Klebstoff
Vorstadium sehen: Der Vergewaltiger plaudert mit seinem Opfer; der Gauner trinkt gelassen mit dem Typen, der ihn demnächst verpfeifen wird; die bezechten Busenfreunde in der Ecke, die nur darauf warten, dass der Alkohol endlich ihr Gehirn überlädt und überhitzt, um einander dann aus Zorn oder Paranoia die Faust oder ein Glas ins Gesicht zu rammen, lange vor der Sperrstunde. Aber das Fieseste und Unheimlichste bei all dem war, dachte sie, während sie sich ihre eigene Gesellschaft ansah, dass man sich nicht selbstgefällig zurücklehnen und von diesem Kreis ausschließen konnte.
Lisa sah eine ausgemergelte Frau dasitzen, die einen gequälten Eindruck machte, zu früh gealtert, und neben ihr einen fetten, selbstsicheren, rotgesichtigen Mann, der in halb lachendem, halb höhnischem Tonfall laut auf sie einredete, Worte, die sie nicht verstehen konnte. Kein Zweifel, wer da das Sagen hatte. Noch so eine Frau in ner Männerwelt, immer verletzlich, dachte sie. Sie spürte, wie ihre Hand sich fester um die von Charlene schloss, wollte sie fragen, ob sie okay sei, ob sie schon runterkam, ob die Dämonen schon mit ihrem unbarmherzigen Tanz begonnen hatten, aber nein, sie lachte und ihre Augen waren immer noch geweitet und lebhaft. Immer noch aufgekratzt, immer noch ungebrochen. Aber das könnte noch kommen. Ach, Scheiße, wen will ich hier verarschen? Es wird kommen, für jeden. Berufsrisiko bei solchen harten Nächten. Also gut auf sie aufpassen.
Aber es passte noch jemand auf sie auf. Und nein, Lisa traute ihm immer noch nicht. Sie hätte Rab Birrell jede andere ihrer Freundinnen anvertraut, das wär gar kein Thema, ginge sie nichts an, aber nicht Char, nicht jetzt. Und gerade jetzt nahm er sie bei der Hand und führte sie zur Theke, und Lisa stand instinktiv auch auf und folgte ihnen. Terry packte ihre Hand, als sie an ihm vorbeihuschte. Er zwinkerte ihr zu. Sie erwiderte das Lächeln, wies mit dem Kopf Richtung Theke und nahm ihre Überwachung wieder auf.
Sie sah Rab mit Charlene, er hatte zwei Pints Wasser bestellt und füllte jetzt den Inhalt eines Tütchens hinein, das er aus der Jackentasche gezogen hatte, wodurch sich die Flüssigkeit eintrübte; der Bodensatz löste sich nicht ganz auf. – Trink das, sagte er lächelnd, hob ein Glas und nahm große Schlucke daraus.
Charlene zögerte. Es sah scheußlich aus. – Soll das ein Witz sein? lachte sie, – was ist das?
– Elektrolyte. Nimm eins davon, und es ersetzt die Flüssigkeit und das Salz, die das Bier und die Drogen dir entzogen haben. Mindert die Härte des Katers um rund 50 Prozent. Früher fand ich das doof, n bisschen verweichlicht, aber nach so Exzessen wie heute mach ich das immer. Bringt doch nichts, tagelang im Bett zu liegen und sich krank zu fühlen und jedes Mal aus der Haut zu fahren, wenn das Telefon klingelt, wenn’s gar nicht sein muss … naja, jedenfalls nicht so heftig, grinste er und hob sein Glas.
Das hörte sich gut an. Sie würgte es runter, als Lisa entsetzt dazukam, Bilder von Rohypnol und GHB im Kopf. Auf keinen Fall nahm er sie mit nach Haus. – Was hast du ihr da gegeben? fing sie an, stockte aber, als er den Rest runterschluckte, bevor er es ihr erklärte.
Bei ihrem zweiten Glas stimmten Alec und Gerry an der Theke ein Lied an. – You-coaxed-the-bluesss-right-out-of-the-horn mae-ae-ae …
– Nich ganz so laut, Jungs, warnte der Barkeeper.
– Ham hier wohl genug getrunken … singen bloß n beschissenes kleines Liedchen, moserte Post Alec und platzte mit einer plötzlichen Eingebung heraus: – Eyamalinesman from the counteee …
Alec kam nicht mehr dazu, zu erwähnen, dass er die mainline guidete. – Okay, Alec, das reicht, raus, fuhr ihn der Barkeeper an. Ihm reichte es; gestern, vorgestern. Alec hatte mehr letzte Warnungen geschafft, als Frank Sinatra, einer seiner Helden, Abschiedskonzerte gegeben hatte. Jetzt reichte es.
Terry stand auf. – Okay, alle miteinander, gehn wir. Er wandte sich an den Barkeeper. – Wir gehn in n ansprechenderes Lokal, in die Business Bar, sagte er hochmütig.
– Aye, da ham sie auf euch gewartet, spottete der Barkeeper.
– Was soll n das heißen? fragte Terry.
– Aye … Scheißtyp, giftete Catarrh und stärkte seinem Freund den Rücken.
– Ihr werdet da gar nich bedient, und ich sag euch noch was, wenn ihr nicht bald verschwindet, ruf ich die Polizei.
– Kathryn Joyner hier, lallte Terry und zeigte auf Kathryn, die versuchte, die Tatsache zu verbergen, dass ihr das alles
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