, ihm dabei zuzusehen, denn das Zeug war nicht nur köstlich, sondern auch klebrig, sodass er sich danach noch eine Stunde lang die Lippen leckte. Selbst mit der Erdnussbutter (cremig oder crunchy, er war da nicht wählerisch) schaffte er es gelegentlich, die Pillen auszuspucken, aber längst nicht so oft.
Damit waren meine Pflichten aber noch nicht beendet. Immer wieder musste ich eine Spritze in eine Phiole mit der Aufschrift Adrenal Cortical Extract stecken und meiner äußerst kooperativen Katze einen Schuss setzen.
Falls Sie der Drang überkommt, mich als Dr. Pete zu titulieren, akzeptiere ich diesen Beinamen, denn ich wurde auch ziemlich gut darin, Nortons Krankenakten zu lesen. Ich hatte viele Gespräche mit Dr. DeLorenzo und Dr. Goldstein, wenn ich das Fax studierte, das der eine oder die andere mir gerade geschickt hatte, und sie dann anrief und meinte: »Die Hämoglobinwerte sind ein bisschen niedrig, finden Sie nicht?« oder »Die Phosphorwerte sind im mittleren Bereich, das ist ein großer Fortschritt« oder »Der Kreatininwert ist immer noch hoch, aber schon viel niedriger als beim letzten Mal, also scheint es gut zu laufen. Vielleicht sollten wir die Nierentropfen auf OD statt OED setzen«. Ich begann, längere Gespräche über Lecithinmangel und Verdauungsenzyme und Bilirubinwerte und viele andere Dinge zu führen, von denen ich wenige Monate zuvor noch nie gehört hatte oder jemals hatte hören wollen.
Fast ebenso interessant war, wie Nortons Krankheit langsam, aber sicher mein eigenes Leben und meinen Lebensstil veränderte.
Die Wirkung von Nortons gesunder Ernährung sah ich an seinem Verhalten. Ich war zu der Überzeugung gelangt, dass sie ihm beim Überleben half. Das klang vernünftig. Wenn man seinem Körper das Gift entzog, es durch Dinge ersetzte, die nahrhaft und nährend waren, dann wäre sein Körper natürlich besser imstande, mit der Krankheit fertig zu werden. Und genau so geschah es. Also begann ich dasselbe zu tun. Ich meine, ich fing nicht an, mir tellerweise Vet-Zimes Formula V5 reinzupfeifen, aber ich verzichtete auf eine Menge dieser künstlichen Pseudonahrung, die wir alle ständig
Weitere Kostenlose Bücher