Klatschmohn
es sich hier um eine Self-fulfilling Prophecy handelte, durfte ausgerechnet ich für einige Monate diese Partys besuchen.
Mein Spitzname war natürlich streng geheim und nur unserem kleinen Zirkel bekannt. Katharina konnte es sich jedoch nicht verkneifen, mir immer wieder Klatschmohnsträuße und Dinge mit Klatschmohnaufdruck zu schenken.
Natürlich amüsierte sie sich köstlich, wenn Freunde und Bekannte nachfragten, was es denn mit dem Motiv auf sich habe. Inzwischen stand ich in dem Ruf, Klatschmohn zu lieben und zu sammeln. So nahm ich mit gezwungenem Lächeln immer mehr Klatschmohngeschenke entgegen, und alle Leute waren froh, dass es so einfach war, mir was zu schenken.
In letzter Zeit hatten wir diese mehr für Winterabende geeignete Tätigkeit vernachlässigt, was Katharina nicht davon abhielt, ihre wöchentlichen Besorgungen zu machen, um sich auf dem Laufenden zu halten. Es kam schon vor, dass Katharina selber auf einer der Partyseiten auftauchte, stets dem Anlass entsprechend gekleidet.
Es war Donnerstagmorgen, als mein Telefon klingelte. Katharina war dran.
Seit sie schwanger war und es niemand außer Lilli und mir wissen durfte, war ich besorgt, wenn sie sich meldete. Vor allem, wenn sie aufgeregt in den Hörer hechelte, wie jetzt. »Das gibt’s doch gar nicht! Rate mal, was passiert ist.«
Horrorvisionen gingen mir durch den Kopf. War Katharina gestürzt, hatte sie dem Reitlehrer alles gestanden oder sich eine neue abstrusere Idee einfallen lassen?
»Pia, du bist in der Gala und in der Bunten zusammen mit Leander!« Sie kreischte entzückt auf. »Haha, jetzt bist du auch so ’ne Promifreundin und irgendwann verkaufst du Ultraschallfotos und dein Schwangerentagebuch an die Bildzeitung.«
Ich geriet in helle Aufregung. Nicht, weil ich darauf scharf war, in der Gala zu erscheinen, auch wenn wir uns das spaßeshalber immer vorgestellt hatten mit den aberwitzigsten Untertiteln wie: >Pia Mohnhaupt,
Marmeladengeleeimperiumserbin beim angeregten Plausch mit Prinz Debilius bei der Eröffnung der neuen Festspielhalle.< Nein, ich wollte nur eines wissen: Wie sah ich aus?
Katharina, neuerdings sensibler und telepathisch begabt, klärte mich auf.
»Du siehst hinreißend aus. Die Strähnchen haben sich wirklich gelohnt. Ihr wirkt so glücklich. Aber …«, Katharina stockte. »Was ist denn das? Unverschämtheit! Da steht nur: Leander Berglandt mit Begleitung. Sonst nichts. Weder dein Name, noch dass du seine neue Freundin bist. Das gibt’s doch gar nicht!« Katharina war empört.
»Bitte beruhige dich, denk an deinen Zustand. Das ist doch nicht schlimm.
Gut, diese Fotografin hatte sich meinen Namen notiert und gefragt, ob ich Leanders neue Freundin bin, und komisch ist es schon, sich als namenloses Anhängsel präsentiert zu sehen, aber was wirklich zählt, ist ja wohl nur, dass ich mit Leander glücklich bin. Warte mal, Katharina, da ist ein zweiter Anruf in der Leitung.«
Natürlich meine Mutter.
»Ja, Mama, ich weiß, Katharina hat es mir schon erzählt. Doch, Mama, natürlich bin ich seine neue Freundin und nicht nur eine Begleitung, aber nun reg dich nicht auf, dafür kann Leander doch wirklich nichts. Mama, ich habe Katharina noch in der Leitung, ich muss Schluss machen.«
»Katharina, ich fahr jetzt zum nächsten Kiosk und melde mich später noch mal.«
Am Kiosk kaufte ich alles, was auch nur ansatzweise nach Klatschpresse aussah. Nervös blätterte ich auf die Partyseiten und tatsächlich, da sah man uns, Leander und mich.
Wirklich nicht übel. Ganz und gar nicht sogar. Er hatte sein charmantes Mann-von-Welt-Lächeln aufgesetzt, und ich wirkte für mein erstes Pressefoto ziemlich souverän. Zwar war ich nur als seine Begleitung aufgeführt, was somit -
angefangen von Schwester, Cousine bis hin zu Callgirl - so ziemlich alles sein konnte, aber jeder, der ein bisschen Menschenkenntnis besaß, konnte sehen, dass es sich hier um nur eines handeln konnte: nämlich ein glückliches, frisch verliebtes Paar!
Ha! Und in der Bunten stand doch tatsächlich: Leander Berglandt turtelte den ganzen Abend mit einer geheimnisvollen Begleitung.
… Wenn das Witta sah! Dann hatte sie endlich wirklich mal einen Grund, eifersüchtig zu sein. Ob ich sie anrufen sollte? Nur einen klitzekleinen Anruf, so unter Freunden, schließlich musste ich auch noch für ihre Party Zusagen.
Bevor ich meine kleine Gemeinheit in die Tat umsetzen konnte, klingelte mein Handy. Es war Stader. Las er etwa auch
Weitere Kostenlose Bücher