Klassentreffen

Titel: Klassentreffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Vlugt

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ebenfalls eine Zigarette an.
    Eline lächelt verständnisvoll, steht sofort auf und setzt in der offenen Küche Kaffee auf. Sie lehnt sich an die Theke, die die Begrenzung zum Wohnzimmer bildet. »Hab ich Ihnen Angst gemacht?«
    »Nein, Sie haben lediglich meine Vermutungen bestätigt«, sage ich. »Früher, in der Schule, war Olaf mit Isabel Hartman zusammen. Sagt Ihnen der Name was?«
    »Wer kennt den nicht.« Eline bleibt an der Küchentheke stehen, während der Kaffee durchläuft. »Am Bahnhof haben lange Zeit Suchplakate von ihr gehangen. Und Olaf ist tatsächlich mit ihr gegangen?«
    »Hat er das nicht erzählt?«
    »Nein. Seltsam.«
    »Zumal Sie ja beide aus Den Helder sind.«
    Eline drückt ihre Zigarette in einem Blumentopf aus. »Ich war in Olafs Klasse«, sagt sie. »Daher kannte ich auch Robin. Wir waren also auf der gleichen Schule, Sabine, da könnten wir uns doch eigentlich duzen. Seltsam, ich kann mich gar nicht an dich erinnern.«
    »Ich war eher unscheinbar«, sage ich lächelnd. »Außerdem war ich ja ein paar Klassen unter dir.«
    »Stimmt. Warst du denn mit Isabel in einer Klasse?«
    »Ja.«
    »Ich frage mich, warum Olaf nie erwähnt hat, dass er sie so gut kannte. Wir haben sogar mal zusammen die Sendung über ungelöste Kriminalfälle mit Peter R. de Vries gesehen,
in der ihr Fall vorkam.« Eline blickt nachdenklich vor sich hin.
    »Mir hat er auch nichts davon gesagt. Seine Mutter hat erzählt, er sei fix und fertig gewesen, nachdem Isabel verschwunden war. Angeblich hat er sie an dem besagten Tag überhaupt nicht gesehen, aber ich weiß genau, dass das nicht stimmt. Die beiden waren bei den Dunklen Dünen verabredet. Und kurz danach ist sie verschwunden.«
    Eline dreht sich um, nimmt zwei Kaffeebecher aus einem Küchenschrank und schenkt ein. Sie trägt die dampfenden Becher ins Wohnzimmer und stellt sie auf den Tisch.
    »Glaubst du, dass Olaf was mit ihrem Verschwinden zu tun hat?«, fragt sie.
    »Gut möglich. Er hat sie als Letzter gesehen, aber das leugnet er ja hartnäckig.«
    »Wieso bist du sicher, dass er sie als Letzter gesehen hat?«
    »Weil in Isabels Aufgabenheft stand, dass sie bei den Dunklen Dünen verabredet waren. In der Schule hab ich gehört, wie sie von dem Treffen sprach, aber damals wusste ich nicht, um wen es ging. Bis ich heute die Eintragung in ihrem Heft gesehen hab. IO stand da. Isabel Olaf«, sage ich.
    »Das ist doch nicht dein Ernst«, sagt Eline.
    Wir sehen uns an.
    »Vielleicht ist das Treffen ja gar nicht zustande gekommen«, gibt Eline zu bedenken.
    »Isabel ist aber fest davon ausgegangen«, sage ich. »Ich hab sie zum Treffpunkt fahren sehen, als ich nach der Schule ein Stück hinter ihr herfuhr. Sie hat nicht den üblichen Weg nach Hause genommen, sondern ist in Richtung Dunkle Dünen gefahren.«
    Eline pustet in ihren heißen Kaffee. »Selbst dann muss sie Olaf dort nicht getroffen haben. Er könnte die Verabredung vergessen haben.«

    »Stimmt. Aber sehr wahrscheinlich ist das nicht. Isabel wollte mit ihm reden. Ich hab sie mit ihren Freundinnen sprechen hören, es ging um irgendwas Unangenehmes. ›Das wird ihm aber gar nicht passen‹, hat eines der Mädchen gesagt. Und Isabel darauf: ›Sein Pech.‹ Ich vermute, dass sie mit Olaf Schluss machen wollte.«
    Ich drücke meine Zigarette aus und trinke einen Schluck Kaffee.
    »Und das ist bei jemandem wie ihm nicht so einfach«, sagt Eline langsam. Sie mustert mich über den Rand ihres Bechers hinweg. »Ich finde, du solltest zur Polizei gehen, Sabine.«

    Um meine Gedanken zu ordnen, fahre ich zu der Grünanlage neben meinem alten Gymnasium. Der verträumte Teich, die stillen Wege und Rasenflächen, über die ich als Kind so oft mit meinem Pausenbrot in der Hand geschlendert bin, beruhigen mich irgendwie.
    Der sommergrüne Park wirkt freundlich und heiter. Als ich einen der Wege entlanggehe, werfe ich einen Blick hinüber zur Schule und komme mir vor wie eine fünfzehnjährige Schulschwänzerin.
    Aber ich bin keine fünfzehn mehr, sondern vierundzwanzig, habe einen Job, Erinnerungslücken und einen Freund, dem ich nicht traue. Neun Jahre später fühle ich mich fast so unsicher wie damals. Was soll ich tun? Zur Polizei gehen? Das wäre wohl meine Pflicht nach dem, was ich in Isabels Heft entdeckt habe. Aber wer sagt, dass es wirklich um Olaf geht? Ich kenne zwar keinen anderen Jungen, dessen Name mit O anfängt, aber ich kann ja nicht jeden kennen. Außerdem: Wer sagt, dass dieses O für einen Jungen