Kleider machen Bräute
blieben stehen und starrten ihn an.
»Wieso nicht?« Pascal wirkte überrascht, als Molly und Simon die Köpfe schüttelten. »Dann also nur Blumen. Über Blumen freut sich jeder. Ich werde sie an das Post amt schicken, besser gesagt, Annabelle damit beauftragen.«
»Was zählt, ist die gute Absicht«, flüsterte Simon Molly ins Ohr. Sie kicherte. Jetzt, wo sie endlich vorankamen, fand sie Simon längst nicht mehr so übel wie noch vor wenigen Stunden.
Sie betraten das Bahnhofsgebäude. Es war nicht sehr groß – ein paar kleine Läden auf der einen Seite und ein Kaffeestand. Aber vor allem gab es hier Züge. Molly sah auf die Anzeigetafel und warf dann einen Blick auf ihre Armbanduhr.
»Der Zug nach Venedig geht in zwei Stunden. Hurra!« Molly spürte, wie sich ihre Schultern entspannten. Endlich , sie hatten es geschafft! Sie schickte einen Luftkuss zur Anzeigetafel hinauf. Bis zu diesem Augenblick hatte ihre Reise etwas Surreales gehabt, aber als sie jetzt das Wort »Venezia« in gelben Leuchtbuchstaben dort oben sah, hätte sie am liebsten einen Freudentanz aufgeführt.
Im wärmeren Teil der Bahnhofshalle fanden sie einen freien Tisch mit Stühlen.
»Ich hole die Fahrkarten«, erbot sich Simon.
Molly kramte in ihrer Handtasche nach dem Portemonnaie.
»Ist schon gut. Das können wir nachher regeln. Ich habe keine Ahnung, was die kosten.«
»Danke.« Molly lächelte, als er die Bahnhofshalle durch querte, um sich an die Schlange vor dem Fahrkartenschalter anzustellen.
»Ich rufe Caitlin an und erzähle ihr alles«, sagte Molly zu Pascal. »Immerhin sieht es so aus, als würden wir es tatsächlich pünktlich zur Hochzeit schaffen. Vermutlich geht sie schon die Wände hoch, weil sie nicht weiß, wo wir stecken.«
»Sie wird dir kaum glauben, wenn du ihr alles er zählst«, erwiderte Pascal lakonisch. »Richte ihr meine aller herzlichsten Grüße aus.«
Molly fand das Handy in ihrer Tasche und rief Caitlin an. Die ging sofort ran.
»Molly?«, fragte sie. »Bist du jetzt hier?«
»Fast«, trällerte Molly. »Ich werde in Kürze bei dir sein. Wie geht es dir?«
»Was denkst du? Ich heirate morgen früh, mein Kleid ist nicht da und ich habe keine Ahnung, wo es sich befindet. Mir geht’s einfach großartig, danke.«
Molly lächelte den Karton zu ihren Füßen an.
»Keine Sorge, das Kleid ist unterwegs. Wir sind nur noch eine Zugfahrt entfernt.«
Sie hörte, wie Caitlin am anderen Ende erleichtert auf seufzte. »Gott sei Dank. Du hattest doch hoffentlich nicht noch mehr Schwierigkeiten? Noch mal verhaftet worden? Wegen terroristischer Umtriebe des Landes ver wiesen?«
Molly beschloss, nichts über die Fahrt mit dem Motorschlitten und die Unmengen Kuhmist zu erzählen.
»Es war zeimlich ereignisreich, aber jetzt ist alles geregelt«, sagte sie stattdessen. »Ich kann es kaum erwarten, dich zu sehen.«
»Warte, bis du erst das Kleid siehst!«, schwärmte Caitlin und fügte dann misstrauisch hinzu: »Hast du es dir angesehen?«
»Ich würde für mein Leben gern, aber nein, habe ich nicht«, antwortete Molly wahrheitsgemäß. »Pascal würde es nicht zulassen.«
»Es ist soooo etwas Besonderes«, schwärmte Caitlin. »Und weißt du was? Diese schreckliche Verzögerung steigert meine Vorfreude nur noch mehr – ich kann gar nicht glauben, dass es mein Kleid ist!«
»Ich werde es Pascal ausrichten.« Sie wandte sich zu ihm. »Caitlin freut sich riesig auf ihr Kleid.«
»Küsschen. Ganz dickes Küsschen an sie«, säuselte Pascal und hatte einen Hauch seines Pariser Elans zurückgewonnen.
»Dicker Kuss von ihm«, murmelte Molly ins Handy.
»Dicker Kuss zurück!«, zwitscherte Caitlin.
»Dicker Kuss zurück«, gab Molly mit ausdrucksloser Miene an Pascal weiter, dessen aufgesetzt seliger Ge sichtsausdruck beinahe echt wirkte.
»Ich ruf’ dich an, so wie wir ankommen«, fuhr Molly fort.
»Hör zu, Molly, tut mir leid, dass ich dich gestern so angefahren habe. Das war nicht nett von mir. Ich war … nervös. Diese ganze Sache mit der Hochzeit …«
»Schon gut«, murmelte Molly und stellte überrascht fest, dass sie es tatsächlich so meinte. »Sobald wir in Venedig sind, melde ich mich, okay. Und – juchhu – du heiratest morgen!«
»Allerdings juchhu!«, kreischte Caitlin. »Bis dann!«
Lächelnd legte Molly auf und schloss die Augen. Alles würde gut werden.
»Jetzt dauert es nicht mehr lange«, sagte Pascal. »Ich möchte ein heißes Bad und einen kalten Cocktail.«
»Du warst heute so
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