Kleine Einblicke
warten und einige Stunden später fand sich David im Aufenthaltsraum desselben Krankenhauses wieder, in dem man ihnen vor knapp fünf Jahren an Weihnachten ihre Tochter in die Hände gedrückt hatte. Adrian saß neben ihm auf einem der unbequemen Besucherstühle, Dominic stand am Fenster und Nick telefonierte gerade leise mit Tristan, denn der und Cameron waren bei ihnen zu Hause. Irgendwer musste ein Auge auf die Kinder haben und Tristan und Cameron hatten sich freiwillig gemeldet.
David hatte sich mittlerweile etwas beruhigt. Nachdem der Schock über den Unfall von den Sanitätern weggeredet worden war, die ihm gesagt hatten, dass der Tom-Doppelgänger nur einen gebrochenen Arm und neben einer Platzwunde am Kopf wohl eine Gehirnerschütterung hatte, raste sein Herz längst nicht mehr wie ein Presslufthammer. Stattdessen wartete er darauf, dass der Polizist, der das Ganze überprüfen sollte, herausfand und ihnen Bescheid sagte, was hier eigentlich los war. Wer dieser Mann war, was er hier machte, und vor allem, ob er tatsächlich harmlos war, was David insgeheim am meisten hoffte, denn ein Mann mit Toms Gesicht durfte einfach kein Verbrecher sein. Oder gar ein Pädophiler, aber das glaubte David nicht. Er wollte es einfach nicht glauben.
Die Tür ging auf.
„Und?“, fragte Adrian, als der Polizist, auf den sie warteten, in den Raum trat.
„Als erstes kann ich Ihnen sagen, wer dieser Mann nicht ist. Bis auf mehrere Geldstrafen wegen Schlägereien, durch die wir ihn auch gefunden haben, gibt es keinerlei Akten über ihn. Er ist weder ein Kinderschänder noch ein Verbrecher, nur fürs Protokoll.“
David seufzte erleichtert. „Haben Sie einen Namen für uns?“
„Lukas Brewster.“
Adrian sah ihn an. „Klingelt da was bei dir?“
David schüttelte den Kopf. Der Name sagte ihm gar nichts und er konnte sich auch nicht erinnern, dass Tom jemals von einer Frau mit diesem Nachnamen gesprochen hatte. Merkwürdig.
„Moment mal“, meinte Dominic plötzlich und runzelte die Stirn. „Da war dieser Typ... Einer von unseren ersten Sponsoren. Hieß der nicht Brewster?“ Dominic sah ihn fragend an. „Dieser Schleimbeutel aus New Jersey, erinnerst du dich? Soweit ich weiß, hatte der eine Tochter... Tammy, Sammy, oder so ähnlich.“
David konnte nur die Schultern zucken, denn mit dem ganzen Kram im Hintergrund hatte er nie etwas am Hut gehabt. Darum hatten Tom und Dominic sich immer gekümmert. Der Polizist schien diesen Namen jedoch zu kennen, denn er nickte und tippte dabei auf seinen Notizblock, den er in der Hand hielt.
„Tamara Brewster. Alleinerziehend. Viermal verheiratet und vor ein paar Jahren das letzte Mal geschieden. Hat ihren Geburtsnamen wieder angenommen und ist dann mit Lukas rüber nach San Francisco gezogen. Wir haben sie schon angerufen.“
Dass der Polizist nach seinem letzten Satz das Gesicht verzog, sagte David alles. „Wie schlimm ist es?“, fragte er leise.
„Sagen wir es so, ich hatte schon einige Male das Vergnügen mit solchen Müttern.“
„Das heißt?“, wollte Adrian wissen.
„Sie klang betrunken, war nicht im Mindesten daran interessiert, wie es Lukas geht und meinte, sie hätte kein Geld, um herzukommen. Dann hat sie aufgelegt.“
„Meine Fresse“, murrte Nick und trat kopfschüttelnd ans Fenster. David konnte ihn verstehen, denn er wusste von Nicks Mutter und scheinbar hatte Lukas auch so ein Exemplar abgekommen. Allerdings war das keine Erklärung dafür, warum Toms Sohn hier war.
Der Polizist räusperte sich. „Ich weiß, es geht Sie eigentlich nichts an, aber die Ärzte wollen ihn morgen entlassen, wenn er die Nacht gut übersteht. Er ist nicht versichert.“
David sah zu Adrian, der nur nickte. „Ab sofort ist er es. Wir kümmern uns um ihn.“
Der Polizist schien erleichtert. „Gut. Ich gebe das weiter. Da nichts weiter passiert ist und auch kein Verbrechen vorliegt, ist der Fall für mich damit abgeschlossen. Falls noch etwas ist, rufen Sie mich ruhig an. Gute Nacht.“
David wartete, bis der Polizist nach ihrer Verabschiedung den Warteraum verlassen hatte, bevor er erneut zu Adrian schaute, was mit einem Schmunzeln kommentiert wurde. Sein Anwalt wusste genau, was er wollte, aber das wunderte David nicht. Außerdem war es ihm egal. Wenn jemand etwas über Lukas Brewster herausfinden konnte, dann Adrian. Tom hatte einen Sohn, der ihm zu verwechseln ähnlich sah. David wollte nicht nur alles über diesen jungen Mann wissen, er musste alles
Weitere Kostenlose Bücher