Kleine Einblicke
damit leben.“
Das war eine glatte Lüge und Tristans Augen bewiesen Adrian mehr als deutlich, dass der wusste, dass man es ihm ansehen konnte. „Du bist wirklich ein mieser Lügner.“ Tristan seufzte erneut, diesmal allerdings resignierend. Adrian sparte sich den Kommentar, der ihm dazu auf den Lippen lag. Menschen hatte aus Liebe schon schlimmere Dinge getan als Jene, die ihnen etwas bedeuteten, zu belügen. „Du könntest damit auf Dauer genauso wenig leben wie ich“, erklärte er stattdessen. „Du würdest es versuchen, aber etwas zu versuchen und etwas zu können, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, und das wissen wir beide. Trey ist der Einzige von uns, der es könnte.“
„Weil er Tom und Eve hatte?“
„Ja.“
Auf dem Weg zum Auto, nachdem er dafür gesorgt hatte, dass einer von Tristans Theaterkollegen den und die zwei frechen Racker Emma und Tasha nach Cumberland brachte, um zu verhindern, dass Tristan vor lauter Grübelei im Straßengraben landete, überschlugen sich Adrians Gedanken förmlich. Natürlich war ihm in den letzten Wochen aufgefallen, dass Nick seit dem Halloweenwochenende mit den Jungs ihm gegenüber wortkarg und zurückhaltender war, aber er hatte das auf die unzähligen Fälle geschoben, die sie momentan bearbeiteten, und auch auf seine spontane Hochzeit mit David. Eben aus dem Grund hatte er nichts dazu gesagt, sondern abgewartet, in der Hoffnung, Nick würde von alleine zu ihm kommen und das Thema ansprechen. Aber scheinbar hatte dem das Ganze mehr zugesetzt, als er gedacht hatte.
Adrian schalt sich einen naiven Dummkopf, während er zu Ians Pub fuhr. Wie lange war Nick bereits ein Teil seines Lebens? Zwanzig Jahre. Und wie oft in all diesen Jahren war er selbst gekommen und hatte um Hilfe gebeten? Die Antwort darauf konnte er an einer Hand abzählen und das ärgerte ihn. Nicht, weil Nick solch ein Sturkopf war, sondern weil es ihm hätte klar sein müssen, dass Nick genau aus diesem Grund eben nicht so einfach auf ihn zukommen würde. Und jetzt hatten sie den Salat. Einen ziemlich großen Salat, da sogar Tristan und David davon betroffen waren und Absprachen trafen, aus dem Wunsch heraus, helfen zu wollen. Und all das nur wegen seiner Hochzeit. Er konnte es kaum glauben.
Noch weniger glauben konnte er allerdings den Anblick, der sich ihm bot, als er schließlich in Ians Bar trat. Außer Nick und dem alten Vietnamveteran Ian, der gerade einige Mühe hatte, Nick davon anzuhalten, sich noch ein Glas Alkohol einzuschenken, war niemand mehr hier. Adrian blinzelte einmal, weil er sich nicht sicher war, ob seine Augen ihm einen Streich spielten, oder die leere Flasche Jack Daniels tatsächlich neben Nick stand. Nur leider stand diese Flasche auch noch nach dem Blinzeln da und sie war auch immer noch ziemlich leer. Das konnte doch alles nur ein schlechter Scherz von Nick sein. Tristan war trockener Alkoholiker und Nick hatte keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt, seit er mit Tristan zusammen war und der seine Therapie erfolgreich abgeschlossen hatte, und jetzt saß Nick hier und besoff sich schamlos?
Adrian hätte Nick am liebsten am Kragen gepackt und mit dem Kopf voran ins nächste Klo gestopft. Er beherrschte sich allerdings, da Ian schwer danach aussah, als wollte er Nick die Flasche über den Kopf ziehen. Adrian konnte es dem alten Veteran nicht übelnehmen, aber deswegen würde er es noch lange nicht zulassen.
„Ian? Ich sage das wirklich nur ungern, aber es wäre echt schade um die Flasche.“
Ian sah zu ihm, schnaubte einmal und deutete dann auf Nick. „Ich hoffe, du bist hier, um mir den Kerl vom Hals zu schaffen. So gern ich ihn und Tristan habe, lange gucke ich mir das Elend nicht mehr an.“
Adrian grinste schief. „Genau wegen dem Elend bin ich hier. Will ich wissen, wie betrunken er ist?“, hakte er dann nach und trat an die Theke, um Nick einen Seitenblick zuzuwerfen. Inklusive einem Seufzen und Kopfschütteln, weil der ihn nicht einmal bemerkte, so betrunken war er. Adrian deutete auf die Flasche. „Ich schätze, er hat sie allein leergemacht?“
Ian nickte. „Hat er. Und jetzt schaff ihn endlich hier raus. Er braucht dringend seinen alten Freund zum reden.“
Ians Wortwahl machte ihn stutzig. „Alten Freund? Hat er dir etwa erzählt, was los ist?“
Der alte Veteran schmunzelte. „Er ist voll wie eine Haubitze. Es war nicht sonderlich schwer, ihm ein paar Antworten zu entlocken, aus denen ich mir gut zusammenreimen konnte, dass er im Augenblick
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