Klebstoff
des Viertels der alten Hafenstadt, aus der ihre Familie kam, heruntersehen würde. Auf alle bis auf einen, und der lag neben ihr.
Die Betrunkenen waren jetzt fort, ihre Stimmen verhallten in der Nacht, aber nur, um die Rückkehr der peitschenden Böen einzuleiten. Ein neuer, wütender Windstoß, und das Fenster bog sich nach innen wie Rolf Harris’ Singende Säge und gaukelte ihr kurz die dramatische Möglichkeit des Zerspringens vor, der einzige Vorfall, der ihren pennenden Mann neben ihr garantiert aufwecken und dazu zwingen würde zu handeln, etwas zu unternehmen. Egal was. Nur um ihr zu zeigen, dass sie hier beide gemeinsam drinsteckten.
Sandra betrachtete ihn, während er ebenso tief schlief wie die Jungen nebenan. Er war etwas fülliger geworden, und sein Haar wurde dünner, aber er ließ sich nicht so gehen wie manch anderer, und er sah immer noch ein bisschen so aus wie Rock Hudson in In den Wind geschrieben , dem ersten richtigen Film, den sie in ihrer Jugend gesehen hatte. Sie versuchte sich vorzustellen, wie sie aussah, befühlte ihre Schwabbeligkeit und Zellulitis; es tröstete und ekelte sie zugleich, ihre Hände auf ihrem Körper zu spüren. Sie bezweifelte, dass man bei ihr immer noch an Dorothy Malone dachte. So hatte man sie damals genannt, »die Hollywood-Blondine«.
Marilyn Monroe, Doris Day, Vera Ellen; an jede von ihnen hatte sie die Leute erinnert, je nach der neuen Frisur, doch an keine mehr als an Dorothy Malone in In den Wind geschrieben . Wie lächerlich. Natürlich hatte sie damals nichts von diesem Spitznamen gewusst, der ihr im Cappy Concert und solchen Orten anhing. Hätte sie es gewusst, wäre sie unausstehlich gewesen, gestand Sandra sich ein. Erst Wullie hatte ihr, als sie noch nicht lange zusammen waren, erzählt, dass er mit dem Mädchen ging, das bei allen anderen Jungs »die Hollywood-Blondine« hieß.
Mit plötzlicher Heftigkeit prasselte der Regen wie Schotter an das Fenster, so fest, dass ihr Herz in zwei Teile zu zerspringen schien, von denen ihr eins in die Kehle fuhr und das andere in den Magen rutschte. Es hatte mal eine Zeit gegeben, dachte sie, in der das alles egal gewesen war; der Wind, der Regen, die Betrunkenen draußen. Würde Wullie doch bloß aufwachen, sie in die Arme nehmen und festhalten, und sie lieben, wie sie es früher getan hatten, manchmal die ganze Nacht lang. Könnte sie doch nur die Entfernung zwischen ihnen überwinden, ihn einfach wachrütteln und ihn bitten, sie in den Arm zu nehmen. Aber irgendwie erwartete keiner von ihnen, ausgerechnet diese Worte aus ihrem Mund zu hören.
Wie hatte aus den wenigen Zentimetern zwischen ihnen eine derartige Kluft werden können?
Während sie im Bett lag, an die triste Decke starrte und Panik in Wellen durch sie hindurchschnitt, tat sich ein gleißend heller Spalt in Sandras Bewusstsein auf. Sie konnte beinahe spüren, wie ihr Verstand durch ihn hindurch in einen Abgrund rutschte und sie als leere, zombiegleiche Hülle zurückließ. Und sie war fast bereit, sich diesem Gefühl wohlig zu überlassen, nur um wie ihr Ehemann Wullie zu sein, der in all dem Radau durchschlafen konnte bis zum Morgen.
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Terry Lawson
VOLL IM SAFT
Stevie Bannerman nimmt sich ganz schön was raus, die Sau. Sitzt den ganzen Tag schön im Lieferwagen, un ich darf dafür bei Wind un Wetter hinten die Kisten ausm Laster durch den Regen wuchten, erst bei den Pubs und Clubs und dann von Tür zu Tür in den Siedlungen hier. Aber eigentlich kann ich mich nich beklagen: Laufen viele Ischen vorbei, und hier an der frischen Luft sein und den Weibern nachglotzen ist doch das Salz in der Suppe. Aber hallo.
Ich hätte eigentlich auch länger machen sollen, die meinten, ich könnt die mittlere Reife packen, wenn ich bloß wollte. Aber was willste an der Schule bleiben, wenn du praktisch schon jede brauchbare Perle, die da rumläuft, genagelt hast? Totale Zeitverschwendung. Das muss ich meinem Kumpel, dem Milky Bar Kid, erst noch verklickern.
So n Rohr gehabt heut Morgen. Jedesmal dasselbe, wenn ich am Abend vorher im Classic war und mir versaute Filme angeguckt hab. Ich wollte eigentlich danach zu Lucy, aber ihr alter Herr lässt mich nich da pennen. Wir solln uns richtig verloben, was denn noch alles. Dazu habter Zeit genug, wenn ihr verheiratet seid, kommt mir die Fotze an. Aye, als ob der und Lucy ihre Ma den ganzen Tag am Einlochen wärn.
So sehn die aus.
Wir sind wieder zurück in der Siedlung, und Stevie hält mit dem Lieferwagen am
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