Kleine Einblicke
steht er mit Isabell auf dem Arm im Zimmer. „Na? Wie weit seid ihr?“ David sieht fragend auf meine Füße. „Wo hast du deine Schuhe?“
„Wenn ich das wüsste...“
„Was?“, fragt David verdutzt und sieht sich suchend um, was Isabell offenbar ganz toll findet, denn sie gluckst und lacht und grinst mich an. „Dad, runter.“
Mit ihren knapp zwei Jahren plappert sie mittlerweile ununterbrochen und hat leider einen Narren an mir gefressen, wie sich sofort wieder beweist, denn nachdem David sie abgesetzt hat, kommt Isabell auf mich zu und klammert sich an mein Hosenbein. Ich hätte nie gedacht, dass mich dieses kleine Wesen mal so nervös machen würde, aber sie tut es. Ich habe jedes Mal Angst, Isabell aus Versehen zu grob anzufassen, obwohl das Quatsch ist. Bei den Zwillingen habe ich in dieser Hinsicht keinerlei Berührungsängste, aber Isabell ist so klein und zart. Ich komme mir grobschlächtig und ungelenk vor, wenn sie in meiner Nähe ist, so albern das auch klingt.
„Hoch“, erklärt Isabell mir energisch, ganz der Vater, der uns durch den Spiegel amüsiert beobachtet.
Adrian ist ein echter Mistkerl. Er weiß natürlich, was los ist. Es mag sich komisch anhören, aber für mich ist Isabell, so perfekt sie auch zu David und Adrian passt, ein Fremdkörper. Ich kann mit ihr einfach nichts anfangen. Dominic geht es genauso, aber Cameron und er sind ohnehin nicht die väterlichen Typen. Tristan schon. Er hätte vielleicht auch ein Kleinkind zu uns geholt, aber das ist absolut nichts für mich. Ich fühle mich einfach unwohl in Isabells Nähe, obwohl mir das jedes Mal leidtut und ich mir ziemlich dumm vorkomme, sie ist schließlich nur ein kleines Kind und kein Monster im Kleiderschrank.
Ich schiebe meine Nervosität so gut es geht beiseite und nehme sie auf die Arme. Zufrieden guckt Isabell sich um und hält sich dabei an meinem Hemdkragen fest.
„Da“, sagt sie und deutet auf das Fenster. Okay, sie will nach draußen gucken, das ist leicht und gefahrlos. Das kriege ich hin. Isabell lacht, als sie die Leute draußen im Garten bemerkt und klatscht in die Hände. „Dad. Raus.“
„Geht sofort los, mein Schatz“, erklärt David und taucht neben uns auf. In einer Hand meine Schuhe.
„Wo...?“
„Unter dem Bett“, unterbricht er mich mit sehr breitem Grinsen. Ich will gar nicht wissen, wie sie da gelandet sind, daher zucke ich wortlos mit den Schultern, was David leise lachen lässt, bevor er mir Isabell abnimmt, Adrian küsst und uns alleinlässt.
„Sie ist weg, du kannst dich wieder entspannen“, neckt Adrian mich umgehend, was mich schmollen lässt.
„Das ist überhaupt nicht lustig.“
„Für mich als Zuschauer schon“, kontert er trocken und tritt zu mir, als ich mich aufs Bett setze, um mir meine Schuhe anzuziehen. „Wenn Isa älter ist, kannst du mehr mit ihr anfangen.“
„Hoffentlich“, seufze ich, was mir einen Stupser gegen meine Schulter einbringt. „Hey. Ich heirate heute. Schläge sind verboten.“
Adrian lacht leise. „Du gehst toll mit ihr um und sie liebt dich. Hör' auf, dir Gedanken zu machen.“
Er hat gut reden. Am besten sage ich einfach nichts mehr dazu, es ändert ja doch nichts daran. In ein paar Jahren, wenn Isabell etwas älter ist, wird sich das Ganze hoffentlich von selbst geben.
„Sie wird übrigens nicht hier auftauchen.“
„Hm?“, frage ich, abgelenkt von einem Knoten im Schnürsenkel.
„Deine Mutter.“
Ich sehe überrascht zu Adrian hoch. „Woher...?“
„Ich weiß, dass du die Befürchtung hattest?“, spricht er meine Frage aus und setzt sich neben mich, als ich nur sprachlos nicke. „Ich kenne dich eben. Es war mehr als offensichtlich, nachdem du auf die Idee von Tristan, eure Hochzeit in der Zeitung bekanntzugeben, so...“ Adrian grinst. „...Ich nenne es mal 'speziell' reagiert hast.“
Oh. Ausgerechnet das Thema. Ich verziehe das Gesicht. „Darüber will ich nicht reden.“
Kein Wunder, meine heftige Ablehnung von Tristans Idee hätte uns beinahe unsere Beziehung gekostet, weil ich ihm nicht sagen wollte wieso, da ich mir dumm vorkam. Dasselbe Spiel wie immer. Ich hatte Angst, war unsicher und fast schon panisch, aber statt mit Tristan zu reden, habe ich mich in einen Schmollwinkel verzogen. Ich weiß, dass ich das nicht tun soll, aber es fällt mir immer noch sehr schwer, es eben nicht zu tun, sobald ich mich in die Ecke gedrängt fühle.
Gott sei Dank hatte Tristan schon immer mehr Geduld als ich, was solche
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