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Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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Zettel lesend:) Der Vortrag lautet Ontologie und Bewußtsein. Thesen zu … (stockend, nochmals lesend:) … Thesen zu Heidegger. Zu wem? rief wer. Valli: Zu Heidegger. Huber: Welcher Heidegger denn? Valli: Keine Ahnung, wisse er auch nicht. Allerdings vergaß man den unverständlichen Titel auch gleich wieder, und vor allem das Wort Ontologie vergaß man gleich wieder, es war gar niemandem aufgefallen; es handelt sich hierbei offenbar um ein Wort, bei dem man, kaum daß es fällt, sofort weghört. Valli bat nun Moreth, endlich zu erläutern, was er vorhin über Zanetti habe sagen wollen bezüglich des Weltuntergangs und der Verschwörung. Alle bestürmten den jungen Moreth erneut, es möglichst einfach und verständlich zu sagen. Moreth sagte, wo Zanetti auftritt, vertritt er gewisse apokalyptische Theorien sowohl über die Weltwirtschaft beziehungsweise deren totalen Zusammenbruch als auch über die ökologische Belastung der Welt und das dialektisch notwendige Heraufkommen gewisserökologischer und sogar terroristischer Bewegungen. Diese kämen mit einer ebenso notwendigen Bewegung zum Vorschein wie das Braun der Blätter im Herbst , das habe er aus Zanettis eigenem Munde gehört. Huber: Wie das Braun der Blätter im Herbst, aha. Was habe er übrigens gerade eben vom Terrorismus gesagt? Habe das was mit Klausen zu tun? Wenn es hier Terroristen gibt, dann werden wir uns bewaffnen und das in unsere eigenen Hände nehmen. So wahr ich der Huber bin! Das Gespräch wurde nun immer chaotischer. Irgendwer stellte die These auf, der alte Perluttner könnte hinter dem Wandanschlag stecken. Diese These wurde drei Minuten lang heftig debattiert. Dieser Mann, hieß es, war berüchtigt für Ausfälle der verschiedensten Art. Perluttner hatte schon einmal mit einem an seinem Stock befestigten Pappschild auf dem Kirchplatz demonstriert, und zwar wegen … niemand konnte sich an den Anlaß dieser Demonstration erinnern. Auf jeden Fall war damals stadtbekannt geworden, wie der alte Perluttner dort herumgestanden hatte. Mehrere Stunden hatte er mit seinem Plakat wie festgewurzelt vor dem Kirchenportal verweilt, dann war er noch eine Stunde im Kreis herum gelaufen und hatte verschiedene Parolen gerufen, bis ihn irgendwelche Leute weggeschafft hatten. Zwischendurch waren immer wieder mehrere Gruppen von Klausnern dort auf dem Kirchplatz erschienen, allein aus dem Grund, um Perluttner bei seiner Demonstration zu besichtigen. Warum sollte Perluttner nicht plötzlich über den Staudamm,den Straßenbau und den insgesamten Verkehr schimpfen? Das war doch durchaus denkbar. Aber sofort wurde diese These wieder fallengelassen, denn man traute Perluttner einerseits einen so detaillierten Text mit derart genauen Beschreibungen nicht zu, und zum anderen war völlig ausgeschlossen, daß Perluttner den Text ins Internet gestellt hatte, mit so etwas kannte sich der alte Mann überhaupt nicht aus. Zudem war ja der Betreffende auch noch illegal auf die Seite des Fremdenverkehrsvereins gelangt. Sie redeten dort beim Nussbaumer noch eine ganze Weile über den betreffenden Wandanschlag, noch andere Wirtshausgäste kamen hinzu, alle hatten draußen den Text gelesen, immer mehr zeigten sich darob sehr beleidigt und pikiert. Wieso dieser junge Gasser Klausen auf eine so abscheuliche und niederträchtige Weise beschimpfe, rief wer. Wir wollen nicht, daß unsere Stadt beleidigt wird. Wir wollen stolz sein auf unsere Stadt. Wer unsere Stadt beleidigt, beleidigt uns. Und wer uns beleidigt, soll verschwinden. Das freilich war eine ebenso geradezu logische wie vollkommen inhaltsleere Satzfolge, die da wer in rhetorischer Emphase in den Raum rief. Es wurde sogar geklatscht, andere allerdings lachten, Wein wurde bestellt. Gruber verließ alsbald wieder den Nussbaumer, um zu den Gassers zu laufen. Im Eingang des Lokals fiel ihm noch auf, daß unweit des Anschlags, den man dort einfach hatte hängen lassen, ganz so, als handle es sich um eine städtische Bekanntmachung, die alle erfahren sollen, ein Plakat mit dem bekannten Stich von Dürerhing, ein Plakat, das für irgend etwas warb, das mit Klausen zu tun hatte. Man benutzte diesen Stich für allerlei, denn das von Dürer gezeichnete Klausen ist vollkommen idyllisch und für Werbezwecke ideal geeignet. Das große Glück Dürers ist das große Glück Klausens. Wie viele Menschen zieht der Name Dürer nach Klausen! Gruber betrachtete das Plakat nachdenklich, riß es dann allerdings einfach ab und warf es in den

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