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Klassenziel (German Edition)

Klassenziel (German Edition)

Titel: Klassenziel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Wegberg
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das Wochenende abzuwarten und mit meinen Freunden zu sprechen. Am Montag, als ich ihnen von meiner Nacht mit Billie erzählte und sie allesamt vor Neid zu schwitzen begannen, bereute ich meine Voreiligkeit. Aber im Moment wollte ich vor allem ein paar Sachen klarstellen.
    Wie ich mir schon gedacht hatte, setzte Billie nämlich voraus, dass wir jetzt zusammen waren. So als hätte Knutschen auf der Parkbank ungefähr genauso viel zu bedeuten wie ein Verlobungsring. Sie ließ mich kaum zu Wort kommen und haute mir alle möglichen Pläne für unsere nähere und fernere gemeinsame Zukunft um die Ohren. Erstaunlich, dass sie noch keine Vornamen für unsere Kinder ausgesucht hatte. Ich musste ihr ins Wort fallen, um sie zu stoppen.
    «Billie! Hör doch mal! Das gestern … das war wirklich toll, aber …» Ich kam nicht mehr richtig weiter.
    «Du Arsch», zischte sie. Wieder erstaunte mich ihr Tempo. Sie hatte sofort kapiert, was ich sagen wollte, und brauchte nicht mal eine Sekunde, um komplett umzuschalten. «Du blöder, mieser Arsch. Glaub bloß nicht, dass du damit durchkommst.» Ich wollte lieber nicht fragen, was sie damit meinte. Es klang wie ein Satz aus Desperate Housewives , nur weitaus bedrohlicher. «Billie … Ich will doch nicht … Ich meine, du bist total sexy und so …»
    Die Verbindung war beendet.

[zur Inhaltsübersicht]
    30
    I ch mache einen Französisch-Grundlagentest für die neunte Klasse und kacke voll ab. In Viersen war ich ganz gut in Französisch, so zwischen zwei und drei. Wie kann das sein? Ich meine, ich hab bloß vier Wochen Unterricht verpasst, daran kann’s ja wohl nicht liegen, oder? Frustriert mache ich noch einen zweiten Test, diesmal mit der Einstellung «einfach», und erreiche gerade mal siebenundsechzig Prozent. Wieso hat die Brüninghaus mir ausgerechnet diese Seite empfohlen? Um mich fertigzumachen oder was?
    Ich rufe Facebook auf und lege ein neues Profil an. Dabei achte ich genau darauf, dass ich nichts reinschreibe, was Rückschlüsse auf meinen bisherigen Wohnort zulässt. Oder auf sonst irgendwas aus meiner Vergangenheit. Ich stelle mir vor, dass ich die ganzen nächsten Jahre immer aufpassen muss, was ich sage und was ich von mir preisgebe, als wäre ich ein Verbrecher auf der Flucht. Nachdem mein Profil fertig und aktiviert ist – so nichtssagend, dass ich mich dafür schäme –, fange ich an, nach Leuten von meiner Schule zu suchen. Ich schicke allen eine Freundschaftsanfrage. Die meisten sind nicht online, und es kommt nichts zurück.
    Gegen sechs kommt mein Vater nach Hause. Es tut mir gut, dass er mir zuhört und ich nicht mehr alleine bin. Er bietet mir an, über seinen Amazon-Account die Schulbücher zu bestellen. Komisches Gefühl, Bücher für Unterrichtsfächer zu kaufen, ohne auch nur den jeweiligen Lehrer zu kennen. Was kommt hier noch alles auf mich zu? Und warum macht mich diese Ungewissheit so mutlos? Eigentlich fand ich es noch nie anstrengend, mich auf neue Menschen einzustellen. Jetzt würde ich mich am liebsten zu Hause verkriechen und mir Online-Unterricht erteilen lassen wie die Kinder im australischen Outback. Aber dann würde ich wahrscheinlich irgendwann vor Einsamkeit sterben.

    O ffenbar hatte Billie Erkens in ihrer ersten Wut bloß leere Drohungen ausgespuckt, es passierte nämlich gar nichts. In der Schule gingen wir uns aus dem Weg. Ab und zu haute sie mir im Unterricht ein paar ätzende Kommentare zu meinen Wortmeldungen um die Ohren, und alle ihre Schleimerinnen löschten mich bei Facebook aus ihren Kontaktlisten.
    Anscheinend war sie doch nicht so gefährlich, wie ich zuerst gedacht hatte. Ts, so was von leicht zu durchschauen! Dieses ganze Königin-und-Hofstaat-Ding war alles nur Show, in Wirklichkeit war Billie Erkens nur eine gepimpte Kleinstadtbarbie. Vielleicht tat es ihr ja sogar ganz gut, dass ihr mal jemand die Grenzen aufzeigte.
    Meine Freunde hielten mich für völlig bescheuert, dass ich mir meine Chancen bei ihr versaut hatte. Keiner von ihnen konnte ihren Namen aussprechen, ohne zu sabbern. Weil mich das nervte, behauptete ich, das wäre von vornherein so geplant gewesen, ich hätte nur mal sehen wollen, wie leicht sie zu haben war – und das wüsste ich ja jetzt.
    «Wenn ich irgendwo gewinne, will ich eine Medaille und keinen Wanderpokal», sagte ich. Das mit dem Wanderpokal hatte ich von meinem Opa. So hatte der Frauen genannt, die ständig ihre Ehemänner betrogen. Meine Freunde waren beeindruckt, und ich fühlte mich

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