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Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)

Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)

Titel: Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Gethers
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in ihrer Praxis sitzen, schwer atmend, und fühlte mich hilflos wie nie zuvor. Zum Glück hatte Dianne so etwas schon früher erlebt – sehr oft sogar – und konnte nicht nur meine Fragen vorausahnen und meine angefangenen Sätze beenden, sondern mir auch mitfühlende Antworten geben. Das war auch gut so, denn so sehr ich mich auch mühte, ich brachte keinen Satz vollständig heraus.
    »Was ist … wenn … wenn …«, stammelte ich, und dann fing das Weinen wieder an.
    »Was ist, wenn es Zeit ist«, soufflierte Dr. DeLorenzo, und ich brachte ein Nicken zustande. »Zunächst einmal«, sagte sie, »Sie haben ein sehr gutes Gespür für Ihre Katze, und Sie werden spüren , wann es Zeit ist. Sie werden es wissen. Das verspreche ich Ihnen. Und Sie sollten es erst machen, wenn Sie wissen, dass es richtig ist.«
    Dann sagte ich so etwas wie »Und … (schluchz) … wann ist es … (schnief) … richtig … (unterdrücktes Schluchzen) … was mache …? … (Tränenströme) …«
    Dr. DeLorenzo: Sie können ihn hierher bringen.
    Ich: Werden …? … (großer Weinanfall)
    Dr. DeLorenzo: Ja. Ich werde es machen. Sie können bei ihm bleiben und ihn sogar im Arm halten, wenn Sie wollen.
    Ich: (Nicht einmal ansatzweise in der Lage, ein richtiges Wort herauszubringen, nur markerschütternde Schluchzer.)
    Zwischen meinen hysterischen Anfällen schaffte Dianne es, mir zu erklären, falls ich wolle, dass Norton zu Hause starb, gebe es auch Tierärzte, die ins Haus kamen und die Prozedur erledigten. Aber ich sagte Nein, ich wollte, dass sie es machte. Na ja, ich sagte es nicht direkt. Ich schnappte nach Luft und schnaubte und brachte ein paar Silben heraus, die entfernt danach klangen. Dann versuchte ich noch einmal eine praktische Frage zu stellen. Ich wollte etwas über die Einäscherung wissen. Ich setzte zwei- oder dreimal dazu an, kam aber nie über das »Ei« hinaus, ohne gleich wieder zum Kleenex zu greifen. Dianne verstand auch dieses Mal und sagte, sie könne und werde sich um all das kümmern. Ich solle mir darüber keine Sorgen machen.
    Und dann sagte sie etwas Wunderbares, gleichzeitig traurig und lieb und total zutreffend.
    »Der einzige Fehler an unseren Tieren«, sagte Dianne DeLorenzo, »ist, dass sie nicht so lange leben wie wir.«

    Ich verabreichte Norton jetzt jeden Tag seine Infusion, und diese Minuten, die wir miteinander allein waren, waren Minuten, die uns, das wusste ich, beiden sehr kostbar waren. Wir spürten eine Verbindung, wie sie zwei Lebewesen selten miteinander haben. Und weil mir diese Verbindung so sehr bewusst war, hatte ich eine Idee.
    Ich behielt sie erst einmal ein Weilchen für mich. Ließ sie einwirken, um zu sehen, ob sie bleiben oder verschwinden würde. Sie blieb. Besonders, als wir Mitte April nach Sag Harbor fuhren. Im Laufe dieses Wochenendes nahm die Idee Gestalt an – und beherrschte von da an mein gesamtes Denken.
    Als wir in Sag Harbor waren, war Norton so aktiv wie seit vielen Wochen nicht mehr. Er bestand darauf, aufs Bett und vom Bett zu springen, obwohl er eigentlich nicht mehr sehr gut springen konnte. Am Ende jedes Sprunges rutschte er auf den Holzdielen des Schlafzimmerbodens aus. Ich zeigte ihm, wie er den antiken Schrankkoffer am Fußende des Bettes als Zwischenstation benutzen konnte – sowohl beim Auf- als auch beim Abspringen –, aber diese Idee gefiel ihm nicht. Schließlich benutzte er ihn, um aufs Bett zu gelangen, ignorierte ihn aber beim Herunterhopsen. Ich glaube, er fand es unter seiner Würde. Eine Katze sollte allein von einem Bett herunterkommen können, also würde er es so machen. In diesen wenigen Tagen weigerte er sich total, sich der Tatsache zu stellen, dass sein Körper ihn so hundsgemein im Stich ließ. Wenn wir ihn unten ließen, und sei es nur für ein paar Minuten, schaffte er es irgendwie die Treppen hoch zu uns (es war das erste Mal, dass er Probleme mit dem Treppensteigen hatte – jede Stufe fiel ihm schwer, denn die Treppe war steil, aber er ließ sich davon nicht abhalten). Er fraß tonnenweise, mehr als je zuvor. Das ganze Wochenende miaute er nach Futter, und immer wenn ich ihm etwas in den Napf tat, verschlang er es.
    Ich habe folgende Theorie zum Altern. Ich glaube, wenn Menschen älter werden, werden sie immer mehr sie selbst. Wer als junger Mensch schon mürrisch ist, wird nur um so übellauniger werden, je älter er wird. Ist man ängstlich, wird man im Alter überängstlich. Wer prinzipienstreng ist, wird ab einem gewissen Alter so

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