Klassentreffen (German Edition)
es geschafft. Die Klassenfahrt war zu Ende. Sie bogen gerade in die Straße ein, in der die Schule lag. Schon von weitem konnte Meike die Eltern erkennen, die auf ihre Kinder warteten.
Mit einem Quietschen hielt der Bus an. Gemurmel erfüllte den Bus. Die Schüler griffen nach ihren Rucksäcken. Die Türen öffneten sich, alle drängten in Richtung Ausgang.
Auch Meike stand auf. »Nicht so stürmisch«, versuchte sie die Schüler zu bremsen, aber erfolglos. Sie reihte sich hinter ihren Schülern ein. Dann war sie selbst an der Reihe auszusteigen. Schon in Tür entdeckte sie Franzi, die ihr zuwinkte. Ihr Herz machte einen kleinen Freudensprung. Sie schenkte Franzi ihr schönstes Lächeln. Franzi strahlte zurück.
»Oh, deine Liebste ist auch hier?«, zischte Karsten, der dicht hinter Meike aus dem Bus stieg, ihr ins Ohr. Bisher hatte Meike ihm keine Beachtung geschenkt, aber nun wich schlagartig das Strahlen aus ihrem Gesicht. »Wenn du nicht möchtest, dass es alle erfahren, solltest du dir überlegen, mit mir auszugehen.«
Meike konnte Karstens Atem auf ihrer Haut spüren. Aber sie hatte sich schnell wieder in der Gewalt und bemühte sich, sich ihre Verunsicherung nicht anmerken zu lassen. »Vergiss es!« Sie wandte sich wieder nach vorn und lächelte Franzi an – auch wenn ihr in diesem Moment nach allem anderen als Lächeln zumute war.
»Und zwar schnell. Lange werde ich nicht mehr warten.« Karsten lachte gehässig.
Eine Gänsehaut lief Meike den Rücken hinunter.
Franzi kam ein Stück näher auf den Bus zu.
Meike trat auf den Bürgersteig. »Hallo«, begrüßte sie Franzi.
»Hallo«, erwiderte Franzi. »Ich dachte, ich überrasche dich und hole dich ab.«
Meike verzog die Mundwinkel und umklammerte den Bügel ihrer Handtasche fester. Nach der anfänglichen Freude über Franzis Anwesenheit war ihr jetzt äußerst unbehaglich zumute.
»Ich weiß, du magst Überraschungen nicht.« Franzi beugte sich ein wenig näher zu Meike und flüsterte: »Aber ich hatte solche Sehnsucht nach dir. Ich konnte nicht mehr länger warten. War es schön?«
Meike wickelte eine Haarsträhne um ihren Finger. »Es war anstrengend, aber ganz okay. Ich hol eben meinen Koffer.«
»Warte, ich komme mit«, sagte Franzi.
»Ich schaff das schon.«
»Daran habe ich keinen Zweifel, aber ich möchte dich heute keine Sekunde mehr aus den Augen lassen.« Franzi zwinkerte Meike zu.
»Nachher hast du mich ganz für dich.« Abrupt drehte sich Meike um, ließ Franzi stehen und eilte zur anderen Seite des Busses, wo der Busfahrer gerade die Koffer und Taschen auslud. Sie atmete tief durch. Karsten plauderte ein paar Schritte entfernt mit irgendwelchen Eltern; aber Meike bemerkte, dass er sie aus den Augenwinkeln beobachtete. Sie biss sich auf die Unterlippe. Karsten durfte nicht so eine Macht über sie ausüben. Entschlossen griff sie nach ihrem Koffer und ging zu Franzi zurück.
»Habe ich das eigentlich gerade richtig gesehen – sind da zwei deiner Schülerinnen händchenhaltend ausgestiegen?«, fragte Franzi und grinste.
»Kann schon sein.«
»Du willst mir doch nicht sagen, dass du davon nichts mitbekommen hast.« Franzi nahm Meike den Koffer ab. »Wollen wir?«
»Ich muss erst sehen, dass alle Kinder abgeholt werden und alle gut nach Hause kommen.« Meike ließ ihren Blick über die in kleinen Gruppen beisammen stehenden Schüler und Eltern schweifen. Sie war froh, dass Franzi wegen Jana und Tabea nicht weiter nachhakte. Wie musste es auf Franzi wirken, dass ihre Schülerinnen sich trauten, öffentlich ihre Liebe zu zeigen, sie selbst aber zu feige war? »Scheint so, als wären alle versorgt. Und Karsten ist ja auch noch da. Also, von mir aus können wir fahren. Außerdem bin ich froh, hier wegzukommen . . .« Meike seufzte schwer. »Und Karsten eine Weile nicht mehr zu sehen.«
Wenig später saßen sie in Franzis Auto.
»Ich dachte, wir fahren zu mir, wenn das für dich in Ordnung ist.« Franzi legte ihre Hand auf Meikes Oberschenkel. Wie sehr hatte sie diese Berührungen vermisst. Auch wenn es nur fünf Tage gewesen waren, Meike hatte ihr gefehlt. Und dies war die erste richtige Berührung, seit Meike angekommen war; zumindest die erste, die sie genießen konnte ohne die Sorge, dass Meike ihr ausweichen würde. Aber solange sie noch in Sichtweite der Schüler waren, hielt Franzi sich zurück, Meike zu küssen. Auch wenn sie sich danach verzehrte, auch wenn sie es eigentlich nicht abwarten konnte, endlich wieder
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