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Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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Volksbildungsvereins … (kurze Pause, eine weite
     Geste mit den Armen) … liebe Gäste hier in Klausen,ich möchte Sie ganz herzlich begrüßen zu einem weiteren Abend in unserer
     Vortragsreihe zur Südtiroler Kultur. Manch einer wird sich vielleicht noch an den letzten Vortrag erinnern, als unser lieber Doktor Pfundneider
     … etcetera . Passler wurde schon hier zu lang. Pfundneider, der Name führte zu Gelächter, aber rätselhafterweise redete Passler mit einer ganz
     warmherzigen Freude und Begeisterung im Gesicht, obgleich die meisten es als langweilig und deplaziert empfanden, was er von sich gab, denn niemand wollte
     etwas von Pfundneiders Vortrag wissen, zu dem ohnehin damals nur etwa fünfzehn Personen erschienen waren. Passler machte wirklich eine unfreiwillig
     komische Figur, wie er da vorne stand. Er war sehr groß, hatte einen leichten Buckel, das Gesicht war vogelhaft nach vorne gerückt, er schaute mit einem
     fürchterlich treuherzigen Blick ins Publikum. Der Eindruck von Treuherzigkeit wurde durch seine buschigen, schräg nach unten gezogenen Augenbrauen noch
     verstärkt. Er wirkte so, als müsse er ständig mit Gewalt seine Augen offenhalten. Und seine Kleider fielen an ihm, während er vornübergebeugt und
     händereibend dastand, ganz und gar windschief herab. Was für ein Original, sagten die Deutschen. Sie wirkten jetzt konzentrierter, denn die Veranstaltung
     hatte ja augenscheinlich begonnen. Passler redete sich ohne jeden Grund in eine regelrechte Begeisterung hinein, er lobte Land und Leute, wies auf die
     herrliche Lage Klausens hin (offenbar redete er dieses Zeug für die Touristen zusammen), alleweil sei man hier muntrerLaune im
     Eisacktal, und dann rief er noch Dinge wie frisch auf denn und alleweil lustig weiter , ohne jede Motivation. Man dachte, er sei nun fertig
     und komme endlich auf den Vortrag zu sprechen, den er anzukündigen hatte. Allerdings begann Passler nun auch noch den Südtiroler Wein zu loben, den
     uralten Vernatsch, den Lagrein, vor allem den Silvaner, und er rief begeistert ins Publikum, wer den Eisacktaler Silvaner gekostet hat, der bleibe ein
     Optimist sein ganzes Leben lang. Er sagte diesen ganzen Unsinn nur, um auf das Getränkebuffet hinzuweisen und alle anschließend noch auf ein Glas Wein
     einzuladen, obgleich sich die meisten dort schon bedient hatten. Vermutlich wollte Passler einfach so gastfreundlich wie möglich zu den Touristen sein,
     wenn sie schon so zahlreich zu dem Vortrag erschienen waren. Deshalb wohl hielt er diese unpassende Rede, die die eine Hälfte des Publikums erstaunte und
     langweilte und die andere einfach nur belustigte. Übrigens hatten immer noch nicht alle Platz genommen, und das Kommando zum Schließen der Tür war viel zu
     früh gegeben worden. Immer wieder wurde die Tür von außen geöffnet, Menschen zwängten sich in fast vollkommen gefüllte Stuhlreihen, andere stellten sich
     an die Wand, so daß es immer enger wurde. Alle waren gekommen. Man sah den alten und den jungen Moreth, beide stehend, Taschner saß unweit von ihnen,
     Perluttner wiederum in dessen Nähe. Huber war da, Valli, Meraner und sein Stammtisch, weiter hinten saß ganz allein Neri. Den Professor erblickte manziemlich weit vorne. Ebenfalls anwesend waren Paolucci, jetzt mit einem Photographen, die gesamte Familie Maretsch, die Grubers,
     Nussbaumer mit seiner Frau, auch der Bürgermeister war zugegen. Ganz hinten stand Delazer, er war gerade erst gekommen. Er lehnte mit gekreuzten Armen und
     Beinen an der Wand, offenbar vollkommen unbeteiligt, er wirkte fast belustigt. Viele schauten zu ihm hin, es ging sogar ein Raunen durch den Saal, als man
     ihn erkannte, trotz dem Halbdunkel, das dort hinten herrschte und es einem zunächst schwermachte, die Gesichter deutlich zu unterscheiden. Passler sprach
     jetzt von dem Vortragenden. Er freue sich, sagte er, einen so profunden Kenner wie Herrn Magister Zanetti heute abend hier im Kulturverein zu Klausen im
     Bürgersaal begrüßen zu dürfen etcetera etcetera . Dann folgte Zanettis Vita. Zanetti war achtundzwanzig Jahre alt, hatte in Florenz und Paris und
     Berlin studiert und in diesen Städten auch längere Zeit gewohnt, sei also, sagte Passler wiederum überaus treuherzig, ein weitgereister Mann, und deshalb
     ist es besonders schön, daß er hier zu uns in unser schönes Südtirol gefunden hat, an die Universität zu Bozen, und daß er zu uns hier herauf nach Klausen
     gekommen ist, um heute abend

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