Klebstoff
Sues Miene und Körpersprache ist jetzt ziemlich deutlich ersichtlich, dass sie sich von mir abgewandt hat, dass sie alles bereut. Ich hör, wie sie betrunken vor sich hin murmelt: – Und nicht mal n Scheißkondom … so verdammt blöd …
Tja, ich schätze, das war’s wohl auch. Also fang ich jetzt an, es zu bereuen. – Ich geh rein und seh mal nach den Jungs … bis gleich, sag ich, aber sie hört nicht zu, ihr ist es scheißegal, und keiner von uns beiden ist gekommen, das kann man wohl kaum nen gelungenen Fick nennen. Aber es ist ja bloß Ficken: nichts, worüber man sich lange den Kopf zerbrechen sollte. Man muss ab und zu auch mal beschissenen Sex haben, nur um wieder die richtige Perspektive für das geile Ficken zu bekommen. Wenn jede Nummer Bilderbuchporno wär, wär es bedeutungslos, denn dann hätte man ja keinen richtigen Vergleich. So muss man das sehen.
Ich mach, dass ich wegkomme, stolpere, falle beinah über ne Zeltschnur und schwanke an nem Typ mit gebrochener Nase vorbei. Sein Freund hilft ihm, er hält dem Typ den Kopf in den Nacken. Ein Mädchen geht hinter ihnen her und meint mit nordenglischem Akzent: – Ist er okay, ist er okay?
Sie ignorieren sie, ihr Gesicht verzieht sich, sie sieht mich an und sagt: – Dann leckt mich doch! Aber sie geht ihnen trotzdem hinterher.
Als ich wieder im Zelt bin, lauf ich ne Weile rum, bis ich Billy seh, der absolut dicht aussieht. Er glotzt auf seine Fingerknöchel und massiert sie. – Billy. Wo ist Gally? frag ich, weil ich mir denke, dass Terry wohl mit dieser Hedra zusammen sein wird, aber Gally allein war.
Birrell guckt mich tierisch aggressiv an, mit zusammengekniffenen Augen, dann scheint er mich irgendwie zu erkennen und entspannt sich. Er streckt die Finger seiner Hand aus. – Ich darf nich rumlaufen und mich mit Irren prügeln, Carl, ich hab n wichtigen Kampf anstehn. Wenn der Knöchel gebrochen ist, dreht Ronny durch. Aber die wollten mich anmachen, Carl. Was sollte ich denn machen? Die wollten mich anmachen. Das ist die Härte. Terry hätte hier sein sollen, um das zu regeln!
– Du hast ja Recht. Wo ist Gally? frag ich ihn nochmal. Wetten, dass der dämliche kleine Mutant in irgendwas reingeraten ist? Ich bin allerdings etwas überrascht über Billy, der normalerweise der Vernünftige von uns ist.
– Dem war schlecht. Der hat nem Mädchen übern Rücken gekotzt. Er hat mit ihr getanzt. Wo ist Terry? Ich musste ganz allein drei Typen weghaun. Wo habt ihr gesteckt?
– Weiß ich nicht, Billy. Ich find ihn schon. Du wartest hier, sag ich zu ihm.
Terry war bei Gally, der echt n bisschen mitgenommen aussah. Sein schwarzes T-Shirt war vorn bekotzt, sein Haar war schweißnass, und er schnaufte heftig. Terry grinste übers ganze Gesicht, der lachte sich kaputt. – Der gehört in die zweite Liga, tönt er und dreht sich zu Hedra und so nem deutschen Typ um. – Ein mieser Botschafter. Hi, Galloway, benimm dich wie n Hibs-Fan, um Himmels willen. Er zeigt auf Gally und fängt an zu singen: – Are you Jam Tarts in disguise … oh shitey, shitey, shitey, shi tey, shitey, shitey Galloway … Dann nickt er mir plötzlich zu:
– Wo ist unser Secret Squirrel? Hab ihn da hinten um sich schlagen sehn. Die Fotze war total im falschen Film. Die Jungs ham ihm überhaupt nichts getan. Der verträgt einfach keinen Alkohol mehr. Wahrscheinlich hat er in seinem Kopf n Gong gehört, lachte Terry. – Ring frei! Ding-dong! Er fängt an, den Titelsong von Secret Squirrel zu singen: – He’s got tricks, up his sleeve, most bad guys can’t believe … a bullet-proof coat …
Die Welt ist klein? Sie ist ein Grundschulglobus, denn jetzt kommen ein paar deutsche Typen zu dem Jungen, der bei Terry steht, und einer von ihnen ist Rolf. Wir erkennen uns sofort und schütteln uns die Hand. – Wir wollen zu ner Party, sagt er und guckt missbilligend über die bierselige Szenerie und die Blaskapelle, die immer noch spielt, – da ist die Musik besser.
Das passt mir ausgezeichnet. – Geil, sag ich. Die Jungs mögen meinen Dialekt vielleicht nicht verstehen, aber die Stoßrichtung ist klar. Es heißt, dass Körpersprache mindestens fünfzig Prozent der Kommunikation ausmacht. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber Sprache und Wörter werden überbewertet. Tanzen lügt nicht, Musik lügt nicht.
– Ich bin dabei, sagt Terry, – hier wird’s mir zu chaotisch. Dann fängt er an so zu reden wie das kleine Kerlchen mit der Brille und dem Fez, dieser Kumpel von Secret
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