Klassentreffen (German Edition)
einem Gymnasium unterrichtet. Alles lief in sehr geordneten Bahnen bei uns.« Ihr Gesicht blieb regungslos.
»Warum habt ihr euch dann getrennt?«, fragte Franzi. Im Grunde hörte sich doch alles nach einer harmonischen Ehe an.
Meike seufzte. »Tja, irgendwann wollte Thomas Kinder. Da habe ich angefangen, über uns nachzudenken. Es ist nicht so, als hätte ich mir nicht vorstellen können, Kinder zu bekommen.« Ihre Stimme wurde leiser. »Aber ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob Thomas der Richtige für mich war.« Sie suchte den Blickkontakt zu Franzi. »War das alles, was mir das Leben zu bieten hatte? Wollte ich ewig so leben – mit einem Mann, der nett war, den ich mochte, aber bei dem ich nicht . . . nicht mehr spürte? Nichts von dem, wovon meine Freundinnen erzählten? Ich hatte immer das Gefühl, ich würde irgendetwas vermissen.«
Franzi legte ihre Hand auf Meikes Unterarm.
Flüsternd sprach Meike weiter. »War das Liebe? Das zwischen uns?«
Franzis Finger streichelten über Meikes Jacke. »Ach, Meike.«
Meike sah zu Boden. »Nach sieben Jahren Ehe haben wir uns scheiden lassen. Diese Entscheidung . . .« Sie holte tief Luft. »Das war nicht leicht für mich. Ich war nicht sicher, ob ich das Richtige tat. Und dazu kam noch mein Vater. Du weißt, wie sehr mein Vater Scheidungen verteufelt.«
Franzi nickte. »Und jetzt?« Sie nahm Meikes Hand in ihre. Ihre Finger verschränkten sich wie von allein. Franzis Daumen strich über Meikes Haut, als wäre es das Selbstverständlichste.
Meike sah Franzi weiterhin unverwandt an. »Jetzt bin ich mir sicher, dass es der richtige Weg war.« Einen Moment hielt sie inne, dann flüsterte sie: »Spätestens seit ich dich wiedergetroffen habe.«
Franzis Herz schlug schneller. Was hatte das zu bedeuten? Mit rauer Stimme fragte sie: »Wie meinst du das?«
»Meike!« Ein plötzlicher Schlag auf ihre Schulter ließ Meike zusammenzucken und Franzi mit ihr. »Was für eine Überraschung.«
Meike drehte sich um und sah geradewegs in das Gesicht eines Mannes. Viel zu nah blieb er vor ihr stehen.
»Ich dachte, du wolltest nicht zum Altstadtfest.« Um seinen Mund herum bildeten sich kleinen Fältchen.
»Hallo, Karsten«, begrüßte Meike ihn. »Ich habe nur gesagt, dass ich heute nicht kann.« Ihre Stimme klang scharf. »Darf ich dir vorstellen? Das ist Franziska Kurz. Eine Freundin von mir. Mit ihr war ich für heute schon verabredet.«
Karsten warf Franzi einen abschätzigen Blick zu. »Ach so. Eine Freundin.« Er zog die Worte mit übertriebener Betonung in die Länge.
Automatisch löste Meike ihre Hand von Franzis. Ihr ängstlicher Blick entging Franzi nicht.
»Jedenfalls sehr schade. Dann vielleicht ein anderes Mal«, sagte Karsten.
»Vielleicht«, war alles, was Meike erwiderte.
»Ich wünsche euch noch viel Spaß.« Karstens Miene blieb ausdruckslos.
»Wer war das denn?«, fragte Franzi, als er außer Hörweite war.
Meike verdrehte die Augen. »Ein Arbeitskollege von mir, der ständig mit mir ausgehen will. Dass wir ausgerechnet den hier treffen müssen.«
»Der hat auf jeden Fall keinen sehr sympathischen Eindruck gemacht.« Ganz zu schweigen davon, dass er im völlig falschen Moment dazwischengeplatzt war.
»Das kann man wohl sagen.« Meike zuckte mit den Schultern. »Ich lasse ihn immer wieder abblitzen, aber ich glaube, er kapiert das nicht. Oder er will es nicht kapieren.« Sie leerte ihren Becher. »Vielleicht sollten wir langsam mal etwas essen.«
»Eine sehr gute Idee.«
Gemeinsam bummelten sie durch die historische Altstadt, stärkten sich und stöberten durch das Angebot der vielen Kunsthandwerkstände. Zwischendurch verweilten sie an den weiteren Bühnen. Franzi bemerkte, wie Meike darauf achtete, ihr nicht zu nahe zu kommen. Sie respektierte das – auch wenn sie es sich anders gewünscht hätte.
Irgendwann taten Franzi die Füße weh. »Was hältst du davon, wenn wir uns auf den Heimweg machen?«
Meike nickte. »Ja, lass uns nach Hause fahren. Langsam werde ich müde.«
Wenige Minuten später waren sie im Parkhaus angekommen und saßen in Franzis Auto. Um sie herum war es dunkel.
»Das war wirklich ein schöner Abend«, sagte Meike. Sie legte ihre Hand auf Franzis Oberschenkel.
Für einen kurzen Moment schloss Franzi die Augen und genoss die unerwartete Berührung. »Das fand ich auch.«
Meikes Finger malten kleine Kreise auf Franzis Bein. Sie sah Franzi von der Seite an. »Ach, Franzi«, seufzte sie. Ein wenig neigte
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