Kleine freie Männer
Auffinden magischer Türen. Und auch mir gefällt es nicht, zu etwas gezwungen zu werden, wenn du mir diesen Hinweis gestattest.«
»Aber... ich weiß nicht, was ich machen soll! Gibt es ein magisches Wort, das ich aussprechen muss?«
»Keine Ahnung, gibt es ein magisches Wort, das du aussprechen musst?«, erwiderte die Kröte und drehte sich.
Tiffany merkte, dass die Wir-sind-die-Größten erschienen. Sie hatten die scheußliche Angewohnheit, sehr leise zu sein, wenn sie das wollten.
O nein, dachte Tiffany. Sie glauben, dass ich weiß, worauf es jetzt ankommt! Dies ist nicht fairl Ich bin überhaupt nicht auf so etwas vorbereitet. Ich habe die Hexenschule nicht gefunden! Nicht einmal die konnte ich finden! Der Zugang muss irgendwo in der Nähe sein, und bestimmt gibt es Hinweise, aber ich weiß nicht, wo sie sind!
Sie beobachten mich, um festzustellen, ob ich etwas tauge. Und ich tauge nur etwas, wenn es um Käse geht. Aber eine Hexe wird mit Dingen fertig...
Tiffany steckte die Kröte in die Schürzentasche zurück und fühlte das Gewicht des Buchs Schafskrankheiten.
Als sie es hervorholte, seufzten die versammelten Kobolde.
Sie glauben, Wörter sind magisch...
Sie öffnete das Buch an einer beliebigen Stelle und runzelte die Stirn.
»Klauenfäule beziehungsweise Moderhinke«, las sie laut. Um sie herum nickten die Kobolde und stießen sich gegenseitig an. »Anzeichen sind Lahmheit, entzündete Klauen und Fäulnisgeruch. Risikofaktoren sind durch Nässe erweichte Klauen und durch Schmutz und Steine verletzte Zwischenklauenhäute. Empfohlene Behandlung: eine tägliche Dosis Terpentin, bis die Fäule verschwindet, kein Terpentin mehr da ist oder das Schaf stirbt.«
Tiffany riskierte einen Blick. Kobolde beobachteten sie von allen Steinen und Erdhügeln. Sie wirkten beeindruckt.
Doch auf magische Türen machten die Worte in Schafskrankheiten keinen Eindruck.
»Räude«, las Tiffany. Ein erwartungsvolles Zittern ging durch die Menge der stummen Zuhörer.
»Anzeichen sind rötliche Flecken auf der Haut, starker Juckreiz, Hautverdickungen und Wollausfall. Terpentin ist ein gutes Mittel dagegen...«
Und dann sah sie aus dem Augenwinkel den Teddybären.
Er war sehr klein und sein Fell so rot, wie es in der Natur nicht vorkam. Tiffany wusste, was es war. Willwoll liebte die Teddybär-Süßigkeiten. Sie schmeckten wie mit Zucker gemischter Leim und bestanden aus 100 Prozent künstlichen Zusatzstoffen.
»Ah«, sagte sie laut. »Mein Bruder ist also hierher gebracht worden...«
Das führte zu Unruhe unter den Kobolden.
Tiffany trat vor, las laut über Listeriose, Lippengrind und Panaritium, behielt dabei aber den Boden im Auge. Sie entdeckte einen zweiten winzigen Teddybären, diesmal einen grünen, im Gras nur schwer zu erkennen.
Na schön, dachte Tiffany.
In der Nähe befand sich eins der aus drei Steinen bestehenden Tore - zwei große, senkrecht stehende Steine, und ein dritter, liegend darauf. Tiffany war schon einmal hindurchgegangen, ohne Ergebnis.
Aber es sollte auch gar nichts passieren, dachte sie. Man lässt keine Tür zur eigenen Welt zurück, durch die jeder gehen kann, sonst wechseln dauernd Leute durch Zufall hin und her. Man musste wissen, dass sie da war.
Vielleicht funktionierte es nur auf diese Weise.
Gut. Dann glaube ich, dass dies der Eingang ist.
Tiffany trat durch das Steintor, und ein erstaunlicher
Anblick bot sich ihr: grünes Gras, ein blauer Himmel, der bei der untergehenden Sonne rosarot wurde, einige kleine weiße Wolken, die noch spät unterwegs waren, und warmes, honigfarbenes Licht. Es war bemerkenswert, dass es einen solchen Anblick geben konnte. Die Tatsache, dass Tiffany ihn in ihrem Leben fast jeden Tag gesehen hatte, machte ihn nicht weniger fantastisch. Als zusätzlichen Bonus brauchte man gar nicht durch ein Steintor zu spähen, um ihn zu sehen. Man konnte ihn von überall bewundern.
Allerdings...
Etwas stimmte nicht. Tiffany trat mehrmals durch das steinerne Tor, ohne ganz sicher zu sein. Sie hob die Hand und versuchte, die Höhe der Sonne über dem Horizont zu messen.
Und dann sah sie den Vogel. Es war eine Schwalbe, auf der Jagd nach Fliegen, und ihr Flug brachte sie hinter die Steine.
Es sah... seltsam aus, irgendwie beunruhigend. Der Vogel verschwand hinter dem Stein, und der Blick glitt weiter, wartete darauf, dass die Schwalbe auf der anderen Seite wieder zum Vorschein kam. Doch sie verspätete sich. Es entstand ein Moment, in dem der Vogel erscheinen
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