Klebstoff
dabei, dann können wir uns immer noch entscheiden. Ich bin morgen auch noch da, sagte Rab und überraschte sich selbst, wie edel er klang, wie rein seine Empfindungen waren.
Scheiße, ich hab mich doch glatt verliebt, dachte Rab. Ich geh raus was trinken und hoffe auf ein Nümmerchen und verliebe mich doch glatt. Und er kam sich vor wie ein törichter Gott.
Selbst vom West End aus, hackedicht und ohne seine Brille, bildete Alec sich ein, die Fensterputzer-Plattform am Balmoral Hotel sehen zu können. Als sie näher kamen, bevor sie in die George Street einbogen, sah Terry nach oben und schauderte. Er würde, er könnte nicht nochmal da oben raufgehen. Es war zu hoch. Da konnte man allzu leicht abstürzen.
WICHSEN
Franklin war die ganze Nacht wach gewesen, weil er nicht zur Ruhe gekommen war. Sein Magen rumorte, und er konnte nicht schlafen. Erst tobte er innerlich, geschissen auf die selbstsüchtige Nutte, ist doch nicht mein Problem? Minuten später war er dann krank vor Sorge, telefonierte mit Clubs und Late-Night-Bars und sah in Kathryns Zimmer nach.
Zur Entspannung wollte er sich vor dem Pornokanal einen runterholen. So beunruhigt, wie er war, brauchte er ewig, um zu einem Orgasmus zu kommen, und als er dann kam, fühlte er sich elend und leer. Dann fiel ihm, du großer Gott, die Scheißbrieftasche ein! Die verdammten Karten! Als er sich den Zeitunterschied zu New York klar machte, rief er einige Nummern an, um sie sperren zu lassen. Es dauerte ewig, bis er durchkam. Als es endlich klappte, hatte das Arschloch, das ihn beklaut hatte, schon Waren im Wert von rund zweitausend Pfund eingesackt.
Schließlich sank er in einen ungesunden Schlummer. Als er abrupt aufwachte, war es schon fast Mittag. Aus Verzweiflung wurde Galgenhumor. Alles ist hin, sagte er sich. Es ist vorbei.
Das hat sie noch nie getan, am Vorabend eines Auftritts zu verschwinden.
Alles ist hin.
Er dachte an Taylor.
Franklin ging aus. Scheiß auf die Schlampe; wenn sie das konnte, konnte er das auch. Er würde sich in jeder einzelnen Bar in diesem gottverlassenen Dreckskaff einen genehmigen.
[Menü]
Flughafen Heathrow,
London, England
18.30 Uhr
Großbritannien. Nein, es ist England. Es ist nicht Schottland. Großbritannien hat es in Wirklichkeit nie gegeben. Das war alles ein PR – Schwindel im Dienste des Empire. Heute dienen wir anderen Empires, darum erzählen sie uns, wir wären was anderes. Europa oder der einundfünfzigste Bundesstaat der USA oder die Atlantischen Inseln oder ähnlicher Scheiß. Alles dreckige Lügen.
In Wirklichkeit hat es immer Schottland, Irland, England und Wales gegeben. Raus aus dem Flugzeug, rein ins Flugzeug. Ab nach Schottland. Nicht viel mehr als eine Stunde entfernt.
Ich krieg keine Maschine nach Edinburgh. Die nächste geht nach Glasgow. Ich will hier nicht wartend rumsitzen, auch wenn der nächste Flug nach Edinburgh mich fast genauso schnell nach Hause bringen würde, als wenn ich fürs letzte Stück den Zug nehme. Aber es ist mir irgendwie wichtig, dass ich in Bewegung bleibe, also kauf ich ein Ticket nach Glasgow.
Ich ruf meine Mutter an.
Es tut gut, mit ihr zu reden. Sie wirkt gefasst, ist aber ein bisschen abwesend, als wär sie auf Valium oder so was. Meine Tante Avril kommt ans Telefon und sagt mir, dass sie sich tapfer hält. Um den alten Herrn steht’s unverändert. – Sie warten jetzt nur noch ab, Junge, sagt sie.
Es ist die Art, wie sie es sagt. Sie warten nur noch ab. Ich geh aufs Klo und setze mich dort von Schmerz und Angst gelähmt hin. Es kommen keine Tränen, und sie wären auch sinnlos, als versuchte man einen Stausee von Schmerz durch einen Infusionsschlauch auslaufen zu lassen. Ich bin ja bescheuert. Mein alter Herr wird wieder in Ordnung kommen. Er ist unbesiegbar, und die Ärzte sind beschissene Wichser. Sollte er tatsächlich sterben, dann deswegen, weil sie ihn mit nem Dutzend weiterer nicht so finanzstarker Patienten auf dem beschissenen Parkplatz bei den Mülltonnen stehen gelassen haben, statt ihm ein vernünftiges Krankenhausbett zu geben, wo er die Behandlung bekommt, für die er sein Leben lang mit seinen Stempeln und seinen Steuern wohl mehr als ausreichend bezahlt hat.
Ich kann an nichts anderes denken als an die Wohnung meiner Ma. Pennen, rasieren, duschen und den äußerlichen Staub und Schmutz abwaschen, dann werd ich sie alle wiedersehen. Vielleicht sogar hören, was ein paar von den Jungs machen. Tja, vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich bin zu fertig, um
Weitere Kostenlose Bücher