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Kleine Abschiede

Kleine Abschiede

Titel: Kleine Abschiede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tyler
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war das nicht nett? Wirklich, so nett.
Die anderen drei haben sich noch nicht gemeldet, aber ich hoffe — «
    »Ach, laß doch, Herzchen«,
meinte Nat. »Was soll’s!« Er schüttelte ärgerlich den Kopf, wie oft, wenn von
seinen Töchtern die Rede war. »Kommt, wir setzen uns ins Wohnzimmer.«
    Sie folgten ihm — Noah trug
immer noch James, setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen — und machten es
sich in einem ungewohnten Durcheinander von Schuhen, Teppichen und Geschenken
bequem. Das Apartment roch bereits nach Babypuder, süßlich und feucht.
    Binky packte die Turnschuhe
aus, lachte und reichte sie Nat; brachte dann auf Delias Wunsch die kleinen
Motorradstiefel. Ein Geschenk ihrer Söhne, sagte sie; die einerseits betonten,
sie seien über ihre Mutter entsetzt, andererseits hatte Peter die Schule
geschwänzt, um ihr das Geschenk persönlich vorbeizubringen. Dann berichtete Nat
von der Fahrt ins Krankenhaus (»Ich sagte: ›Binky‹, sagte ich, ›habe ich nicht
von Anfang an gesagt, wir sollten in den dritten Stock gehen?‹«), und Binky
erzählte zum soundsovielten Mal, wie die Geburt verlaufen war: alles in allem,
sagte sie, war es ein Kinderspiel, verglichen mit den ersten beiden.
(»Eigentlich ist das nichts für Männerohren«, sagte sie, »aber seit Peters
Geburt spüre ich meine Blase nicht mehr, ich gehe einfach alle paar Stunden,
für alle Fälle.«)
    Noah saß da und fühlte sich
überhaupt nicht wohl in seiner Haut. Also stand Delia auf und nahm ihm das Kind
ab — so hatte sie einen Grund, einen Augenblick das entspannte, runde Gewicht
des kleinen Körpers zu fühlen reichte es wieder Binky. »Kann ich irgend etwas
für dich tun? Einkaufen? Irgend etwas erledigen?«
    »Oh, nein, Nat kümmert sich
wunderbar um mich«, sagte Binky.
    Nat, so wußte Delia, spürte
seine Rückblenden besonders beim Autofahren, aber darauf konnte sie nicht
hinweisen, wo er gerade so stolz auf sich war.
     
    * * *
     
    Joel war ausgesprochen nervös,
weil der Nachmittag für die Klassenmütter bevorstand. Sicher wünschte er sich
Ellie herbei, dachte Delia — Ellies geschickte und unterhaltsame Art, Partys
unter ein Motto zu stellen. Doch als sie vorschlug, Ellie anzurufen und bei ihr
Rat zu holen, sagte er: »Wieso das denn? Wir sind doch in der Lage, einen Tee
zu veranstalten, um Gottes willen.«
    »Ja, aber vielleicht — «
    »Das einzige, was wir von Ellie
brauchen, ist ihr Zitronenkuchenrezept«, sagte er.
    »Zitronenkuchen. Ich frage
sie.«
    »Der mit dem Zuckerguß. Und
ihre Gurken-Schnittchen.«
    »Also, Gurken-Schnittchen kann
ich auch«, versetzte Delia.
    »Oh, natürlich.«
    Danach erwähnte er das Thema
nicht mehr — zwang sich zweifellos, es nicht mehr zu erwähnen. Aber am
Freitagnachmittag lief er ihr ständig in den Weg, als sie die große
Kaffeemaschine aufs Eßzimmerbuffet stellte. »Die ganze Gruppe, alles nur
Frauen«, erklärte er.
    »Davon bin ich ausgegangen:
Klassenmütter.«
    »Einen Klassenvater gibt es,
aber der ist auf Geschäftsreise, also hundert Prozent Frauen.«
    Sie setzte Wasser für den Tee
auf. Er folgte ihr. »Sie helfen mir doch bei den Gesprächen?« fragte er.
    Das hatte sie eigentlich nicht
vorgehabt. Sie hatte geplant, die meiste Zeit diskret in der Küche zu
verbringen wie früher Hausdamen in den Romanen des 19.Jahrhunderts. Sie hatte
sich sogar darauf gefreut. Sie sagte: »Oh, hmm...«
    »Allein schaffe ich es nicht,
Delia.«
    »Gut, ich werd’s versuchen.«
Doch die Unterstützung war unnötig, stellte sie fest. Vierzehn Frauen
erschienen — zwei für jede Klasse, minus der reisende Vater und eine Mutter,
die arbeiten mußte. Alle kannten sich, die meisten von Kindheit an, und die
gemeinsamen Themen waren ihnen so vertraut wie ein Geheimcode. »Was hat Jessie
denn schließlich beschlossen?«
    »Oh, genau, was wir die ganze
Zeit vermutet haben.«
    »Mensch!«
    »Ja, aber wer weiß, vielleicht
wird es wie bei dem Mädchen von Sandersons.«
    »Na, ja, kann sein.«
    Delia trug ihr marineblaues
Strickkleid, war davon ausgegangen, daß Tee als schick galt, aber die Gäste
trugen Hosen, Jeans sogar, und eine Mutter trug ein Sweatshirt kompost passiert. Alle waren extrem
neugierig auf sie. Mehrfach wurde sie angesprochen: »Na, wie gefällt es
Ihnen hier? Wie kommt Noah mit allem zurecht? Hat er sich daran gewöhnt?« Wenn
sie antwortete, schwiegen die Stimmen in ihrer Nähe, und andere rückten näher
heran. »Mensch«, sagte eine, »Mr. Miller ist sicher schrecklich

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