Klatschmohn
einen komatösen Schlaf und schlief mich gesund.
Am nächsten Morgen war ich froh, wieder arbeiten zu können. Ablenkung würde mir gut tun, und ich freute mich auf meine Routine. Leanders Biografie wollte ich so schnell wie möglich beenden, um das Kapitel endgültig zu schließen.
Vera freute sich, mich zu sehen.
»Du siehst gut aus. Deine Gesichtszüge wirken viel entspannter. Nur deine Nase ist gerötet.«
Ich sah mich um. Max war noch nicht da. Mich überkam ein mulmiges Gefühl und ich musste feststellen, dass ich nervös war. Wir hatten seit Sonntag nicht gesprochen und ich wollte unsere Auseinandersetzung aus der Welt schaffen.
Ich schielte auf den Schreibtisch, an dem er gewöhnlich saß. Weder von ihm noch seinem Laptop eine Spur.
»Vera, weißt du, wann Max heute kommt?«, fragte ich betont ruhig.
Vera sah mich erstaunt an. »Wie? Weißt du nicht, dass er weggefahren ist?
Er war am Montag hier und hat einen Brief für dich abgegeben.«
Auf meiner Tastatur lag ein Umschlag. Ich setzte mich und öffnete ihn.
Hi Pia. Ich brauche eine Pause und fahre einige Tage weg.
Geplättet rief ich auf seinem Handy an, es ging aber nur die Mailbox an. Na toll, ich hatte Max vergrault. Dabei hatte ich mich so gefreut, ihn wiederzusehen und die dumme Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. Mir wurde bewusst, wie ausnahmslos er mich unterstützte und meine Mission zu seiner erklärt hatte.
Ich vermisste seine Witze und sein Lachen. Ohne ihn und seine Aufheiterungen wäre die letzte Zeit eine wahre Pein gewesen, und ich hatte mich nicht einmal dafür bedankt, sondern ihn als oberflächlichen Frauenheld abgetan.
Ich, die immer dachte, keine Vorurteile zu haben, hatte ihn vom ersten Augenblick an auf ein Klischee festgenagelt.
Der Tag verlief schleppend. Immer wenn mein Telefon klingelte, nahm ich ab in der Hoffnung, Max würde sich melden.
Am Abend war ich mit den Mädels verabredet. Katharina hatte uns zur Eröffnung eines neuen Memberclubs geschleppt, was mir sehr gelegen kam, denn heute wollte ich in der Nähe alkoholischer Getränke sein.
Und da kamen die Cocktails schon.
Katharina warf ihnen einen schmerzlichen Blick zu und nippte brav an ihrem Selters weiter, während Lilli und ich uns ausgiebig bedienten.
Als meine Zunge locker saß, beichtete ich, Max in die Flucht geschlagen zu haben.
»Stellt euch das vor. Ich möchte mich unbedingt versöhnen, und er haut ab.
Das ist komplett überreagiert, oder? Dabei sagt man das uns Frauen nach.«
Katharina, die einzig nüchterne, konterte: »Ich kann ihn verstehen. Ich würde den Berglandt auch nicht so davonkommen lassen wollen. Und überleg mal, wie lange er daran gearbeitet hat, wie viele Überstunden er hineingesteckt hat.
Umsonst! Kein Wunder, dass der sich mal ein paar Tage ausruhen will.«
»Es ist nur so ein komisches Gefühl, wenn man im Unguten auseinander geht und keine Möglichkeit hat, das zu klären«, entgegnete ich.
Lilli kicherte beschwipst. »So, so! Da hat sich wohl jemand verliebt? So ein komisches Gefühl.« Sie stimmte einen Uraltschlager an: »Dieses Kribbeln im Bauch«, bis Katharina, der die Situation sichtlich peinlich wurde, unterbrach.
»Reißt euch zusammen. Ihr bekommt doch nicht zum ersten Mal im Leben freie Getränke! Da müsst ihr nun wirklich nicht wie die Pauschaltouristen aufs Buffet stürzen, nur weil es gratis ist! Etwas mehr Klasse, wenn ich bitten darf!«
Ach, war Katharina anstrengend, seit sie nur noch Wasser trinken durfte!
Ich wandte mich Lilli zu. »Sehr witzig! Natürlich bin ich nicht verknallt in ihn. Ich bin gerade mal Leander losgeworden. Mir liegt es nur schwer im Magen, mit jemandem, den ich mag, Unfrieden zu haben. Außerdem kann ich euch beruhigen. Er kann mich gut leiden, aber das war’s dann auch.«
Beide lachten los. Katharina bemerkte: »Genau, und deshalb muss er Abstand gewinnen und Reißaus nehmen. Ihr passt wirklich gut zusammen. Die eine blind, der andere hat Scheuklappen auf.«
Nun musste ich den Cocktails Tribut zollen und mich dringend erleichtern.
Ich stakste auf die Toilette, wenn man den Prachtbau überhaupt so nennen konnte. In die Marmorhalle hätte locker eine Kleinfamilie einziehen können. Es gab keine Waschbecken, sondern schwarze Marmorschrägen, die in den Raum ragten.
Das Wasser plätscherte in breiten Strahlen den Stein hinunter. Wenn man die Hände darunter hielt, tröpfelte laserbedient flüssige Seife, die nach Jasmin roch, über die
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