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Klassentreffen

Titel: Klassentreffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Vlugt
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Klassenkameraden, mit denen man befreundet ist oder auch nicht. Durch die jeweilige Stellung in der Klasse, die Clique, die einen unterstützt oder fertig macht.
    Es sind keine harmlosen Kindereien, wenn man jeden Tag Kaugummi ins Haar geklebt oder heimlich Strähnen abgeschnitten bekommt, weil man angeblich Läuse hat. Es ist nicht normal, dass man getreten und gezwickt wird, sobald
sich eine Gelegenheit dazu bietet, dass man den ganzen Tag auf der Hut sein muss, die Ohren spitzt und sich Fluchtwege ausdenkt.
    Der eine lernt schneller, der andere langsamer. Ich brauchte lange, bis ich begriff, dass ich mir nicht alles gefallen lassen musste, was man mir antat.

KAPITEL 16
    Meine Mutter hat immer gesagt, ich sei eine viel zu treue Freundin und müsse mehr für mich selbst eintreten.
    Meiner Ansicht nach ist aber gerade Treue die Voraussetzung für eine beständige Freundschaft, auch wenn mir klar ist, dass andere das nicht so eng sehen. Nach der Mittelstufe saß ich mit lauter Unbekannten in einer Klasse und beschloss, den Rat meiner Mutter zu befolgen. Ab da blieben alle meine Freundschaften irgendwie oberflächlich.
    Jeanine hat als Erste den Schutzpanzer durchbrochen, den ich mir zugelegt hatte. Wir hatten gerade erst bei der BANK angefangen und kannten uns kaum, als sie einen Anruf aus der Klinik bekam. Ihr Vater hatte einen Schlaganfall erlitten. Ich sah, wie sie kreidebleich wurde, bugsierte sie auf einen Stuhl und brachte ihr ein Glas Wasser. Dann erklärte ich Wouter, was vorgefallen war, kümmerte mich um eine Vertretung für das Sekretariat und fuhr Jeanine in die Uniklinik. Sie durfte gleich auf die Intensivstation, und als ich mich zum Gehen wendete, nahm sie meinen Arm und sagte: »Sabine … danke.«
    Mehr nicht, aber ihre Stimme war so zittrig, dass ich tief gerührt war. Noch am gleichen Abend rief ich sie an und auch an den nächsten Tagen, bis sie wieder zur Arbeit kam. Es war ungewohnt, dass jemand mich brauchte und froh über meine Unterstützung war. Dafür hörte Jeanine mir zu, wenn ich erzählte, was ich damals durchgemacht hatte, als mein Vater im Krankenhaus lag.

    Ihr Vater überlebte den Schlaganfall, allerdings blieben Lähmungen zurück. Seit dem Moment in der Klinik waren Jeanine und ich jedenfalls mehr als nur Kolleginnen. Während sie noch ganz von der Sorge um ihren Vater in Anspruch genommen war – ihre Mutter lebte nicht mehr, und Geschwister hatte sie keine, sodass alles auf ihr lastete -, stürmten Kindheitserinnerungen auf mich ein und rissen mich in ein tiefes schwarzes Loch. Eine schlimme Depression fesselte mich ans Bett. Nur für die Sitzungen mit meiner Psychotherapeutin verließ ich die Wohnung. Die Zukunft erschien mir damals so düster und trostlos, dass ich mich wundere, wie viel besser es mir jetzt, ein Jahr später, schon wieder geht. Und noch besser würde es mir gehen, wenn mich die Vergangenheit endlich in Ruhe ließe. Bei der Therapie kam vieles nicht hoch, aber seit ich Olaf begegnet bin, ist das anders. Eine Tür hat sich geöffnet, und ich muss da durch und mich jeder einzelnen Erinnerung stellen. Meine Psychotherapeutin hatte Recht: Man kann noch so sehr davonlaufen, eines Tages holt einen die Vergangenheit trotzdem ein.
     
    Nach zwei ruhelosen Stunden im Bett habe ich genug und stehe auf. Ich bin durstig. Deprimiert tappe ich im Dunkeln in die Küche und knipse das Licht an. Groß und schwarz treten die Fenster hervor und spiegeln mein bleiches Gesicht, das wirre Haar und das zerknitterte Schlafshirt. Ich mache den Kühlschrank auf, um die Milch herauszunehmen, als ich die halb volle Weinflasche sehe, und gleich darauf schenke ich mir ein Glas ein. Der erste Schluck schmeckt immer am besten. Die kalte Flüssigkeit rinnt durch meine Kehle, ich mache die Augen zu und seufze zufrieden. Noch ein Schluck …
    An die Spüle gelehnt, schaue ich in die Nacht hinaus. Es zieht, ich habe kalte Füße, die Kälte kriecht die Beine hoch,
und ich bekomme eine Gänsehaut. Der Wein ist auch kalt, aber er wärmt mich innerlich, vertreibt die Bilder, die im schwarzen Fenster erscheinen wollen.
    Ich schenke mir noch ein zweites Glas ein und trinke es hastig leer. Allmählich tut der Alkohol seine Wirkung, und nach dem dritten Glas schwanke ich zurück ins Bett. Und schlafe endlich ein.
     
    Am nächsten Morgen dröhnt mein Kopf, ich habe Bauchschmerzen, und mir ist entsetzlich schlecht. Erst denke ich an einen Kater, aber am Tag darauf ist mir immer noch hundeelend. Ich rufe

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