Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
konsumieren, und versuchte, ein bisschen ganzheitlicher zu denken, ohne darüber zum Fanatiker zu werden. (Seien wir ehrlich, wer will denn schon hundertzwanzig werden, wenn er nicht gelegentlich einen Eimer voll Popeye’s Fried Chicken, Knoblauch-Zwiebel-Pepperoni-Pizza oder, am allerbesten, dieses Schokoladen-Karamell-Dessert-Ding in der Gramercy Tavern essen darf?) Aber im Großen und Ganzen folgte ich dem Beispiel meiner Katze und kam langsam darauf, eine vernünftige Ernährung könnte tatsächlich eine gute Sache sein. Wie immer allerdings hätte ich das nie Janis gegenüber erwähnen sollen, die sich tatsächlich mit fast allem Medizinischen auskennt. Auch sie sah, was mit Norton passierte, und auf sie hatte es die ernüchternde Wirkung, dass sie mich genauso zu retten versuchte, wie ich ihn zu retten versuchte. Sobald ich auch nur das leiseste Interesse an meiner Gesundheit zu zeigen begann, bekam ich jeden Tag ein Fax von ihr: Zeitungsartikel, in denen stand, wie man mit Tomaten effektiv Krebs bekämpfen kann, Zeitschriftenartikel, die auflisteten, mit welchen Vitaminen sich Arthritis bekämpfen ließ, Listen mit krebserregenden Nahrungsmitteln, Aufsätze darüber, welche Kräuter man zu sich nehmen musste, um nicht irgendwann nur noch verschwommen zu sehen. Einige der Vorschläge befolgte ich, von anderen sagte ich nur, dass ich sie befolgte, damit Janis aufhörte zu nörgeln, ignorierte sie aber ansonsten. Im Allgemeinen aber sah ich jeden Tag aufs Neue, was die ganzheitliche Behandlung bei Norton bewirkte, und begann sie als eine durchaus mögliche Lebensweise für Menschen zu akzeptieren.
Und ich hatte mittlerweile sehr viel weniger Angst vor Krankheiten. Und vor der unangenehmen Seite des Lebens.
Wenn Norton sich erbrach und Krämpfe seinen kleinen Körper schüttelten, war ich nur zu gern bereit, ihn festzuhalten und seine Kehle zu massieren, bis er sich wieder beruhigt hatte. Ich putzte ständig hinter ihm her, manchmal den ganzen Tag, denn langsam, aber sicher wurde er inkontinent. Mindestens zwei- oder dreimal pro Woche schaffte er es offenbar nicht mehr bis zu seinem Katzenklo. Aber es machte mir nichts aus. Selbst wenn ich irgendwann einen neuen Teppich brauchte (oder ein Sofa oder, zum Teufel, sogar eine neue Wohnung), was machte das schon; ich wollte doch nur, dass sein Leben erfreulich und schmerzfrei verlief. Ich fütterte ihn gern mit all den unheimlichen Ergänzungsmitteln, die er bekam, ich hielt ihn gern im Arm, wenn ich ihm seine Spritzen gab, es machte mir nicht einmal etwas aus, mit ihm zu ringen, um ihm seine Pillen in den Hals zu stecken. Es war Kontakt, physischer und emotionaler, und ich bin fest davon überzeugt, dass er, selbst als sein Körper ihn im Stich ließ, wusste, dass dieser Kontakt uns immer enger zusammenbrachte.
Ich wusste die Zeit, die wir zusammen verbrachten, mehr zu schätzen als je zuvor. Wir gingen fast jeden Tag zusammen spazieren oder saßen zusammen im Park. Zu Hause war Norton immer unabhängig gewesen. Er war keine Schoßkatze. Er behielt mich gern im Auge und hielt sich meist im selben Zimmer wie ich auf, aber er kam nur selten zu mir und rollte sich auf meinem Schoß zusammen, wenn ich las oder fernsah. Jetzt aber schien er ein ebensolches Bedürfnis nach Nähe zu haben wie ich. Er war immer an meiner Seite. Wenn ich arbeitete, döste er auf dem Schreibtisch neben meinem Computer, nur wenige Zentimeter von mir entfernt. Wenn ich mich auf dem Sofa ausruhte, sprang er herauf und nahm neben mir Platz, sein Körper an meinem Bein. Im Bett schlief er jetzt wieder direkt neben mir auf dem Kopfkissen, was er nicht mehr ständig gemacht hatte, seit er ein kleines Kätzchen war.
Es war, als wolle er sagen, ich vertraue dir . Er wusste, dass ich begriff, was er durchmachte, und irgendwie hatten sich unsere Rollen ein wenig umgekehrt. In all den vergangenen Jahren war Norton, wenn ich Grippe hatte und mich scheußlich fühlte, immer da gewesen und tröstete mich durch seine Anwesenheit und Nähe. Als ich meine Schulteroperation hatte und ein paar Tage im Bett lag, stöhnte und ächzte und mich nicht rühren konnte, wich er nie von meiner Seite, schnurrte und steckte die Nase in meine Hand oder mein Gesicht, um mir zu sagen, dass er mit mir fühlte. Jetzt kam er zu mir, um sich trösten zu lassen, und ich war nur zu froh, ihm Trost spenden zu können.
Wenn man mich zwingt, mein Leben in allen Einzelheiten zu überdenken, muss ich zugeben, dass ich ein
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