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Klatschmohn

Klatschmohn

Titel: Klatschmohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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einhalten möchte, erst mit 35 zu heiraten, habe ich mich für eine andere Lösung entschieden.«

    Sie legte eine Kunstpause ein. »Ich werde einfach ab dem vierten Monat eine Wohltätigkeitsreise nach Russland antreten und erst wieder zurückkommen, wenn ich entbunden habe. Dann werde ich das Kind mitbringen und sagen, ich hätte es in einem Waisenhaus adoptiert. Niemand wird wagen, etwas zu sagen, da es eine gute Tat ist. Ich werde keine Rufschädigung meiner Familie riskieren und kann immer noch ohne Druck die richtige Partie finden. Ist das nicht genial?«

    »Bitte?«, kreischten Lilli und ich gleichzeitig, sie mit Pusteln im Gesicht und sichtlich fiebernd.

    Katharina amüsierte sich köstlich.

    Während Lilli schlichtweg entsetzt war, wie Katharina auch nur auf die Idee kommen konnte, ihr eigenes Kind als adoptiertes auszugeben, war ich hin und her gerissen zwischen Faszination und ungläubigem Staunen darüber, wie Katharina ihr Leben so anders meisterte als die meisten Menschen.

    Lilli begann auf Katharina einzureden. »Und was erzählst du dem Kind, wenn es nach seinen richtigen Eltern fragt? Wirst du es belügen und sagen, das waren arme russische Bauern, die ihr achtes Kind nicht mehr durchbringen konnten? Oder was passiert, wenn dir das Kind zum Verwechseln ähnlich sieht?
    Willst du dann auf Zufall plädieren?«

    Lilli geriet in Rage. Für sie waren Kinder heilig, und sie konnte nicht nachvollziehen, wie jemand seinen Ruf über das Glück eines Kindes stellen konnte. »Katharina, ich habe deine Eltern bisher als sehr offene und verständnisvolle Menschen erlebt. Du bist 33 Jahre alt, und wir schreiben das 21.
    Jahrhundert. Du wirst mir doch nicht erzählen wollen, dass du nicht genug Selbstbewusstsein hast, das hier ehrlich zu spielen? Sonst interessiert dich doch auch nicht, was andere über dich denken.«

    Arme Lilli, da zerrte man sie mit Masern aus dem Bett, und dann handelte es sich nicht mal um ein freudiges Ereignis.

    Na ja, freudig war es eigentlich schon, aber unter diesen Umständen …

    »Hattest du eigentlich schon Masern, Katharina?«, fiel Lilli entsetzt ein.
    Aber Katharina war gegen ziemlich alles geimpft worden als Kind.

    Katharina wandte sich an mich. »Und was denkst du?«

    Ich räusperte mich, um etwas Zeit zu gewinnen, denn ehrlich gesagt wusste ich noch nicht, was ich von ihrem Zustand, geschweige denn ihrem Plan halten sollte.

    »Ich bin mir nicht sicher. Einerseits bin ich beeindruckt, wie innovativ Frau von Steinbeck mal wieder ein Problem lösen möchte, andererseits bin ich geschockt, dass du schwanger bist und keine Angst hast, dein Kind in irgendeinem russischen Krankenhaus zur Welt zu bringen. Ich kann mir dich so schwer als Schwangere und Mama vorstellen.« Und das stimmte.

    Allein die Vorstellung, wie Katharina in Umstandskleidern aussah oder einen Kinderwagen vor sich her schob oder gar Windeln wechselte … Katharina beim Füttern in einem Armani-Fummel, während sie schaute, ob das Fläschchen die richtige Temperatur hatte … Katharina als stillende Mutter war komplett abwegig. Schließlich hatte sie bisher stets entsetzt die Nase gerümpft, wenn eine Mutter in der Öffentlichkeit die Brust gab.

    »Einfach kein Benehmen«, pflegte sie dann zu sagen.

    »Wie ist das überhaupt passiert?«, wollte Lilli wissen.

    Katharina war es sichtlich unangenehm, zugeben zu müssen, dass sie sich trotz Einnahme von Antibiotika nicht zusätzlich geschützt hatte. Ansonsten war sie fröhlich, und fast bekam ich den Eindruck, dass sie sich freute, endlich Aufregung in ihrem Leben zu haben.

    Wir überlegten hin und her, versuchten alle Alternativen noch mal aufzuzeigen, doch Katharina hatte sich schnell mit ihrer neuen Situation arrangiert und war von ihrem absurden Plan nicht abzubringen. Uns blieb vorerst nichts anderes, als Stillschweigen zu versprechen und kopfschüttelnd das Feld zu räumen.

Wieder zu Hause sah ich gleich die drei Anrufe blinken. Was war ich nur gefragt in letzter Zeit! Und auch noch von den richtigen Menschen, wie ich feststellte, denn abgesehen vom Routineanruf meiner Mutter hatte ich Leanders und Max’ Stimmen auf dem Band. Leander klang, als ob er sich stark nach mir sehnte.

    Ich rief beide zurück. Zuerst Max, der mit mir Geschäftliches besprechen und deshalb noch vorbeischauen wollte. Ich sagte zu.

    Nachdem ich mir für Leander verschiedene Versionen hinsichtlich meiner Begrüßung überlegt hatte und weder »Na, Totgeglaubte leben

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