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Kleine Einblicke

Kleine Einblicke

Titel: Kleine Einblicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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wie er selbst es nach dem Tod seiner Eltern gewesen war.
    Adrian ließ die Akte Akte sein, als ihm Nicks nachdenklicher Blick auffiel und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Er hieß James.“
    „Wer?“, fragte Nick verständnislos nach.
    „Der Anwalt meiner Eltern. Ich habe dir von ihm erzählt.“
    Nick überlegte einen Moment, aber dann fiel der Groschen und er schnaubte. „Du meinst den Kerl, der dich aus der Klasse geholt und dann einfach stehengelassen hat, nachdem er dir gesagt hatte, dass sie tot sind?“
    „Ich meine den Kerl“, korrigierte er Nick ruhig und streckte die Beine aus. „Der am gleichen Nachmittag in seinem Büro mit mir Sex hatte, weil ich es so wollte.“
    „Du... Was?“
    Nick klappte die Kinnlade nach unten und Adrian grinste schief. „So hat Trey auch reagiert, als ich ihm davon erzählt habe.“
    „Hat er etwa...?“ Adrian schüttelte den Kopf und Nick verstummte mitten im Satz, um stattdessen zu fragen, „Was ist passiert?“
    „Wir standen beide unter Schock und ich weiß noch, dass ich nach seinem Besuch in der Schule nach Hause fuhr. Keine Ahnung wie, ich kann mich aber noch gut daran erinnern, dass unser Haus leer war, so völlig ruhig. Ich stand eine Weile in der Eingangshalle und bin dann wieder rausgegangen.“ Adrian runzelte die Stirn, weil er sich nicht mehr an alle Details erinnern konnte. „James hatte sein Büro mitten in der Stadt. In einem Bürogebäude mit zwanzig Stockwerken. Er war...“
    Adrian suchte nach den passenden Worten, weil er nicht wollte, dass Nick schlecht von James dachte, auch wenn das, was sie damals in James' Büro begonnen hatten, moralisch nicht gerade einwandfrei gewesen war. Aber um Nick das begreiflich zu machen, musste er ein wenig weiter ausholen, entschied Adrian, und räusperte sich.
    „Mir tut nicht leid, was damals passiert ist, mir tut nur leid, wie es passierte. James hat meine Eltern geliebt, genauso wie ich es tat. Für mich waren sie meine Welt, mein Universum, für James waren sie mehr. Sie hatten ihm eine zweite Chance gegeben. James hatte als Junge eine Menge Probleme. Drogen, Überfälle, Diebstähle und Knast. Aber mein Vater wollte helfen und er tat es auch. James hat ihren Tod noch weniger verkraftet als ich.“
    „Wieso hast du ihn ausgesucht?“, fragte Nick leise und Adrian zuckte die Schultern.
    „Er war da.“ Adrian schüttelte den Kopf, als Nick ihn daraufhin böse ansah. „Ich weiß, dass ist kein Grund, aber damals war es für mich einer und deshalb fuhr ich zu James ins Büro. Ich weiß nicht mehr, wie es dazu kam, was wir gesagt haben oder ob wir überhaupt etwas sagten. Ich weiß nur noch, dass er weinte und ich wütend auf ihn war, weil ich nicht weinen konnte, es ging nicht. Jedenfalls nicht an dem Tag.“ Adrian schaute auf den Stift, den er zwischen den Fingern herumdrehte. „Irgendwann lag ich auf der Couch, die er im Büro zu stehen hatte, und er war über mir. Ich hatte ihn schon immer gemocht, und er war schwul. Das wusste ich schon sehr lange und es störte mich nicht. Ganz im Gegenteil, denn James wusste im Gegenzug, dass ich ihn äußerst anziehend fand, und er hat niemals etwas zu meinen Eltern gesagt.“
    „Sie wussten es nicht, als sie starben?“
    „Ich war noch nicht soweit, es ihnen zu sagen.“ Adrian sah Nick an, dessen verblüffter Blick ihn lächeln ließ. „Vielleicht ahnten oder wussten sie es trotzdem, das kann ich nicht sagen, aber ich hatte nie die Gelegenheit, es ihnen selber zu sagen.“
    Nick schluckte und sah zu Boden. „War er grob?“
    Adrian konnte nicht anders, als liebevoll zu lächeln. Nick hatte und würde sich immer Sorgen um ihn machen, und dafür liebte er ihn nur noch mehr, und er war gleichzeitig froh, dass David ihre Liebe als das akzeptierte, was sie war. Etwas Besonderes. Adrian sah auf den Ring an seinem Finger, zu dem Nick das Gegenstück trug, und er dachte erneut an David, der diese Ringe ebenfalls akzeptierte, die Nicks und sein persönliches Zeichen für ihre Zuneigung zueinander waren. Ohne James hätte er all das vielleicht niemals gehabt.
    „Es war nicht perfekt, das gebe ich gern zu, aber ich habe James daraus niemals einen Vorwurf gemacht. Außerdem hat er mir ein paar Tage später gezeigt, wie es anders geht. Und wie hätte ich auf den Mann sauer sein können, der sich danach um mich gekümmert hat?“
    „Wie meinst du das?“
    „Ich war siebzehn. Minderjährig und Vollwaise, schon vergessen?“
    „Das Jugendamt“, murmelte Nick

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