Kleine Einblicke
schon unterwegs war. Dass ich ein Ausrutscher bin. Dass es zu spät für eine Abtreibung war. Dass sie mich nach der Geburt erst weggeben wollte. Dass sie nicht mal versucht hat, Tom zu finden, weil ihr die Schnapsflasche wichtiger war.“
Verdammt, dachte David. Adrian hatte Recht. Die Dinge, die nicht in Akten standen, waren die Schlimmsten. „Es tut mir leid, Lukas.“
Lukas nickte nur. „Sie hat früher nicht so viel getrunken, aber seit der letzten Scheidung ist sie so drauf. Ich wollte ihr helfen und sie von dem Zeug wegbringen, aber sie will nicht. Deshalb ging ich wieder, als ich die Namen wusste, und habe zu Hause angefangen nach euch zu suchen.“ Lukas sah verärgert auf die Bettdecke. „Sie wusste nicht mal, dass Tom tot ist. Es war ihr egal. Seit ein paar Jahren ist ihr alles egal.“
„Aber dir ist es nicht egal“, warf David ein und musste sich arg zurückhalten, um nicht Lukas' Hand zu nehmen, denn das hätte er im Moment nicht zugelassen. „Dir war es wichtig, herauszufinden, wer dein Vater war.“
„Ich hatte nie wirklich einen Vater, deswegen wollte ich wissen, wer du, Eve und Dominic seid.“ Lukas sah ihn an. „Ich wollte deine Tochter nicht erschrecken. Es tut mir leid.“ Lukas lächelte. „Ihre Augen und Haare, sie sieht aus wie dein Mann.“
David schmunzelte. „Und sie wickelt ihn auch regelmäßig um ihre kleinen Finger“, sagte er, was Lukas zum Lachen brachte und David wäre beinahe die Kinnlade heruntergeklappt, so sehr glich Lukas in dem Moment seinem Vater. Dann fiel ihm etwas ein, das er unbedingt loswerden musste. „Nimm das nächste Mal bitte ein anderes Wort als 'belästigen', okay?“
Lukas sah ihn einen Moment verwirrt an, dann fiel der Groschen. „Oh Gott, entschuldige. Ich hätte nie und ich habe auch nicht, ich meine, sie ist deine Tochter, und ich mag Kinder gerne, aber nicht so. Ich würde niemals...“
„Ich weiß“, unterbrach David ihn und lächelte beruhigend. „Dass du mit Isabell gesprochen hast, aber nicht mit uns, hat uns Angst gemacht, das gebe ich zu und deshalb spreche ich es an. Warum hast du nicht einfach an unsere Tür geklopft? Warum bist du weggerannt, als du uns gesehen hast?“
- Teil 4 -
„Das wollte ich ja, aber dann habe ich euer Haus gesehen und... und...“
Lukas verstummte und sah beschämt auf die Bettdecke, womit David alles klar war, denn Lukas standen die Unsicherheit, die Angst und auch die Peinlichkeit, dass er war, was er eben war, ins Gesicht geschrieben. Reichtum war für viele Menschen auf den ersten Blick immer noch abschreckend und Lukas kam aus Verhältnissen in denen Geld immer eine Rolle gespielt hatte. David konnte verstehen, dass er sich nicht getraut hatte, in Adrians und sein Leben zu platzen.
„Du hattest Angst, dass du nicht Willkommen bist, oder?“, fragte er leise und Lukas nickte. „Wie lange weißt du es schon?“
„Seit Mai. Ich wollte eigentlich noch gar nicht kommen, weil ich nicht wusste, was ich sagen soll.“ Lukas sah ihn an. „Ich meine... Hi, Mister Quinlan, ich bin Lukas, der Sohn von ihrem seit zehn Jahren toten Freund, kommt nicht so gut, oder?“ David nickte, denn das verstand er ebenfalls. Sehr gut sogar. „Aber dann hab' ich den Job auf der Baustelle verloren und...“ Lukas zuckte die Schultern. „Durch die Schlägereien finde ich keinen Job als Architekt, daher der Bau, aber ich hasse das. Schätze, deswegen fliege ich auch so oft raus. Na jedenfalls dachte ich dann, was soll's, hab' alles an Geld zusammengekratzt, was ich hatte, mir ein Busticket gekauft und bin hergekommen.“
„Um mich zu beobachten?“, hakte David nach und Lukas schüttelte den Kopf.
„Das war Zufall. Ich hatte euer Haus entdeckt und kehrtgemacht. Dabei bin ich am Spielplatz vorbei und habe dich sitzen sehen.“
So langsam fand sich ein Puzzleteil zum anderen, dachte David. „Isabell hat dich entdeckt.“
„Ja, ich weiß.“ Lukas strich sich über das Pflaster, welches die Kopfwunde bedeckte. „Ich war nur neugierig, ich schwöre. Ich hätte ihr nie was getan. Nie. Ich wollte nur...“
Lukas verstummte mitten im Satz, allerdings war David da längst klar, was ihn nach Baltimore getrieben hatte. „Isa hat Väter, was du nie hattest, stimmt's?“
„Ja“, gab Lukas kaum hörbar zu. „Sie, also meine Mutter, hat mir immer gesagt, mein Vater wäre ein Mistkerl gewesen.“ David schwieg und wartete darauf, dass Lukas ihn ansah, was der irgendwann auch tat. „Er war kein Mistkerl,
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